Bist du mein Kind? (German Edition)
Gehirn, dass man uns nicht nur helfen will, Maxi möglichst unversehrt zu finden, sondern man will auch dieser Bande von Dreckschweinen das Handwerk legen. Ich kann nicht reden.
Wolfgang sieht Jean-Marie an.
„Wie lange braucht Phillipe, um dort hin zu gelangen, wo er hin will?“
Jean-Marie zögert.
„Das kann ich dir nicht genau sagen. Er ist vor 2 Stunden mit dem Hubschrauber aufgebrochen. Aber die Bürokratie. Es wird wohl noch dauern, bis wir von ihm hören.“
Er schweigt wieder. Ich sehe Jean an. Sein Blick ist schwer zu verstehen. Er deutet ein Schulterzucken an und spricht die gefürchteten Worte aus:
„Habt Ihr verstanden, worauf wir hinauswollen? Es ist nicht damit getan, diese beiden Kerle fest zu nageln.“
Ich funkele ihn an.
„Anscheinend hältst du uns für blöd. Ich konnte den brillanten Ausführungen deines brillanten Sohnes wunderbar folgen. Ihr wollt die Möglichkeit, unseren Sohn schnellstens zu holen, verstreichen lassen, damit ihr an die Hintermänner kommt. Weil ihr einen seit Jahren schwelenden Fall eventuell zu einem Abschluss bringen könntet, soll Maxi länger leiden, als es nötig ist. Ihr seid Monster!“
Wolfgang zuckt zusammen. Anscheinend ist ihm wirklich nicht klar gewesen, was hier gespielt wird. Hatte ich das doch wieder richtig erkannt. In mir kommt eine Welle der Empörung, des Unverständnisses und des Hasses hoch. Warum müssen diese Menschen auf den Schultern unseres Unglücks ihre alten Fälle lösen? Das darf ja wohl nicht wahr sein.
Jean-Marie legt seine Hand auf meine Schulter. Sein Griff fühlt sich fest an und zugleich beruhigt mich seine Berührung. Trotzdem, er ist mein Feind. Er will einen Fall aufklären und ich will mein Kind zurück. Das sind zwei vollkommen unterschiedliche Interessen. Und ich hatte diesen Menschen getraut.
„Beruhige dich“, sagt er auf Französisch. „Wir werden beides schaffen. In der Regel ist es so, dass diese unteren Mitläufer lediglich die Kinder irgendwo verstecken und versorgen, bis sie abgeholt werden. Die nächste Ebene schafft sie dann woanders hin. Auch hier führt die Verhaftung ins Leere. Die nächste Stufe sind die „Verteiler“. Entschuldige. Ich weiß, dass du dich elend fühlen musst, wenn ich solche Worte benutze. Diese Verteiler bringen die Kinder dann an die Stationen, wo man sie braucht.“ Beim letzten Wort zögert er und drückt meine Schulter fester.
Für mich ist das, was er schildert, fast unerträglich. Ich schiebe die Bilder weg, ganz bewusst verdränge ich alles, was mir gerade in den Kopf will. Wolfgang sieht sehr gequält aus, sein Gesicht zeigt nur noch Leid. Dem Drang, ihn zu umarmen und zu trösten, widerstehe ich, weil ich selber kaum in der Lage bin, mich zu beruhigen.
„Was habt ihr vor?“ Ich frage mit einem scharfen Unterton und meine Stimme klingt schrill.
Jean fängt an: „ Wir, also in dem Fall Phillipe, wollen der belgischen Polizei vorschlagen, die Überwachung weiter auszudehnen, auf die nächsten Tage. Ihr könnt beruhigt sein, den Kindern droht in dieser Phase keine Gefahr. Sie werden zwar vollkommen verängstigt sein und nicht wissen, was mit ihnen geschieht. Aber sie werden sehr gut, wenn man das in dieser Situation überhaupt sagen kann, behandelt. Die Organisation legt großen Wert darauf, die Kinder unversehrt zu empfangen. Wir werden rund um die Uhr observieren. Und wir werden diesen Abschaum nicht aus den Augen lassen. Gebt uns ein paar Tage.“
Ein paar Tage? Also eine Ewigkeit, wenn man nicht weiß, was mit seinem Kind passiert.
Wie sollen wir das ertragen? Und vor allem anderen, wie soll unser kleiner sensibler Maxi das alles aushalten? Ich bin am Ende. Einfach nur am Ende.
„Ich will mit dahin“, stoße ich hervor. „Ich will in der Nähe meines Kindes sein, wenn ihr die Kinder da raus holt. Dann bin ich gleich bei ihm. Nur unter dieser Bedingung kann ich das alles ertragen. Wolfgang muss mit den Kindern hier bleiben. Ich gehe mit. Ich gehe mit. Ob euch das gefällt oder nicht. Andernfalls fahre ich jetzt zur deutschen Botschaft nach Paris oder wohin auch immer. Das ist meine Bedingung. So.“
Jean-Marie und Jean tauschen einen Blick. Dann folgt ein schneller französischer Wortwechsel, von dem ich kein Wort verstehe. Sie klingen ziemlich heftig. Jean steht auf und verlässt die Scheune. Im Rausgehen greift er zum Telefon und wählt eine Nummer.
„Was ist?“ frage ich Jean-Marie?
Er schweigt. Sein Kopf ist Richtung Haustür geneigt. Gerade, als ich
Weitere Kostenlose Bücher