Bist du mein Kind? (German Edition)
ihn anschnauzen will, wie ihre Entscheidung ausfällt, kommt Jean zurück. Auf Jean-Maries fragenden Blick reagiert er nur mit einem Kopfnicken. Ich werte das als Ja und will gerade aufstehen, als Jean-Marie mich zurück hält.
„Du kannst mit, aber nur unter einer Bedingung: Du funkst uns nicht dazwischen. Du bleibst nur im Hintergrund. Nicht alles, was wir zu tun und zu besprechen haben, darfst du erfahren. Dies gilt auch deinem eignen Schutz. Nicht alles, was wir tun, ist wirklich legal. Wir werden dich manchmal für ein paar Stunden alleine lassen müssen. Dann bleibst du, wo du bist. Bis jemand dich holt, oder dir Bescheid gibt, dass alles erledigt ist. Hast du das verstanden? Du musst dich praktisch unsichtbar machen. Kannst du das?“
In diesem Moment hätte ich allem zugestimmt, was er verlangt, nur um in Maxis Nähe zu kommen. Ich nicke heftig mit dem Kopf.
„Stopp“, das ist Wolfgang. Er richtet sich auf. „Ihr glaubt doch nicht im Ernst, dass ich meine Frau einer solchen Gefahr aussetze und hier seelenruhig sitze, während ihr da draußen auf Verbrecherjagd geht. Wenn jemand mitgeht, dann ich. Schatz, das ist einfach zu viel für dich.“
Ich breche in ein hysterisches Lachen aus. Zu viel für mich? Ich bin die Starke, schon vergessen, lieber Ehemann?
Ich setze an: „Du? Du willst…“, als mir Jean-Marie ins Wort fällt.
„Schluss jetzt, ihr benehmt euch wie die kleinen Kinder. Hier handelt es sich nicht um ein Räuber und Gendarm-Spiel. Das hier ist blutiger Ernst. Hier kann auch mal jemand in einen Schusswechsel geraten. Es reicht jetzt. Wir haben entschieden, dass Monique mitkommt und Ende der Diskussion!“
So energisch hatte ich ihn noch nicht erlebt.
„Wenn es losgeht, sagen wir Bescheid. Kein Riesengepäck. Zieh dir was an, was du mehrere Tage bequem aushalten kannst. Keine Stöckelschuhe und kein Schmuck. Alles muss schnell und einfach sein. Hast du das kapiert?“
„Ja“, kommt es etwas trotzig aus meinem Mund. Als wenn ich noch daran denken könnte, welches Make-up wichtig ist, wenn es darum geht, meinen Sohn zu holen.
Vater und Sohn verlassen die Scheune. Ich bin mit Wolfgang, den Kindern und Frederic allein. Letzterer deckt den Tisch für uns alle. Mir ist überhaupt nicht aufgefallen, dass er etwas kocht. Plötzlich duftet es köstlich nach Suppe oder Eintopf. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen.
Als Frederic uns auffordert, zu essen, setzen wir uns alle an den Tisch. Es gibt eine Gemüsesuppe mit Kartoffeln und vielen Fleischstückchen. Wo hatte er die Zutaten her? Mir ist es inzwischen egal. Gedanken an Haushaltsführung habe ich sowieso aufgegeben.
Als wir alle einen Teller mit dampfender Suppe vor uns stehen haben, öffnet Wolfgang den Mund. Aber nicht, um seine Suppe zu essen, sondern um eine flammende Rede zu halten:
„Ich bin der Situation langsam nicht mehr gewachsen. Was sollen wir denn bloß tun? Wie ein
Spielball werden wir hin und her geschoben zwischen irgendwelchen Interessen von Geheimbünden und Polizei. Französische, belgische und was sonst noch. Wer denkt dabei an unser Kind? Macht sich irgendjemand Gedanken darüber, wie es Maxi geht? Und jetzt willst du auch noch mitfahren und ominöse Verbrecher jagen. Verdammt noch mal, wir sind doch hier nicht in einem James-Bond-Film, wo am Ende immer ein Happy-End wartet. Wie soll das hier alles ausgehen?“
Bevor ich überhaupt irgendwie reagieren kann, antwortet Frederic an meiner Stelle. Er kaut
lange an den Worten: „ Wolfgang und Monika, ich kann euch sehr gut verstehen. Für euch ist das alles hier ein Horrorszenario. Es ist das Schlimmstmögliche, was Eltern passieren kann.
Ich hoffe, dass ich in meinem ganzen Leben niemals in solch eine Situation gerate. Aber, aber
wir alle versuchen euch zu helfen. Ihr seid in guten Händen, auch wenn ihr das im Moment nicht sehen könnt. Im Grunde ist es in dieser schlechten Situation gut, dass es hier in Frankreich passiert ist. In keinem Land Europas liegt die Aufklärungsrate bei Entführungen so hoch wie hier. Daher gebt euch einfach einen Ruck und vertraut uns allen. So schwierig das auch sein mag.“
Noch eine lange Rede. Ich wollte auch noch etwas sagen, aber eigentlich ist alles gesagt. Ich habe schon wieder böse Gedanken gegen meinen Mann. Wäre er nicht so unaufmerksam gewesen, brauchte ich nicht James Bond spielen, wie er es ausdrückt. In diesem Moment lasse ich auch diese Gefühle zu. Ich bin kein großer Meister im Verdrängen von allen
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