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Bitte keine Rosen mehr

Bitte keine Rosen mehr

Titel: Bitte keine Rosen mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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ein Schloß und einen Schlüssel.«
    Er ging. Kurz darauf hörte ich das entfernte Geräusch der Haupttorflügel, die geschlossen wurden, und dann ein Rasseln von Ketten. Fast unmittelbar danach kam Melanie, die in einem der Auffahrt näheren Raum am offenen Fenster gesessen hatte, um zu berichten, daß beide Wagen, sobald die Tore geschlossen waren, angelassen worden und weggefahren seien.
    Nachdem Yves für die Schließung des Tors an der unteren Straße gesorgt hatte, kehrte er zurück, um zu berichten, daß der dritte Wagen, als er es aufgesperrt und vor dem Verschließen laut zugeworfen hatte, ebenfalls abgefahren sei. Er hatte noch mehr zu berichten. Unmittelbar vor seinem Auftritt am Tor hatte er eine Stimme gehört. Sein Eindruck war gewesen, daß die Stimme aus dem Lautsprecher eines Miniatursprechfunkgeräts kam und daß einer der Insassen des Wagens das Gerät in der Hand hielt. Einen Moment lang hatte er eine kurze, für die Geräte typische verchromte Peitschenantenne aufblitzen sehen, die auf der Beifahrerseite schräg aufgerichtet aus dem Wagenfenster herausragte. Die Wörter, welche er die Stimme hatte sagen hören, waren: »… jetzt. Okay, Ende.«
    Die drei Wörter waren in englischer Sprache gesagt worden; die Nationalität des Englischsprechenden erraten zu wollen, weigerte er sich freilich entschieden. Wovon man mit einiger Wahrscheinlichkeit ausgehen konnte, war lediglich, daß er das Ende einer Unterhaltung zwischen einem der Insassen eines der beiden Wagen, die auf der oberen Straße geparkt gewesen waren, und dem Beifahrer in dem einzelnen Wagen auf der unteren mit angehört hatte. Die vorangegangene Unterhaltung hatte stattgefunden, als er sich auf dem Weg vom Haupttor zu der Pforte in der unteren Mauer befand.
    »Sobald wir sie also wissen lassen«, schloß er, »daß uns ihre Gegenwart nicht verborgen geblieben ist, räumen sie das Feld. Was ist der nächste Schachzug, Paul?«
    »Sie könnten ein bißchen Schlaf nachholen. Wir alle.«
    »Jemand sollte Wache halten für den Fall, daß Alarm geschlagen werden muß. Sie haben es morgen früh wieder mit unseren Gästen zu tun und müssen daher frisch sein. Am besten ist es wohl, wenn ich Wache halte. Melanie könnte mich vielleicht für eine Stunde ablösen, damit ich nicht anfange, Dinge zu sehen, die gar nicht da sind.«
    »Gut«, sagte Melanie. »Sagen wir um zwei?«
    »In Ordnung, Paul?«
    »Ausgezeichnet. Teilen Sie sich die Wache, wie Sie wollen. Ich werde jetzt wohl eine Schlaftablette nehmen müssen, fürchte ich, aber meinen Wecker auf halb sieben stellen, sofern nicht einer von Ihnen mich vorher weckt. Ich werde auch das 7-Uhr-30-Treffen unserer Gäste abhören. Wenn draußen irgend etwas von Interesse passiert, wird einer von Ihnen es mich wissen lassen, ja?«
    Trotz der Schlaftablette verbrachte ich eine schlechte Nacht.
    Nicht wegen der Beobachter draußen vor der Villa; zumindest nicht direkt ihretwegen. Was ich über erpresserische ›Beschützer‹ gesagt hatte, war von Yves mit einer geringschätzigen Geste abgetan worden, aber das war die Erklärung, mit der ich mich für mein Teil zufriedengab; und ich tat dies, weil ich sie zu diesem Zeitpunkt für die wahrscheinlichste hielt.
    Es gibt solche Gangster an der französischen Riviera, und da ihre Forderungen in der Regel nicht besonders hoch sind, ist es, gerade für Ausländer, einfacher zu zahlen, als moralistisch zu sein und die Folgen auf sich zu nehmen. Letzteres kann ermüdend und kostspielig sein. Einem mir bekannten Deutschen, der eine Villa auf Cap Ferrat besitzt, sich jedoch weigerte, ein paar tausend Francs als Schutzgebühr zu entrichten, wurde das gesamte Haus ausgeräumt, während er abwesend war, wobei die Bande reguläre Möbelwagen einsetzte. Die Polizei nahm die Beschwerde des Eigentümers verständnisvoll, aber ohne Erstaunen entgegen. Derartige Dinge kamen gelegentlich vor. Nach solchen drastischen Demonstrationen hatten die Beschützer offenkundig viel weniger Ärger mit dem Einkassieren ihrer Gebühren, selbst in schwierigen Fällen wie dem meines deutschen Freundes. Wenn ich auch verstand, daß der Gedanke für einen Mann von Yves’ Naturell inakzeptabel sein mochte, schien mir meine Annahme, daß es angesichts allerorts steigender Lebenshaltungskosten üblich geworden sei, nicht nur die Hauseigentümer, sondern auch die Sommersaison-Gäste zur Kasse zu bitten, durchaus einleuchtend. Ich war ziemlich sicher, anderntags mit der Morgenpost nicht nur die

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