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Bitte keine Rosen mehr

Bitte keine Rosen mehr

Titel: Bitte keine Rosen mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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Benutzung des Codenamens bewies, daß Kramer, krank oder nicht krank, das Telegramm selber aufgegeben oder diktiert hatte und im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war.
    Ich war gerade in Lissabon, und die Botschaft wurde aus Mailand von Carlo weitergeleitet; und ich meine, von Carlo persönlich, nicht von einem vertrauenswürdigen Subalternen, an den der Job delegiert worden wäre. Falls das nach einer ungewöhnlichen Art klingt, ein Geschäft zu betreiben, das Nettogewinne in der Größenordnung von fünf Millionen Dollar und mehr abwirft, muß ich zustimmen. Sie war ungewöhnlich; aber sie war es, weil das Geschäft ungewöhnlich war.
    Carlo unterhielt sein Büro mitsamt komplettem Mitarbeiterstab in Mailand hauptsächlich als Fassade. Ansonsten waren die einzigen Personen, die wir beschäftigten, unsere sechs Kuriere, vier Männer und zwei Frauen, die genau das taten, was ihnen gesagt wurde, und nie eine Frage stellten, es sei denn, die Antwort wäre zur Präzisierung einer Instruktion unerläßlich gewesen. Alle anderen Operationen in den zehn Städten, die wir als Basen benutzten, wurden über die neutralen Kanäle von ›Geschäfts-Dienstleistungs‹-Firmen abgewickelt, die sowohl für die Weiterleitung der Korrespondenz und die Entgegennahme von telefonischen Anrufen als auch für Adressen sorgten, die wir auf unsere diversen Briefköpfe setzen konnten. Unsere Beratertätigkeit spielte sich stets in Hotelzimmern ab. Im Verhältnis zu den Profiten, die wir machten, waren unsere Aufwendungen geringfügig.
    Die Verhandlungen, die ich in Lissabon führte, hatten eine delikate Phase erreicht, und es war unmöglich, auf die Alarmbotschaft so rasch zu reagieren, wie ich es sonst getan hätte. Ich glaube indessen nicht, daß es viel ausgemacht hätte. Als mich die Nachricht erreichte, war die Kramer-Beziehung schon nicht mehr zu retten. Nur die Art der mir gestellten Falle wäre vielleicht anders gewesen.
    Wie dem auch sei, es wurde Donnerstag, ehe ich von Lissabon wegkam. Ich traf am gleichen Tag in Frankfurt ein und mietete einen Wagen. Am Freitag morgen um neun Uhr dreißig war ich in Zürich.
    Warum fuhr ich mit dem Wagen, wenn ich doch viel schneller mit dem Flugzeug angelangt wäre? Hauptsächlich deswegen, weil wer in Westeuropa und jenseits einer Grenze eine vertrauliche Geschäftsbesprechung abhalten will, sicherer mit dem Wagen reist. Die Zeiten, in denen ein detailliertes Carnet jeden Grenzübergang verzeichnete, den der Wagen und seine Insassen benutzten, sind vorüber. Alles, was man braucht, ist eine internationale Versicherungskarte, und im allgemeinen interessiert auch die niemanden näher, und der Paß ebensowenig; an den meisten Straßengrenzübergängen wird man mit lässigem Wink zur Weiterfahrt aufgefordert. Fluggesellschaften verwahren Kopien von Fluggastmanifesten, die jedermann überprüfen kann, der über die richtigen Beziehungen verfügt, und auf unzähligen Flughäfen kann es geschehen, daß man einen Stempel in seinen Paß bekommt. Zugkontrollen können ebenfalls unangenehmer sein als Straßenkontrollen, weil die Beamten mehr Zeit haben. Die einzigen, die niemals Straßengrenzübergänge benutzen, sind Schmuggler, weil die Grenzzöllner auf einigen Straßen gern ihr Spielchen spielen. Statt sich neben die Kollegen von der Einwanderungsbehörde zu postieren, verlegen sie ihren Kontrollpunkt auf ihrer Seite der Grenze drei oder mehr Kilometer zurück, wo eine Verkehrsstauung keine Rolle spielt. Dort haben sie viel Zeit, um diejenigen, die Konterbande bei sich führen, just dann zu erwischen, wenn die armen Tölpel schon glauben, sie hätten es hinter sich und geschafft.
    Ich bin kein Schmuggler, und ich benutze die Straßen. Allerdings jedoch fuhr ich zum Zürcher Flughafen und parkte den Wagen dort, bevor ich den Flughafenbus in die Stadt nahm. Wer immer jetzt ein Interesse für meine Reisetätigkeit entwickeln sollte, würde annehmen, daß ich mit dem Flugzeug gekommen sei. Ich stieg am Hauptbahnhof aus.
    Von dort rief ich das Hospital an und erfuhr, daß Kramer zwei Tage zuvor gestorben sei.
    Es war zu früh am Morgen, fand ich, um eine frischgebackene Witwe anzurufen. Um mir die Zeit zu vertreiben, nahm ich ein zweites Frühstück zu mir und überlegte unterdessen, wie ich den Löschen-und-Vergessen-Mechanismus in diesem speziellen Fall am besten handhaben könnte. So seltsam das jetzt auch erscheinen mag, in jenem Augenblick bestand die einzige ernstliche Schwierigkeit, der ich mir

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