Bitte keine Rosen mehr
Paperbacks versessen sein. Wenn er an keinem dieser Dinge Spaß hat, ist die Langeweile tödlich und total. Zudem regnet es auf dieser Insel im November und Dezember heftig.
Carlos Haus war behaglich, das gebe ich zu; aber ich hatte bei früheren Besuchen festgestellt, daß es noch behaglicher wurde, wenn er selber da war, denn er konnte der Köchin genau sagen, was er zu essen wünschte. Selbst am Tag seiner Ankunft, als er von der Reise noch zu müde war, um intensiv auf sie einzuwirken, besserte sich das Niveau der Küche merklich. An jenem Abend war das Essen genießbar.
Hinterher fragte er mich, ob ich über meine zukünftige Rolle in unserer Partnerschaft schon nachgedacht hätte.
»Nur darüber, daß ich scheinbar keine Rolle mehr habe.«
»Da bin ich anderer Auffassung. Ich habe die Weiterentwicklung des Trends auf dem Gebiet der Steuervermeidung – nicht Hinterziehung, wenn ich bitten darf, sondern Vermeidung – beobachtet. Wenn dieses Wort vor ein paar Jahren benutzt wurde, kamen einem automatisch bestimmte Namen als Steuerparadiese in den Sinn. Welche waren das?«
»Monaco, Liechtenstein, die Kanalinseln, Bermuda, Curaçao vielleicht, Panama, möglicherweise auch die Schweiz.«
»Und jetzt? Welche Namen würden Sie hinzufügen?«
»Die Bahamas, die britischen Virgin Islands, die Caymans, die Neuen Hebriden, die abstrusesten Gegenden. Man braucht ein geographisches Wörterbuch, um einige von ihnen zu finden.«
»Ja, und was tun wir, um daraus Nutzen zu ziehen?«
»Was hätten Sie denn gern, Carlo?«
»Ich hätte gern eine Bestandsaufnahme von jemandem, auf dessen Urteilsvermögen ich mich verlassen kann. Ich selber kann nicht umherreisen, weil in Europa zu vieles im Gange ist, worum ich mich persönlich kümmern muß« – er bereitete gerade den Butterzug-Coup vor –, »aber Sie wissen, was ich suche, und können die Möglichkeiten abschätzen. Wir sollten Investitionen dort erwägen, wo wir uns gegen spätere Konkurrenz absichern müssen.«
Wir diskutierten vier Tage lang darüber, dann verließen wir die Insel; er, um nach Mailand zurückzukehren, ich, um mich in der Karibik nach geeigneten Projekten umzusehen, bevor ich nach Westen in den pazifischen Bereich flog.
Ich habe Carlo nie wiedergesehen.
Krom befingerte unruhig die Akte in seiner Hand, er konnte es sichtlich kaum erwarten, sich darüber herzumachen.
»Ich hätte da einen Vorschlag, Herr Professor«, sagte ich.
Er sah mich mißtrauisch an. Wollte ich ihm noch in letzter Minute mit einem faulen Trick kommen?
»Ja, Mr. Firman?«
»Ich schlage vor, wir vertagen dieses Meeting auf morgen vormittag. Wenn Sie gelesen haben, was ich geschrieben habe, werden Sie mich allerlei fragen wollen. Wäre Ihnen halb neun hier zum Frühstück recht?«
Ich blickte die anderen beiden an, um zu sehen, was sie davon hielten, aber Krom konsultierte sie nicht.
»Einverstanden«, sagte er sehr bestimmt. »Halb neun.«
Er stand ein wenig unsicher auf, riß sich zusammen und besann sich auf seine guten Manieren. »Ich danke Ihnen für das ausgezeichnete Abendessen. Gute Nacht, Mr. Firman.«
Unter geschickter Nutzung der Rückenlehnen nahezu aller Terrassenstühle gelang es ihm, einen einigermaßen geraden Kurs ins Innere des Hauses zu steuern. Connell warf mir einen verstohlenen Blick zu.
»Was war denn eigentlich mit dem Wein los, Mr. Firman?«
»Nichts, außer daß er zu kalt serviert wurde.« Ich stand auf.
Sie verstanden den Wink und sagten ebenfalls gute Nacht.
Yves und ich tranken unseren Wein aus. Melanie sagte, daß sie einen Spaziergang machen wolle.
Nach etwa zehn Minuten gingen Yves und ich auf den Dachspeicher über der Garage. Bei Krom und Henson herrschte Schweigen; sie lasen. Connell stellte sicher, daß der Text seiner Ausfertigung des Materials dem zukünftigen Gebrauch erhalten blieb, indem er ihn auf Band sprach. Nur ein gelegentlicher Laut der Überraschung oder des Zweifels ließ erkennen, daß er ihn erstmals durchlas. Es war interessant, alles laut gelesen zu hören – Wahrheiten, Unsinn und Halbwahrheiten –, alles so, als handle es sich um eine Art Heiliger Schrift.
Ich lauschte fasziniert, als er von einem Klopfen an seiner Tür unterbrochen wurde. Er schaltete das Bandgerät ab und ging öffnen.
Dr. Hensons Stimme sagte: »Tut mir leid, Sie zu stören, aber ich habe gerade diesen Zettel von Krom unter meiner Tür hindurchgesteckt bekommen. Haben Sie auch einen gekriegt?«
»Mit der Bitte um ein
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