Bist du mein Kind? (German Edition)
kein Wort.
Mein Herz klopft wie wild und auch der Knoten steigt langsam wieder hoch.
„Also, ich habe erst mal ein paar Erkundigungen über die Familie eingezogen. Sowohl offiziell als auch durch Befragen des Umfeldes. Offiziell ist alles bestens, blütenrein. Sie haben tatsächlich eine Praxis für Physiotherapie und Massage, haben ein großes Grundstück, zwei Kinder. Eine noch 16jährige Tochter und einen 14jährigen Sohn. Bis dahin alles bestens. Als wir jedoch ein bisschen im Umfeld gesucht haben, sind ein paar interessante Dinge zutage gekommen. Die Mutter war nach der Tochter nochmal schwanger, aber das Kind ist bei der Geburt gestorben. Es war wohl ein Junge. Da war die große Schwester eineinhalb Jahre alt.
Es muss ein ziemliches Drama gewesen sein, weil sie wohl danach unter Depressionen litt.
Die Familie war immer schon sozial sehr engagiert. Sie haben für verschiedene Hilfsorganisationen gearbeitet und Waren gesammelt und in bedürftige Länder geschickt.
Und sie sind auch in Länder des ehemaligen Ostblocks gereist und haben dort geholfen, Kinderheime zu unterstützen und bessere Bedingungen für die dort lebenden Kinder und Betreuer zu schaffen.
So und jetzt kommt es: Im Oktober 2001 sind sie von einer solchen Reise zurückgekommen. Die Nachbarn vermuten, dass sie in Rumänien waren.
Und sie hatten einen kleinen Jungen im Gepäck.
Tief Luft holen Monique.
Dieser Junge hat kein Wort gesprochen, war sehr krank und ist erst mal hier zwei Wochen im Krankenhaus gewesen. Was genau mit ihm gewesen ist, habe ich nicht herausgefunden.
Jedenfalls ist das Kind bei ihnen geblieben. Er war die erste Zeit völlig verstört. Sobald man ihm nahe kam, hat er sich hinter den Eltern versteckt.
Nach ungefähr zwei bis drei Jahren hat er sich verändert und wurde langsam so, wie die Leute ihn heute kennen: relativ normal. Es wird gemunkelt, dass die ganze Familie sich wohl einer langen Therapie unterzogen hat.
Allerdings darf man ihn wohl nicht berühren und als Fremder scheint es schwierig zu sein, sich ihm zu nähern.
Dann haben wir nochmal offiziell Erkundungen eingeholt. Die Familie hat den Jungen Ende 2002 adoptiert. Das ist wohl sehr schwierig gewesen, weil dieses Kind keinerlei Papiere hatte und man nichts über die Herkunft wusste. Selbst in dem Kinderheim in Rumänien konnte man keine Auskunft geben, woher das Kind kommt. Er war wohl einfach da. Aber in Frankreich gibt es eine Organisation, die solchen Familien, die Kinder unbekannter Herkunft adoptieren will, zur Seite steht. Und dahin haben sich Nemurs wohl gewendet und letztendlich hat es dann mit der Adoption geklappt.“
Ich kann kaum atmen.
Maxi ist wieder hier. Ich weiß, dass er mein Kind ist. Ich weiß es einfach. Tränen laufen mir über das Gesicht. Ich bemerke es erst, als sie auf das Telefon tropfen.
Wolfgang ist sehr bewegt. Ich sehe es an seinem Gesicht.
„Jean-Marie, was sollen wir denn jetzt tun? Ich behalte ihn einfach hier. Er gehört denen nicht. Er gehört uns. Er ist mein Kind. Ich hatte ihn im Bauch. Ich gebe ihn nicht wieder her!“
Als Wolfgang beruhigend meine Hand tätschelt, merke ich, dass ich immer lauter geworden bin. Die Kinder sollen nun wirklich nichts davon mitbekommen. Jean-Marie redet wieder, aber ich habe es gar nicht bemerkt.
„….verstehe ich gut, aber du solltest abwarten, bis wir alles aufgeklärt haben.
Warte erst mal, ich muss dir noch mehr erzählen. Laurent muss eine lange Narbe auf der rechten Seite des Rückens haben. Laut anderen Informationen, die wir eingeholt haben, ist ihm die rechte Niere entnommen worden.
Er war schwer krank, als seine Eltern ihn in Rumänien in dem Kinderheim fanden. Sie haben ihn sofort in ein Krankenhaus gebracht und dort ist er soweit stabilisiert worden, dass er transportfähig war. Warum ihm die rechte Niere fehlt, hat niemand erklären können. Allerdings haben die rumänischen Behörden mitgeteilt, dass es Organisationen gibt, die für reiche Familien aus den USA oder den arabischen Ländern, gezielt Kinder entführen und deren Organe entnehmen. Sie lassen sich das teuer bezahlen. Normalerweise überleben die entführten Kinder das nicht.
Was hier genau passiert ist, versuchen wir gerade, herauszufinden. Aber wir brauchen etwas Zeit.
Sie haben ihren Sohn dann Laurent genannt und das Geburtsdatum wurde auf den 06.12.1995 festgelegt. Wobei das reine Spekulation ist. Niemand weiß, wie alt er wirklich ist.
So. Das ist der Stand der Dinge. Geht es euch
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