Bist du mein Kind? (German Edition)
Artikel beschreiben seine Tätigkeit und loben seine Erfolgsquote. Er hat in Frankreich eine Aufklärungsrate bei Entführungen von über 80%. Europaweit liegt die Zahl bei dreißig bis vierzig Prozent. Er wird in ganz Frankreich geholt, egal, ob Erwachsene oder Kinder verschwinden. Wenn sich herausstellt, dass es sich nicht um eine Entführung handelt, zieht er sich sofort von dem Fall zurück. Er ist offiziell Angestellter bei der französischen Polizei, hat aber auch einen gewissen Sonderstatus, weil er so erfolgreich ist. Man weiß, dass er mit Vereinigungen wie der von Jean zusammen arbeitet, verliert aber nach außen kein Wort darüber. Selbst der französische Präsident ist über seine Arbeit informiert, schweigt aber auch in der Öffentlichkeit.
Nachdem wir alles gelesen haben und sich die Artikel langsam wiederholen, sind wir erleichtert, dass Phillipe uns hilft. Andererseits können wir in unserer Situation nicht erleichtert sein. Unser Kind ist weg. Wir sind erst wirklich erleichtert, wenn er wieder bei uns ist.
Glücklicherweise wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass wir irgendwann nicht mehr glauben können, ihn überhaupt nochmal wieder zu sehen.
Wolfgang murmelt: „Dann können wir ja froh sein, dass Jean Recht hat. Inspektor Leroc scheint wirklich der Beste zu sein. Wer, wenn nicht er, soll Maxi finden?“
Ich streiche ihm nochmal übers Haar und gehe rein. Irgendetwas müssen wir doch zu Mittag essen. Aber plötzlich überfällt mich wieder dieser unendliche seelische Schmerz. Dieses Gefühl, dass man aufwachen will aus einem bösen Traum. Ich habe den Eindruck, dass mein Herz wirklich wehtut. Es fühlt sich an, als sei es zusammen geschrumpft. Und es zieht und drückt. Ist das wirklich echt? Der Schmerz wird stärker, aber er fühlt sich nicht an, als hätte ich etwas am Herzen. Es fühlt sich einfach nur nach großem Kummer an.
Da ich aber nun beschlossen habe, dass ich die Starke in dieser Familie bin, reiß ich mich zusammen und verschwinde in der Küche. In Gedanken spreche ich mit Maxi.
‚Mein kleiner Liebling, ich bin bei dir. Halte nur durch. Ich habe furchtbare Angst, dass dir etwas Schlimmes passiert. Ich kann gar nicht an dich denken, ohne dass ich weinen muss. Leon und Timo sind hier und wenn ich sie ansehe, bin ich ganz traurig, weil du fehlst. Wir tun alles, um dich zu finden und dich nach Hause zu holen. Ich hoffe sehr, dass du das weißt‘.
Meine Augen schwimmen in Tränen und ich kann nichts sehen. Also lehne ich mich erst mal an die Küchenplatte und warte, bis es besser wird. Plötzlich höre ich schnelle Schritte. Mit einem Stück Küchenrolle wische ich mir die Tränen weg. Vor mir steht Frederic.
„Wolfgang hat mir gesagt, dass du hier bist. Wir haben eine Spur. Es gibt einen Verbindungsmann in Belgien. Er kennt sich dort in der Kinderhändlerszene gut aus. Dort gibt es Aktivitäten. Jean-Marie ist auf dem Weg nach oben. Er wird dir alles erklären.“
Wolfgang steht hinter ihm. Ich sehe das Entsetzen in seinem Gesicht. Sein Gesicht drückt Qual und Schmerz aus. Ich bin so darauf konzentriert, warum er so aussieht, dass ich gar nicht richtig registriere, was Frederic soeben gesagt hat.
Ich studiere immer noch intensiv Wolfgangs Gesichtszüge, als die Worte wie Gift in mein Gehirn tropfen. Eine Spur. Belgien. Kinderhändler. Kinderhändler? Kinderhändler? Was um Himmels Willen, sind Kinderhändler? Und was hat mein Sohn damit zu tun?
Ich sehe, dass Jean-Marie durch die Tür kommt. Lasziv und aufreizend wie immer. Aber diesmal reagiere ich gar nicht. Das Gift frisst sich durch mein Gehirn und setzt sich in meinem Herzen fest. Da ist er wieder, der Drang zu schreien. Nein, nein, nein, will ich schreien. Aber ich schreie nicht. Ich krampfe, meine Luft steckt fest. Ich kann nicht atmen. In meiner Handtasche ist mein Notfallpäckchen. Mit meinem Asthmaspray. Aber ich kann mich nicht bewegen. Mit einem stummen Schrei schaue ich Wolfgang an. Er kennt die Signale eines Asthmaanfalles und ist mit einem Satz bei meiner Tasche. Er zittert und kann kaum den Reißverschluss öffnen. Aber er schafft es. Ich atme tief ein und sprühe das Spray in meine Bronchien. Der Krampf ebbt ab.
Alle Blicke ruhen auf mir. Die Kinder, wo sind die Kinder? Ich laufe raus in den Hof und da sitzen sie beide. Leon hat ein Kätzchen auf dem Schoß. Gerade als ich dazu komme, versucht Timo eins der Kätzchen zu erreichen, in dem er hinterher krabbelt.
Kinderhändler, Kinderhändler,
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