Bitte keine Rosen mehr
aus. Tiefer sind Sie nie eingedrungen, weil Sie, da Sie mich vor Jahren einmal in Zürich gesehen hatten, von Annahmen ausgingen, die zu überdenken oder gar zu ändern Sie nicht gewillt waren. Von Mats Standpunkt aus gesehen war das in Ordnung – solange es dabei blieb. Aber würde es das immer? Das erste, was jeder Journalist, der diesen Namen verdient, tun würde, wäre gewesen, alle Ihre Annahmen in Frage zu stellen, wie hübsch sie sich auch ausnehmen mochten. Und dann hätte er Wege gefunden, Antworten zu bekommen, die seinen professionellen Maßstäben entsprochen haben würden. Es wären nicht Ihre Wege gewesen, weil er sehr viel schneller hätte arbeiten müssen als Leute Ihresgleichen. Er hätte geduldig und hartnäckig gebohrt und gebuddelt, allerdings, aber er hätte sich dazu der Techniken bedient, die von Regierungen, je nachdem, wer was auf wessen Seite betreibt, Spionage oder Spionageabwehr und von Zeitungsverlegern Enthüllungsjournalismus genannt werden. Es spielt keine Rolle, wie wir sie nennen. Was zählt, das ist die Tatsache, daß, wenn man Ihnen erlaubte, Ihre Symposia-Lumpentüte dem Finanz- und Wirtschaftsredakteur eines Nachrichtenmagazins zu überreichen, die Information, die Mat Williamson mit Symposia in Verbindung bringt, innerhalb von Tagen ans Licht gekommen und das Resultat nicht als ›Verschwörung‹ bezeichnet worden wäre. Es wäre als die ›Placid-Island-Kaperung‹ oder als noch Schlimmeres bezeichnet worden. Es wäre vom Sich-Placid-Island-unter-den-Nagel-Reißen die Rede gewesen. Begreifen Sie jetzt ?«
Schweigen. Krom sah aus wie der Tod.
»Nun«, sagte Connell schließlich, »nichts von alldem ist passiert, und bis jetzt hat niemand das Boot zum Kentern gebracht. Was also hat sich geändert, seit Sie und der Professor Ihre Abmachung getroffen haben? Ihnen zufolge war unsere Einschätzung der Situation von Anfang an fehlerhaft. Nun gut. Und was weiter?«
»Bedauerlicherweise ist meine Einschätzung der Situation fehlerhaft geworden . Das hat sich geändert. Für London scheint die Entschlossenheit des Professors, mit Erpressung Informationen aufzustöbern, ein unwägbares Risiko darzustellen. Mit diesem Telefonanruf sollte uns das gesagt werden, uns allen.«
»Ich verstehe. Die beste Art, sicherzugehen, daß niemand ein Boot zum Kentern bringt, ist die, niemanden an Bord zu lassen. Dann dürfte Ihre revidierte Einschätzung der Lage vermutlich dahin gehen, daß diese Freunde von Freunden von Ihnen da draußen nunmehr beabsichtigen, uns alle umzubringen. Stimmt’s? Oder soll dies ein selektives Massaker werden? Sind nur Sie dran? Nur wir? Einige von beiden? Was verlautbart das neue Orakel?«
Melanie sagte fröhlich: »Es ist gleich Lunchzeit.«
Der Mann der Köchin klopfte an die Tür und fragte, ob er das Eis für die Drinks hereinbringen solle oder ob wir in den Poolbereich hinausgehen wollten.
Ich sagte, daß wir die Drinks drinnen nehmen würden. Als wir dann zum neben dem Schwimmbad gedeckten Mittagstisch hinausgingen, waren einige weitere Dinge gesagt und unsere Gäste nachdenklich geworden. Connell hatte mich nicht mehr gedrängt, seine Frage zu beantworten. Wahrscheinlich war er zu dem Schluß gekommen, daß ich keine Antwort wußte.
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1 * In den Vereinigten Staaten geborener und aufgewachsener Nachkomme japanischer Einwanderer (A. d. Ü.)
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E
ine Weile schienen sie nicht darüber nachzudenken, ob man mir Glauben schenken könne und gegebenenfalls wieviel, sondern sich eine Frage zu stellen, von der ihre Bücher immer behauptet hatten, sie sei irrelevant. Gab es so etwas wie eine Ehre unter Gaunern, oder gab es sie nicht?
Konnten kriminelle Verbindungen denen gleichen, die man in Handel und Wirtschaft antraf? Verhielten sie sich dazu etwa wie Ehen zu außerehelichen Beziehungen? Oder war die kriminelle ›Standard‹-Beziehung ausschließlich von den Gesichtspunkten des Vorteils und betrügerischen Einverständnisses bestimmt, wie Abmachungen zwischen Politikern, von beiden Seiten ohne Vorwarnung kündbar, sobald sie zur Belastung wurden?
Niemand war sehr hungrig. Henson kapitulierte schon sehr bald vor dem Meerbarsch. Ich hatte das bereits getan. Er ist ein überschätzter Fisch.
»Nach dem, was Sie uns erzählen, Mr. Firman«, sagte sie, »möchte man fast glauben, daß Sie und Mr. Williamson einst recht gute Freunde waren.«
»Wir hatten eine langjährige und für beide Seiten einträgliche Geschäftsverbindung. Offenkundig enthielt unsere
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