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Bitte nicht füttern: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Bitte nicht füttern: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Titel: Bitte nicht füttern: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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zugeteilt. Vielleicht sollte ich dich mit ins Cockleshell nehmen und zu meinem Sommelier machen. Dann könntest du mich vor teuren Fehleinkäufen bei meinem nicht ganz vertrauenswürdigen Lieferanten bewahren ...«
    Sie lachte.
    Nervös.
    »Hast du denn keinen Sommelier?«
    »Nein. Mir wurde immer gesagt, ich sollte mich einfach drauf verlassen, dass die Gäste, die Wein trinken, genau wissen, was ihnen schmeckt.«
    »Schon, aber das wissen sie ja erst, wenn sie ihn probiert haben. Und wenn man sich mit Wein nicht auskennt, verlässt man sich gerne auf alte Freunde, das heißt, man bleibt bei dem, was man kennt und probiert nie mal was Neues aus, aus Angst, es nicht zu mögen. Darum ist es immer gut, ein bisschen Anleitung zu haben, wenn man etwas Neues ausprobiert. Jemanden, der einem sagen kann, wenn dir das schmeckt, dann könnte dir auch das schmecken. Jemanden, der deinen Horizont erweitert und dir zu noch mehr Gaumenfreuden verhilft.«
    »Hmmm«, machte er. »Klingt einleuchtend. Ich halte mich auch immer an das, was ich schon kenne. Meine Weinkarte ist seit Jahren unverändert. Vielleicht könntest du ja mal einen Blick drauf werfen, was meinst du? Vielleicht könntest du mich ja anleiten und meinen Horizont beziehungsweise meine Weinkarte erweitern?«
    »Ist das dein Ernst? An meinem ersten Tag hier?«
    Erst da sah er sie wieder an.
    »Dein erster Tag hier ist ja wohl nicht dein erster Tag auf Erden.«
    Neugierig sah sie ihn an.
    »Hat meine Mutter immer zu mir gesagt.« Sein Lächeln verriet eine gewisse Wehmut. »Wenn ich wegen irgendetwas aufgeregt war. Ein Ort und die Menschen an dem Ort können neu sein, aber deine Erfahrungen trägst du schon lange mit dir rum. Das sollte ich nie vergessen, hat sie immer gesagt. Nur weil ich als Letzter irgendwo dazukam, war ich deswegen nicht weniger wert als die anderen.«
    »Deine Mutter ist eine kluge Frau.«
    »War.«
    »War?«, wiederholte sie vorsichtig. Ihr entging nicht, wie er den Blick senkte und seine Mundwinkel abrutschten.
    »Wir haben sie verloren ... aber das ist schon lange her.«
    Das war das Erste, was er ihr über sich erzählte. Am Tag zuvor hatte sie vorsichtig versucht, das Thema zu wechseln und auch mal über ihn zu reden, aber er hatte das Gespräch immer wieder auf sie gelenkt. Wie ein sehr geübter Talkmaster.
    Und genau das versuchte er jetzt wieder.
    »In der wie vielten Generation macht eure Familie eigentlich schon Wein?«
    Dieses Mal hielt sie sich nicht zurück und sagte rundheraus: »Wir reden die ganze Zeit immer nur über mich. Was ist mit dir?«
    »Mit mir?«
    »Ja, mit dir.«
    Er lehnte sich zurück, legte die Füße übereinander und lächelte schwach.
    »Ich bin, was du siehst. Das hier ist mein Leben.« Er hob die Arme und gestikulierte um sich herum. »Es wurde mir sozusagen auf einem Silbertablett serviert.«
    »Das alles bist du? Alles, was ich sehe? Ist nichts versteckt? Hast du keine Geheimnisse?«
    »Wenn ich welche hätte, wüsste ich selbst nichts von ihnen.«
    »Okay. Und deine Zukunft? Was stellst du dir vor? Wovon träumst du?«
    »Die Zeiten der Träumerei sind vorbei, ich lebe im Hier und Jetzt.« Er zuckte die Achseln. »Das hier war mein Traum. Jetzt hab ich es, also kann ich aufhören zu träumen und mich darauf konzentrieren, es zum Laufen zu bringen.«
    »Als Schule? Oder als Restaurant?«
    »Beides. Sobald ESDS wieder weg ist ...« Da zog es seine Mundwinkel schon wieder nach unten. So langsam konnte Linda seine Mimik deuten.
    »Klingt nicht gerade so, als wärst du sonderlich glücklich, die Leute hier zu haben?«
    »Ganz unter uns: Ich mache das hier nur nolens volens.«
    »Nolens volens?« Sie kniff die Augen zusammen, wie immer, wenn die Fremdsprache ihr Probleme bereitete. »Was heißt das? Das höre ich zum ersten Mal.«
    »Wie? Willst du etwa sagen, dass es Wörter gibt, die du noch nicht kennst? Und ich dachte, du seist ein Sprachgenie.«
    Da lachte sie wieder, und er freute sich darüber, wie ihr Lächeln ihr ganzes Gesicht erstrahlen ließ.
    »Nein, ich muss die Unkenntnis dieser Worte eingestehen.«
    »Das sei dir auch nachgesehen, es ist ja Latein. Es heißt, dass man etwas tut, ohne es wirklich zu wollen. Also ungern. Widerwillig. Zum Beispiel weil es einen gewichtigen Grund gibt.«
    »Das klingt jetzt aber doch nach einem Geheimnis.«
    Hm. Sydney war sein Grund, aber war Sydney ein Geheimnis? Irgendwie wohl schon. Zwar keins, das komplett versteckt und verschwiegen wurde, aber gewisse Aspekte

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