Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bitte Einzelzimmer mit Bad

Bitte Einzelzimmer mit Bad

Titel: Bitte Einzelzimmer mit Bad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
Vom Netzwerk:
nachher allein auf Besuchstour! Sehen wir lieber zu, daß wir ins Büro kommen, damit ich euch wenigstens noch das Nötigste erklären kann.«
    Das Schmetterlingsnest lag in der Parallelstraße zur Strandpromenade und nahm das Parterre eines schmalbrüstigen Hauses ein. Harbrecht schloß die Tür auf und überreichte Tinchen feierlich den Schlüssel. »Nicht verlieren, es ist der letzte!«
    »Kriege ich denn keinen?« fragte Lilo.
    »Selbst ist die Frau! Für Schlüssel, Wasserrohrbrüche, kaputte Autos, amerikanische Zigaretten und erstklassigen Landwein ist Bobo zuständig, der meccanico von der Tankstelle an der Ecke. Er sieht zwar aus wie ein schlafender Säugling, hat es aber faustdick hinter den Ohren. Es gibt so gut wie nichts, was der nicht irgendwo auf Lager hat. Und wenn er’s wirklich nicht hat, kann er’s besorgen. – So, nun kommt mal rein in die gute Stube!«
    Das Büro war ein langer schmaler Schlauch und ziemlich dunkel. Licht fiel nur durch das verhältnismäßig kleine Fenster, das auch noch von einem müde vor sich hinstaubenden Geranientopf halb verdeckt wurde, und durch das verglaste obere Drittel der Eingangstür.
    »Vielleicht wird es heller, wenn wir mal die Patina von den Scheiben schrubben!« hoffte Tinchen und malte ein Herz auf das schmutzige Fenster.
    »Wo geht es denn hier hin?« Lilo hatte sich an den beiden nebeneinanderstehenden Schreibtischen vorbeigeschlängelt, ein paar Stühle aus dem Weg geräumt und zeigte nun auf die dem Eingang gegenüberliegende Tür. Gelbes Riffelglas verwehrte den Blick nach draußen.
    »Machen Sie doch auf! Der Schlüssel steckt!«
    Neugierig öffnete Lilo die Tür und prallte zurück. Direkt vor ihrer Nase fuhr laut hupend ein Lastwagen vorbei. Nur ein handtuchbreiter Gehsteig trennte sie von der Straße. Erschrocken knallte sie die Tür wieder zu. »Ich komme mir vor wie auf einem Güterbahnhof!«
    »Halb so schlimm!« beruhigte sie Harbrecht. »Der Krach hält sich in Grenzen und hat manchmal sogar seine Vorteile, wenn sich Gäste beschweren wollen. Hinterher kann man immer behaupten, man habe sie nicht richtig verstanden.«
    »Wie ich das sehe, kann man dieses Büro also von zwei Seiten betreten, und wen man vorne rausschmeißt, der kommt hinten wieder rein!« stellte das praktische Tinchen fest.
    »Sie müssen das anders interpretieren!« lachte Harbrecht. »Die hintere Tür ist immer abgeschlossen, dient aber als Fluchtmöglichkeit. Vorausgesetzt, Sie sind spurtschnell. Von Ihrem Schreibtisch – das ist hier der vordere – sind es genau neuneinhalb Meter bis zur Tür. Wenn Sie bei den ersten Anzeichen einer bevorstehenden Invasion lossprinten, schaffen Sie es noch!«
    »Verstehe ich nicht!«
    »Ist aber ganz einfach! Leute, die meckern wollen, kommen selten allein, weil sie moralische Unterstützung brauchen. Unverkennbare Warnsignale sind lautes, meist empörtes Reden, kurzes Anhalten vor der Tür zwecks Überprüfung der Garderobe, sodann energisches Klopfen … aber wenn Sie Glück haben, hören Sie das schon nicht mehr!«
    »Mal angenommen, die Flucht ist geglückt! Was mache ich dann?«
    »Dann trinken Sie nebenan in der Bar einen café, rauchen eine Zigarette und kommen durch den vorderen Eingang wieder zurück. Jeder Mensch hat das Recht, gewisse Örtlichkeiten aufzusuchen, und eine eigene Toilette haben wir hier nämlich nicht. In der Zwischenzeit sind Ihre Besucher entweder verschwunden, was oft der Fall ist, oder das Warten hat sie ein bißchen abgekühlt. Manchmal geschieht natürlich das Gegenteil, und für diese akuten Notfälle steht eine Spesenflasche im Schreibtisch!«
    »Haben denn alle Häuser zwei Eingänge?«
    »Nicht alle, aber die meisten. In diesen engen Gassen ist das sowohl für die Geschäftsleute als auch für die Kunden äußerst praktisch. Lange Wege zum Einkaufen gibt es hier nicht!«
    Harbrecht knipste die Deckenlampe an. Eine getönte Neonröhre tauchte das Büro in ein süßliches rosa Licht.
    »Scheußlich!« sagte Tinchen.
    »Weiß ich selber, ist aber noch ein Überbleibsel von dem Juwelierladen, der früher mal hier drin gewesen ist. Wahrscheinlich haben die falschen Brillanten dann nicht ganz so falsch ausgesehen. – Jetzt kommt mal her, ihr beiden Hübschen! Ich hab’ noch genau fünfundfünfzig Minuten Zeit, euch das Wichtigste zu erklären!«
    Die drei vertieften sich in Ordner, die säuberlich aufgereiht in mehreren Regalen standen, verglichen die Zimmerreservierungen mit der Liste jener Gäste,

Weitere Kostenlose Bücher