Bist du mein Kind? (German Edition)
Kissen gelaufen. Ich wusste aber nicht, ob ich dich wecken sollte oder nicht. Was hast du denn geträumt?“
„Ach Liebling. Ich bin ein wenig durcheinander, weil ich so wenig Zeit für mich habe, seit Laurent hier ist. Wahrscheinlich habe ich deswegen irgendeinen Quatsch geträumt. Ich erinnere mich gar nicht.“
„Aber Mama, du hast ein paar Mal nach Maxi gerufen und auch ein paar Mal Laurent gesagt. Ist alles in Ordnung?“
Ich hasse es, wenn ich meine Kinder belügen muss. Aber soll ich meinem jüngsten Sohn die Wahrheit sagen? Oder das, was ich dafür halte? Ich kann doch seine kleine Kinderseele nicht mit meinem Kummer belegen. Bevor ich zu einem Ergebnis komme, fragt er mich: „Du Mama, kann es sein, dass Laurent eigentlich Maxi ist?“
Eine kalte Hand greift schon wieder nach meinem Herz und auch der Knoten kommt.
„Liebling, wie kommst du denn darauf?“
„Leon hat das gesagt. Er hat gesagt, dass er so ein Gefühl hat, dass Maxi wieder da ist. Weil Laurent ihm so verwandt vorkam. Und nach der Bananenpampe, hat er gesagt, dass du das auch glaubst. Weil Laurent sich fast mit der Gabel den Finger zerquetscht hat, so wie früher. Hat er, Mama?“
„Ja, Liebling, Maxi hat sich früher, als er noch bei uns war, immer, wenn er sich Bananenpampe gemacht hat, fast den Finger mit zerquetscht, weil er die Banane immer so weit unten festgehalten hat. Das heißt aber nicht, dass Laurent Maxi ist. Nur weil er sich beinahe den Finger quetscht. Er hat wahrscheinlich heute zum ersten Mal Bananenpampe gemacht und deshalb nicht so richtig gewusst, wie man den Finger hält.“
„Aber ich würde das schön finden, wenn Maxi wieder da ist. Schließlich kenne ich ihn gar nicht. Und wenn ich mich mit Leon streite, kann ich mit Maxi spielen. Außerdem kann ich Laurent besonders gut leiden. Sollen wir ihn mal fragen?“
„Was willst du ihn fragen? Ob er Maxi ist? Woher soll er das wissen?“
„Er muss sich doch an uns erinnern, oder?“
„Liebling, Maxi war vier Jahre alt, als man ihn entführt hat, wie sollte er sich da noch an uns erinnern, selbst wenn er noch leben würde? Jetzt wollen wir mal mit diesem dummen Thema aufhören, sonst verheddern wir uns noch komplett. Maxi ist nicht mehr da und nach all den Jahren habe ich auch keine Hoffnung mehr, dass er zu uns zurückkommt. Okay?“
„Ist ja schon gut Mama, ich dachte nur, dass es für mich ganz prima wäre, wenn ich wieder zwei Brüder hätte, aber so wie es ist, ist es auch gut.“
Um Himmels Willen, jetzt wird mein Kleiner auch schon vernünftig. Das ist genau das, was ich ja eigentlich nicht will.
Aber unseren Schaden werden wir wohl alle nicht mehr los.
Irgendwie kriegen wir auch den Nachmittag herum. Wolfgang, der eigentlich nach Hause kommen wollte, meldet sich kurz per Sms, er habe ein Problem in der Firma und komme doch erst normal nach Hause. Auch gut.
Kurz vor fünf klingelt es Sturm. Zwei große Jungen stehen vor der Tür und reden beide gleichzeitig.
Was sie alles gekauft haben, wen sie alles getroffen und was sie alles gesehen haben. Ich kann ihnen kaum folgen, habe aber auch den Eindruck, dass es gar nicht so wichtig ist, dass ich zuhöre. Plappernd und lachend verschwinden sie in Leons Zimmer und knallen die Tür.
„Jungs, macht euch frisch, wir müssen gleich wieder los in die Schule, heute ist der Grillabend!“
Keine Reaktion. Langsam gehe ich in Richtung Leons Zimmer. Ich höre die beiden lachen und erzählen. Sie verstehen sich so gut. Noch nie hat Leon mit jemandem so viel Harmonie verbreitet. Es macht mir fast ein bisschen Angst.
Wieder ein Zeichen für Verbundenheit, so wie bei mir? Ich weiß es nicht. Ich bin ein wenig ambivalent mit meinen Gefühlen. Ich will nicht mehr denken müssen und ich will doch darüber nachdenken.
Was ist hier los? Warum kann ich die Situation nicht einfach so nehmen, wie sie ist? Ein Junge, der mittels Schüleraustausch zu uns kommt und nach einer Woche wieder weg ist?
Das werde ich jetzt versuchen. Zumindest bis Samstag, bis ich eine Meinung von unseren Freunden habe.
Entschlossen drücke ich die Klinke herunter.
Vier Augen sehen mich an.
„He, wir müssen los. In der Schule ist heute Abend der Grillabend. Macht euch frisch und ab die Post“. Langsam kommen sie hoch. Ohne sich abzusprechen, marschieren beide in die Diele und stehen in der Tür.
„Wir sind fertig!“ ruft Leon. „Wo bleibt ihr?“
Unglaublich. Lang, schlaksig und frech.
Timo und ich ziehen uns an. Jedem Kind drücke
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