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Bitte keine Rosen mehr

Bitte keine Rosen mehr

Titel: Bitte keine Rosen mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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bezahlte also die Rechnung und sagte, daß ich später wiederkommen und meine Reisetasche abholen würde. Das war mein erster Glücksfall.
    Irgendwann kam das Taxi, und ich ließ mich zum Carlton Elite fahren. Dort nahm ich im Restaurant ein umfangreiches amerikanisches Frühstück ein und las die deutschsprachigen Zeitungen. Anschließend las ich in der Halle die italienischen Zeitungen und löste das Kreuzworträtsel der Pariser Herald-Tribune- Ausgabe. Inzwischen war es nahezu an der Zeit, zur Trauerfeier zu gehen.
    Dem Portier erklärte ich, was ich wollte; ein Taxi oder einen Leihwagen mit Fahrer, der mich zum Krematorium bringen, dort auf mich warten und dann in das Hottingen-Viertel fahren würde. Dort lag die Kramersche Wohnung. Der Portier sagte, daß ein Leihwagen für eine solche Fahrt nicht kostspieliger sein würde, ja sogar angenehmer. Innerhalb von fünf Minuten könne er einen herbeitelefoniert haben.
    Es war ein schwarzer viertüriger Taunus, und der Fahrer war ein älterer Mann mit wunderschönem eisengrauem Haar und einem schmalen, traurigen Gesicht. Er wußte genau, wo das Krematorium war, und schätzte Friedhofsfahrten, zu denen er, wie er mir mit sanfter Stimme erzählte, sehr häufig bestellt wurde, offenbar ganz besonders.
    »War der Verstorbene ein naher Verwandter von dem Herrn?« fragte er, als er sich seinen Weg aus dem Verkehr der Innenstadt erkämpfte.
    »Nein. Keineswegs.«
    »Ein enger Freund vielleicht?«
    »Ein Freund, ein Geschäftsfreund.«
    »Ah.« Sofort hellte sich seine Miene auf, und er begann, mir ein paar Ratschläge von Mann zu Mann zu geben.
    »Dann wird der Herr vermutlich gut daran tun, während der Trauerfeier auf einer der hinteren Bänke der Kapelle zu sitzen. So läßt es sich vermeiden, am Schluß allzusehr in den Kreis der nahen Verwandten einbezogen zu werden, wenn man das nicht möchte. Ein kurzes Wort des Mitgefühls, an den Hauptleidtragenden gerichtet, um zu zeigen, daß man anwesend war, das ist alles, was dann noch zu tun bleibt, bevor man geht.«
    »Ich nehme an, da haben Sie recht.«
    Ich sprach distanziert, und er verstand den Wink. Ich hörte keine weiteren Ausführungen über Theorie und Praxis des Verhaltens bei Trauerfeiern mehr. Leider hatte er mich nachdenklich gestimmt.
    Ich hatte Kramer und seiner Frau in der Tat einige Jahre lang ›nahegestanden‹. Aber war ich ein Freund? Auch nur ein Geschäftsfreund? Eine treffendere Bezeichnung, und meinethalben noch dazu eine, die Krom zu einem frohlockenden Schmatzen veranlassen würde, wäre wohl ›Mitverschwörer‹.
    Ich hatte Kramer auf einem Kongreß der Interfiscal-Society in Monaco angeworben.
    Ein Direktor einer der drei großen schweizerischen Banken war dort, um einen Vortrag über die Bankgeheimnis-Gesetze seines Landes zu halten. Es war ein ausgezeichneter Vortrag, weder so defensiv noch so anklagend, wie derartige Pflichtübungen in Public Relations im allgemeinen sind, und das sagte ich einem Mann derselben Bank, der den Direktor zu dem Kongreß begleitet hatte. Das war Kramer, und er zählte eindeutig zum mittleren Management. Er war dort, teils, wie ich annahm, um sichtbar zu machen, daß der Direktor über so etwas wie eine diensttuende aide-de-camp verfügte, und teils damit er in jedes lohnende Geschäft, von dem im Kreis der Delegierten geraunt werden mochte, gegebenenfalls sogleich einsteigen konnte.
    Der Direktor war der Mann von großem Zuschnitt, der finanzielle Chefdenker. Auch Kramer hatte seine Würde, aber es war die eines guten Soldaten. Er konnte in der Hierarchie der Bank nicht höher aufsteigen. Er wußte das offenkundig und war für einen in jeder anderen Hinsicht so vernünftigen Mann über das, was er als Ungerechtigkeit empfand, überraschend verbittert. Er sprach übertrieben respektvoll von seinen Vorgesetzten in der Bank. Das sardonische Lächeln, das er so häufig zur Schau trug, half mir schließlich auf die Sprünge. Er war, entschied ich, offen für ein Erkundungsgespräch.
    Ich leitete es bei einem Drink im Hôtel de Paris ein.
    »Was ich nicht begreife«, sagte ich, »ist die Strafzumessung, die Ihre Geheimnisschutzgesetze vorsehen. Sie scheint mir sehr mild.«
    »Meinen Sie, Mr. Firman?«
    »Nun, gehen wir einmal davon aus, daß ein Angestellter Ihrer Bank, ein Mann aus der Hauptniederlassung, in der Sie arbeiten, von einem Fremden kontaktiert wird, der – na, sagen wir ein Agent der amerikanischen Steuerbehörden ist. Undenkbar?«
    Er zügelte seine innere

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