Bitte nicht füttern: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Ganze war wirklich dezent gehalten. Rory hatte Luftballons und Transparente erwartet, doch weit gefehlt: Das Logo fand sich auf hübschen kleinen Streichholzschachteln, eleganten Stoffservietten, Champagneretiketten, stilvollen Kerzen und Weinglasanhängern. Rory, der so hingerissen gewesen war von dem unverbrauchten Potenzial dieser Räumlichkeiten, empfand jetzt auch eine tiefe Freude darüber, dass diese endlich genutzt werden würden.
Schon jetzt war das Restaurant voller Menschen, die köstliches Essen, erlesenen Wein, gute Gesellschaft und angeregte Gespräche genossen.
»Wer sind alle diese Leute?«, fragte er leicht verunsichert.
»Das ist so ziemlich jeder, bei dem wir Eindruck schinden, den wir bei Laune halten oder bei dem wir uns einschmeicheln müssen.« Freddie lächelte nervös. »Bosse, Oberbosse, Sponsoren, Freunde und Verwandte von Bossen, noch wichtigere Bosse und Sponsoren. Wollen alle gerne gratis saufen und mit dem einen oder anderen Promi plaudern oder flirten.«
Freddies Boss, der anlässlich der Premierenparty einen vom Budget der Sendung finanzierten Familienurlaub in Cornwall verbrachte, seine Frau und seine drei verzogenen Kinder aber im Nobelhotel zurückgelassen hatte, kam auf sie zu.
»Tolle Party, Freddie. Gut gemacht. Großartige Location.«
»Danke, Sir.«
Das Lob ließ Freddie strahlen wie eine Neonlampe.
»Sie müssen der Geheimkoch sein«, wandte der Boss sich dann an Rory.
Aus dem »Sir« schloss Rory blitzschnell, dass es sich bei dem Herrn um einen der Oberbosse handelte, die Freddie erwähnt hatte, und darum zwang er sich, bei der Anrede mit »Geheimkoch« nicht angewidert das Gesicht zu verziehen, sondern jovial zu lächeln.
»Rory Trevelyan.« Er streckte dem Oberboss, der für einen so wichtigen Oberboss eigentlich erstaunlich klein war, die Hand entgegen. Der packte sie und schüttelte sie begeistert.
»Fabelhaft, einfach fabelhaft. Wir freuen uns, Sie mit an Bord zu haben, Rory. Wann kommen die anderen Stars?«, wollte er wissen.
Er lechzte insgeheim danach, dem berüchtigten Männermagazin-Model vorgestellt zu werden, das dieses Jahr Teil des Kandidatenteams war. Er war nämlich – Untertreibung des Jahrzehnts – »ein großer Fan« von ihr. Ihr Kalender vom letzten Jahr hing immer noch bei ihm im Büro, weil auf dem Dezemberbild ihr appetitlicher Busen so verführerisch aus dem Dekolleté des Weihnachtsmäntelchens herausquoll. Ihm war schnuppe, welcher Monatsname unter dem Bild stand, er konnte es das ganze Jahr über betrachten. Die Aussicht, sie heute Abend kennenzulernen, war für ihn wie wenn alle achtundvierzig Weihnachtsfeste seines Lebens auf einen Tag fielen. Er konnte nur hoffen, dass sie auf kleine, glatzköpfige, unglücklich verheiratete Männer mit Bauchansatz stand. Seine glänzende Platte würde doch perfekt zwischen ihre wunderbar üppigen Brüste passen.
Er dachte an Drillinge in einem Kinderwagen.
Freddie sah auf die Uhr.
»In fünfunddreißig Minuten. Sie müssen nur auf das Blitzlichtgewitter draußen achten.«
»Großartig! Großartig!«
Das würden die längsten fünfunddreißig Minuten seines Lebens werden. Der kleine, glatzköpfige Oberboss schüttelte Rory noch einmal die Hand und entschuldigte sich dann eiligst. Auf der Herrentoilette tupfte er sich den Schweiß von der glänzenden Stirn und reinigte sich zum dritten Mal heute die Zähne mit Zahnseide, bevor er einen lauschigen Ecktisch mit Beschlag belegte, sich aus den kriecherischsten Crewmitgliedern sein privatpersönliches Cheerleader-Team zusammenstellte sowie sich mehrere Flaschen ESDS-Champagner in ESDS-Kühlern unter den Nagel riss. Er wollte nämlich dafür sorgen, dass seine Angebetete sich ihr Gegenüber ein klein wenig schön trank.
Rorys Unbehagen ließ nach, als um Punkt sieben die Moderatoren der Show, Tony Trent und George Vasiliki, heftig bejubelt eintrafen und ihm vorgestellt wurden.
Rory hatte nicht gewusst, was ihn erwartete. Er war nicht sicher, ob die beiden Männer vielleicht nur der Kameras wegen so freundlich lächelten, und stellte dann erleichtert fest, dass sie wirklich angenehme Zeitgenossen waren.
Sie taten nämlich genau das, was Rory hätte tun wollen, wenn es seine eigene Party gewesen wäre: Freudig liefen sie von einem Gast zum anderen und begrüßten jeden der Anwesenden. Die beiden waren echte Profis, hatten bereits als Koch gearbeitet, bevor sie für diese Celebrity-Show engagiert wurden, und standen mit beiden Beinen fest auf dem
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