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Bitte keine Rosen mehr

Bitte keine Rosen mehr

Titel: Bitte keine Rosen mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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natürlich ein Gauner, und ich wage zu behaupten, daß er, wenn es ihm nur möglich gewesen wäre, herauszubekommen, wer die Geliebte sein könne, für die ich das Appartement unterhielt, bestimmt einen freundlichen kleinen Erpressungsversuch unternommen hätte. Sie existierte jedoch nicht, oder doch nur als Phantompräsenz in Form halbvoller Make-up-Töpfe und Parfümflaschen, von ein paar Kleidungsstücken sowie einer Begeisterung für Simone de Beauvoir, deren Werke (die ausschließlich das einzige Bücherregal füllten) vom häufigen Wiederlesen bereits auseinanderfielen. Melanie hatte auch in diesem Fall vorzügliche Arbeit geleistet.
    Carlos Entscheidung, die Wohnung aufzugeben und unsere Kontakte mit der Dienstleistungsfirma abzubrechen, beruhte eindeutig darauf, daß alle von Kramer überwachten Klienten von Paris aus ›betreut‹ worden waren, sowie auf seiner Schlußfolgerung, daß alles, was auch nur entfernt mit Kramer zu tun gehabt hatte, nun unsere Sicherheit bedrohte und daher umgehend aufgegeben oder neutralisiert werden mußte. Wieso er zu diesem Schluß gekommen war, wußte ich da noch nicht, aber es war kein Thema, das man über eine offene internationale Telefonleitung erörtern konnte.
    Die unmittelbare Schwierigkeit war das Wochenende.
    Die Dienstleistungsfirma war relativ leicht abzuhängen, weil sie vierteljährlich im voraus bezahlt wurde und ich bloß ein Oberholzer-Schreiben aufzusetzen hatte, mit welchem unsere Vereinbarung zum Ultimo des Jahres gekündigt wurde. Eingehende Telefonanrufe und Post seien ab sofort unserem Büro in Rom zu melden oder nach dort weiterzuleiten – wo ein anderer Büro-Auftragsdienst alle Korrespondenz nach Frankfurt umdirigierte.
    Das Appartement loszuwerden war nicht so einfach, weil der gérant am Freitagmorgen aufs Land zu fahren und bis Montagmittag unerreichbar zu sein pflegte. Es hatte keinen Sinn, einfach wegzugehen, alles zurückzulassen und das Beste zu hoffen. Ein neuer Mieter oder ein Polizist oder ein Gerichtsexperte mußten die Wohnung betreten können, die ich und meine große Liebe geräumt hatten, und durften dort nicht die geringste Spur irgendwelcher identifizierbarer menschlicher Wesen entdecken. Außerdem mußte der gérant absolut überzeugt nicht nur davon sein, daß er alles wisse, sondern auch davon, daß er auf die noblen Trinkgelder, die er ehedem von dem jetzt gramerfüllten Oberholzer zugesteckt bekam, in Zukunft verzichten und sich daher sogleich nach einem Ersatztrottel umsehen müsse.
    Alles, was ich übers Wochenende tun konnte, war, die Sympathie der Frau des Hauswarts zu gewinnen, die das Appartement für mich saubergehalten hatte, und sie zu veranlassen, die persönlichen Sachen der Dame, die mich hintergangen hatte, indem sie zu ihrem Mann zurückgekehrt war, zusammenzupacken, da ich es nicht über mich brachte, die Dinge zu berühren. Ich bot einen ihr recht nahegehenden Anblick, als ich die Koffer hinuntertrug und in das Taxi schaffte.
    Ich wurde sie los, indem ich zum Air Terminal fuhr und einen Hinflug nach Toulouse buchte. Ich kann mich nicht erinnern, welchen Namen ich benutzte – irgend etwas wie Souchet, glaube ich –, aber ich weiß noch, daß ich wegen Simone de Beauvoirs Gewicht einen Aufpreis zahlen mußte, als ich die Koffer abgab; aber nachdem ich eine Ladung Gepäck auf dem Weg nach Toulouse und zur Hölle wußte, blieb mir nur noch, den zweiten Anzug und ein paar andere Dinge einzupacken, die ich dort gebraucht hatte, und bis Montag nachmittag zu warten.
    Es wurde Dienstag, ehe ich in Mailand eintraf.
    Carlo blickte nicht auf, während er sich meinen Bericht anhörte, und als ich ihn beendet hatte, schwieg er eine Weile.
    Schließlich regte er sich, seufzte schwer und sagte finster: »Ich glaube, wir stecken in Schwierigkeiten, Paul.«
    »Es kommen einige Unannehmlichkeiten und Kosten auf uns zu, ja. Möglicherweise wäre es nötig oder ratsam, ein paar ergiebige Klienten aufzugeben. Die Oberholzer-Tarnfigur muß selbstverständlich verschwinden. Aber wir haben auch früher schon ähnlichen Ärger gehabt, Carlo. Und werden ihn sicher auch in Zukunft immer einmal wieder kriegen. Dies ist eine ärgerliche Geschichte, ja. Aber, sind wir in Schwierigkeiten? Ich glaube nicht.«
    »Wir haben Glück gehabt«, sagte er geringschätzig. Glück war etwas, was er immer zutiefst verachtet hatte.
    »Aber Sie haben mich nicht verstanden, Paul. Ich sagte, wir sind in Schwierigkeiten.«
    »Sie meinen, unsere

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