Bitte keine Rosen mehr
Reservecode im Panzerschrank – für den Notfall. Die üblichen Sicherheitsvorkehrungen. Der andere wurde von Mr. Yamatoku in London angefordert. Das war vorschriftsmäßig genehmigt. In beiden Fällen wurde das übliche Verfahren befolgt.«
Das war es. Ich fühlte mich plötzlich ganz sonderbar, etwa so, als hätte mir jemand Watte in die Ohren gestopft und angefangen, meinen Kopf mit einer Fußballpumpe aufzublasen. Wenn ich mich nicht sehr rasch hinsetzte, würde ich umkippen. Schnell griff ich nach der Lehne des nächstbesten Stuhls, drehte ihn ein wenig zu mir herum und setzte mich.
Melanie sagt, es sei mir gelungen, die Bewegung so aussehen zu lassen, als hätte ich ganz einfach nicht länger herumstehen wollen, und sie habe keine Ahnung gehabt, daß ich drauf und dran war, ohnmächtig zu werden. Dennoch könnte es in Zukunft ratsam für mich sein, eine von diesen mit mehrsprachigen Hinweisen versehenen medizinischen Identitätskarten bei mir zu tragen. Ich meine Hinweise, die darauf aufmerksam machen, daß der Inhaber der Karte einen implantierten Schrittmacher oder eine Penicillin-Allergie hat oder Diabetiker ist. In meinem Fall sollte auf der Karte stehen: Inhaber weigert sich selbst als toter Mann, sich hinzulegen.
»Sagten Sie, die Herausgabe dieses zweiten Kommunikationscodes erfolgte mit ordnungsgemäßer Genehmigung? Was meinen Sie damit?« fragte ich. »Genehmigt von wem? Ich habe sie nicht genehmigt.«
»Sie brauchte nicht von Ihnen genehmigt zu werden, Paul. Das wissen Sie doch sicherlich? Das verschlüsselte Ersuchen um Bestätigung ist über Fernschreiber nach London ergangen und die verschlüsselte Bestätigung ordnungsgemäß eingetroffen.«
»Sie sind nicht auf den Gedanken gekommen, mich zu fragen, weshalb London daran interessiert sein sollte, unseren Kommunikationscode für diese Operation zu erfahren?«
»Natürlich nicht. Sowohl das Ersuchen als auch die Erwiderung auf Brüssels Doppelcheck entsprach exakt den Vorschriften. Alles ganz normal. Weshalb hätte ich Sie oder sonst jemanden fragen sollen? Welchen Zweck haben solche Vorschriften, wenn nicht den, daß ihnen gemäß verfahren wird?«
Ich sah nun sehr deutlich, warum Mat sie für ein Sicherheitsrisiko gehalten hatte. Er hatte etwas entdeckt, was der Organisation Gehlen entgangen war. Hatte sich ein Sicherheitsverfahren einmal eingespielt, hörte sie ein für allemal auf, dessen Anwendung im Einzelfall in Zweifel zu ziehen. Sie war nicht hinreichend paranoid.
Unser Kommunikationscode war von Carlo ursprünglich für den Fall, daß die üblichen Kommunikationswege abgeschnitten wären, als ein Mittel zur Kontrolle des Kuriernetzes ersonnen worden. Wenn zum Beispiel ein Kurier von seiner Standardroute abweichen oder er umgeleitet werden mußte, war das erste, was er zu tun hatte, sobald er die Reise unterbrach, telefonisch oder telegrafisch eine aus einer sechzehnstelligen Zahl bestehende Botschaft durchzugeben, die als Preisnotierungsliste frisiert war. Die entschlüsselten Zahlen übermittelten den Namen des Kuriers, die Region des Landes, in der er sich aufhielt, und eine Telefonnummer, unter der er zu erreichen war. Nach Carlos Tod, als die Symposia-Gruppe entstand und die alten Freibeuter-Methoden längst aufgegeben worden waren, hatten wir für Kurierdienste oder sonstigen Untergrundoperations-Hokuspokus keinen Bedarf mehr. Wenn die Entscheidung mir überlassen worden wäre, hätte ich das Kommunikationscode-System abgeschafft. Ein modern aufgezogener Geschäftsbetrieb müßte ohne derartige Spielzeuge auskommen können. Es war Mats Idee, daß wir dieses spezielle behalten sollten.
Die Gründe, die er dafür angeführt hatte, daß wir es taten, hatten sich ebenso schlau wie stichhaltig ausgenommen. Das Code-Reglement war einfach, es hatte jahrelang ausgezeichnet funktioniert, es war billig im Unterhalt und vor allem motivierte es unsere Leute im Außendienst zu persönlicher Initiative. Praktisch gab es ihnen zu verstehen: »Rufen Sie uns nicht an – es sei denn, um uns Ihre Nummer zu übermitteln oder wissen zu lassen, daß irgend etwas im Gang ist, was Ihnen zu groß erscheint, als daß Sie in eigener Verantwortung darüber entscheiden könnten –, wir rufen Sie an.« Seine wahren Gründe für die Beibehaltung des Reglements waren die, daß es ihm ermöglichte, Brüssel und alle jene einträglichen Symposia-Transaktionen zu kontrollieren, in denen er, ohne daß außer mir irgend jemand davon etwas wußte, seine
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