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Bitte Einzelzimmer mit Bad

Bitte Einzelzimmer mit Bad

Titel: Bitte Einzelzimmer mit Bad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Dabei fangen die in der Schule auch ohne mich an!«
     
    Herr Krotoschwil teilte denn auch in keiner Weise Antonie Pabsts Optimismus. Er erklärte Tinchen rundheraus, daß es erstens völlig unmöglich sei, in derartig kurzer Zeit den Führerschein zu bekommen, daß sie zweitens nahezu jeden Tag eine Fahrstunde brauche und drittens noch am selben Abend zum theoretischen Unterricht zu erscheinen habe.
    »Eigentlich mache ich das alles gar nicht mehr selber, bloß noch die Theorie, weil da hat sich ja nu nicht so sehr viel geändert, und mit die Fragebogen ist das auch viel einfacher. Aber bei Ihnen werde ich mich ausnahmsweise noch mal neben Ihnen setzen und Sie das Fahren beibringen. Das mache ich aber bloß, weil Ihre Oma so eine hochfeine Dame ist. Immer, wenn ich in Kur bin, nimmt sie meinen Hansi zu sich und füttert ihn, und denn hat sie mir neulich zum Geburtstag doch richtig so einen schönen Napfkuchen gebacken, ganz so, wie früher meine Frau. Nee, also für die Frau Marlowitz ihre Enkelin muß ich ja nu wohl auch mal was tun.«
    Fortan stand Herr Krotoschwil pünktlich zu Beginn der Mittagspause vor dem Pressehaus, und ebenso pünktlich hingen alle abkömmlichen Redaktionsmitglieder aus den Fenstern. Immerhin gelang es Tinchen bereits nach vier Tagen, das Auto beim ersten Versuch zu starten.
    Nach weiteren vier Tagen konnte sie schon rechtwinklig in eine Seitenstraße einbiegen und den Wagen bis zwanzig Meter vor oder hinter dem bezeichneten Ziel zum Halten bringen. Sie fürchtete sich nicht mehr vor jeder Straßenlaterne und wich vor entgegenkommenden Lastwagen immer seltener auf den Gehsteig aus. Sie konnte die Scheinwerfer einschalten, ohne daß das Fenster von der Waschanlage berieselt wurde, und nur noch manchmal blinkte sie links, wenn sie rechts einbiegen wollte.
    Unbegreiflicherweise war Herr Krotoschwil noch immer nicht zufrieden. »Wenn Sie nu noch’n bißchen auf die Verkehrsschilder achten tun und etwas schneller fahren wie’n Traktor, denn können wir uns das nächste Mal schon in die Innenstadt wagen.«
    Abends hockte Tinchen in ihrem Zimmer und büffelte Vorfahrtsregeln, die nach ihrer Ansicht in einem einzigen Satz zusammengefaßt werden konnten: Vorfahrt ist nichts, was man hat; es ist etwas, das einem jemand läßt. Tut er’s nicht, hat man sie nicht.
    Bei dem vorsichtigen Versuch, ihrem Fahrlehrer auch einige Kenntnisse über das Innenleben eines Autos zu entlocken, hatte der nur abgewinkt. »Nee, Frollein Pabst, das is nu alles so kompliziert geworden, daß einer, wo selber was reparieren will, bloß noch mehr kaputtmachen tut. Das Wichtigste, wo Sie bei einer Panne brauchen, is Kleingeld und die Telefonnummer von die nächste Werkstatt.«
    Von den Schmetterlingen flatterten regelmäßig Briefe ins Haus, die sehr förmlich mit ›Sehr geehrtes Fräulein Pabst‹ begannen und Prospekte, Buchungsformulare und andere komplizierte Unterlagen enthielten. Zum Einarbeiten, wie Herr Dennhardt Tinchen wissen ließ. Manchmal lag auch ein weniger förmlicher Brief bei, und der interessierte sie viel mehr.
    ›Die Heizung funktioniert wieder‹, schrieb Sibylle. ›Manchmal erreichen wir schon eine Innentemperatur von 17 Grad und kommen uns vor wie im Hochofen. Alkohol darf nicht mehr auf Geschäftskosten gekauft werden, dabei hatten wir uns alle schon sehr daran gewöhnt und eine bemerkenswerte Aufnahmekapazität erreicht.‹
    Ein andermal teilte sie Tinchen mit, daß man in Verenzi ein neues Hotel unter Vertrag genommen habe. ›Die Besitzerin soll Haare auf den Zähnen und eine besondere Vorliebe für gutaussehende Männer haben. Vielleicht sollte man zwecks günstigerer Zahlungsbedingungen unseren Gottlieb für ein paar Tage hinschicken.‹
    Aber dann kam ein Brief, von dem Tinchen alles andere als begeistert war. ›Gestern nacht ist unser Büro in San Giorgio abgebrannt. (Ich hätte zwar eher damit gerechnet, daß es eines Tages einstürzen würde, aber dem ist ein explodierender Gasbehälter zuvorgekommen.) An malerischen Verlusten beklagen wir lediglich das schon reichlich antike Mobiliar sowie drei Flaschen Grappa, die übrigens nicht im Inventarverzeichnis enthalten gewesen waren. Viel schlimmer ist die Tatsache, daß wir so kurz vor Saisonbeginn keine neuen Büroräume mehr kriegen. Nach Rücksprache mit Herrn Harbrecht hat Gottlieb deshalb beschlossen, daß San Giorgio von Verenzi aus betreut wird. Deine Kollegin wird also nicht sieben Kilometer, sondern höchstens sieben Meter von

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