Bitte keine Rosen mehr
Warnung vor der Gefahr zukommen zu lassen. Als dann später die Konfrontation aus der Wohnung vor das Krematorium verlegt wurde, steckten sie diese Klarsichthüllen mit den Codenamen in die Aktenmappe, weil sie vorhatten, Oberholzer bei dem Versuch, das Land zu verlassen, auf dem Flughafen abzufangen und zu vernehmen. Ihr Ziel war, ihn, da sie ihn nicht unter Anklage stellen konnten, erstens einzuschüchtern, zweitens, wenn möglich, zu einer belastenden Aussage über seine Beziehung zu Kramer zu provozieren, und schließlich ihm klarzumachen, daß er als unerwünschter Ausländer angesehen werde und gut beraten wäre, wenn er in Zukunft der Schweiz fernbliebe. Sie meinten, die Codenamen in der Aktenmappe könnten sich in der Vernehmung als nützliches Element erweisen. Tatsächlich entwischte er ihnen, wie wir jetzt wissen, auf dem Flughafen, mehr durch schieres Glück als durch Einfallsreichtum. Dennoch ist die Warnung mit den Codenamen, so scheint’s, nicht ganz unbeachtet geblieben. Er ist noch am Leben. Ich frage mich, ob Torten und Kleister es noch sind. Vielleicht weiß er es. Vielleicht werde ich ihn fragen.«
»Immerhin«, sagte Dr. Henson, »ist eines klargeworden. Ich begreife jetzt, warum er sich so heftig gegen diese Feldausrüstung von Langridge gesträubt hat, die ich hereinzuschmuggeln versuchte. Mit einem in der Schweiz verwahrten Satz von Fingerabdrücken, der eine alte Identität festhält, wäre ein weiterer Satz mit seiner derzeitigen Identität das letzte, was er sich wünschen kann. Die beiden würden nahezu mit Sicherheit verglichen werden. Ich muß allerdings sagen, daß er auf mich nicht gerade wirkt wie jemand, der jahrelang unter den von einem Paar halbverblödeter Steuerschwindler ausgestoßenen Todesandrohungen gelitten hat. Wenn irgend jemand das Leben genossen und eine angenehme Zeit verbracht hat, dann, würde ich sagen, ist er es. Sehr bedauerlich, ohne Zweifel, aber meine Vermutung geht dahin, daß er gar nicht weiß, was eine Regung des Gewissens ist, und daß er sich immer großartig amüsiert hat.«
»Er wird sich nicht mehr allzu lange amüsieren, meine Liebe. Da können Sie ganz sicher sein. Was uns betrifft, so glaube ich, daß es an der Zeit ist, zum Frühstück hinunterzugehen.«
Ich saß schon am Tisch auf der Terrasse und wartete, als sie herunterkamen.
Alle drei erzählten mir, der ich mich höflich danach erkundigte, wie angenehm ihre Zimmer seien und wie gut sie geschlafen hätten; wobei sie zugleich deutlich zu machen verstanden, daß ich nicht darauf hoffen könne, mir mit gastgeberischer Sorge um ihr Wohl ihre Nachsicht einzuhandeln, und daß sie ohne Umschweife zur Sache kommen wollten. Keiner von ihnen erkundigte sich danach, wie ich geschlafen hatte.
Der Kaffee war nicht annähernd so gut wie der, den ich zwei Stunden zuvor getrunken hatte, aber sie schlürften ihn genießerisch und aßen ihre Croissants. Krom jedoch wartete nicht, bis er seines aufgegessen hatte, bevor er in Aktion trat.
»Wir alle haben Ihr erstes Papier mit Interesse gelesen«, sagte er und versprühte Krumen mit den Zischlauten, »und wenn wir auch einiges davon brauchbar finden, so stimmen wir doch alle darin überein, daß es keineswegs zufriedenstellend ist.«
»Voller Lücken«, erklärte Connell.
»Und mich dünkt, er gelobt zuviel und verwahrt sich allzuoft«, sagte Henson mit ihrer Langridge-Stimme, »gegen Anklagen, die, soweit ich weiß, noch gar nicht erhoben worden sind.«
»Tut mir leid«, sagte ich. »Vielleicht sollten Sie alle versuchen, es nochmals zu lesen, und aufmerksamer.«
Krom schluckte den Rest seines Kaffees und langte nach weiterem. »Ich habe es dreimal gelesen«, sagte er, »und mit jeder erneuten Lektüre schien es mir weniger und weniger erhellend zu sein, außer in einer Hinsicht.«
»Ich bin erleichtert zu hören, daß mein Versagen kein totales war.«
»Sarkasmus hilft Ihnen gar nichts. Was so brillant erhellt wird, das ist Ihre Entschlossenheit, jegliche Verantwortung für alles und jedes zu leugnen, was mit dieser kriminellen Aktivität großen Ausmaßes zusammenhängt, ausgenommen die bescheidene Rolle, die Sie darin als eine Art von höherem, aber nicht allzu kompetentem Botenjungen gespielt haben.«
»Inkompetent, ja. Bescheiden? Ich hoffe ernstlich, nein. Einen falschen Eindruck hervorzurufen wäre das letzte, was ich wünschte.«
»Leichtfertiges Daherreden ist sogar noch ermüdender als Sarkasmus, Mr. Firman, also kommen Sie uns weder mit
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