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Bitte sagen Sie jetzt nichts

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Titel: Bitte sagen Sie jetzt nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loriot
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Fühlen Sie sich dem verwandt?
    Loriot Ich weiß es nicht. Ich bin aufgewachsen in einer Familie, die aus Mecklenburg stammt und in Preußen heimisch geworden ist. Mir ist das sogenannte Junkertum sehr vertraut. Ich weiß aus meinem eigenen Leben und unser aller Vergangenheit, dass dieses preußische Junkertum nie so verbissen war, wie man das heute annimmt. Die hatten immer sehr viel Sinn für Humor.
    Heinrich-Jost Warum sind Humoristen, Komiker, Satiriker so ernste Leute?
    Loriot Ich möchte diese Frage korrigieren, sie muss lauten: Warum sind Humoristen, Satiriker, eben dies ganze Volk, warum sind die im Privatleben nicht komischer als andere? Nun, das liegt einfach daran, dass Humorist genauso ein Beruf ist wie zum Beispiel Sänger oder Politiker. Ein Sänger, der dauernd mit Stütze spricht, ist unerträglich. Ein Politiker, der auch im Privatkreis über nichts anderes reden kann als über Politik und ständig nur Werbung für seine Partei macht, ist etwas Furchtbares. Genauso grauenhaft wäre es, wenn ein Humorist unablässig meinte, er müsse witzig sein, weil man das von ihm erwartet. Die Tätigkeit eines Humoristen ist eine sehr nachdenkliche Arbeit am Schreibtisch, die ungeheure Konzentration verlangt. Wenn man beim Essen sitzt oder sonst wo, ist man eben nicht in der Hochspannung, die man braucht, um satirisch oder humoristisch arbeiten zu können. Also verhält man sich auch nicht so. Ein Tragöde, der nur tragische Stücke schreibt, weint ja auch nicht die ganze Zeit. Warum also sollte ein Humorist dauernd komisch sein?

AUCH SOLLTE MAN ...

    ... einfacher leben

etwas mehr auf sein Gewicht achten

häufiger einen Obsttag einlegen

und sich mehr Bewegung machen

aber auch das Geistige nicht vernachlässigen

sich ein Dickes Fell anschaffen

lieber noch Junggeselle bleiben

stets einen kühlen Kopf behalten

dem Chef mal gründlich die Meinung sagen

und das Leben genießen!

Menue
    Worüber ich lachen kann
    Playboy, März 1988
    Mit Raimund le Viseur
    Le Viseur Mit fast 65 Jahren haben Sie jetzt den ersten großen Kinofilm gemacht, Ödipussi. Mussten Sie da zunächst einen Ödipuskomplex überwinden wegen der langen Strecke - oder lockt Sie primär die goldene Nase, die man dabei davontragen kann?
    Loriot Die goldene Nase hat mich nicht gelockt - sondern das neue Medium. Das Abenteuer ist groß. Man bekommt einen gewaltigen Apparat in die Hand. Aber als Preuße zur Sparsamkeit erzogen, musste ich zunächst eine Hemmschwelle überwinden, um diesen großen Apparat zu bedienen: 40 bis 50 Mitarbeiter, rund sieben Millionen Mark ...
    Le Viseur Sie stehen plötzlich in einer Front mit so gegensätzlichen Leuten wie Didi Hallervorden, Otto, Gottschalk-Krüger, Polt-Hildebrandt. Im Kino machen diese großen, unterschiedlich komischen Filme enorme Kasse. Ist Humor die neue deutsche Sehnsuchtsdroge in einer miesen Zeit?
    Loriot Jedes Publikum, jedes Volk, alle Menschen wollen immer wieder gern amüsiert werden. Das hat mit schlimmen Zeiten nichts zu tun. Es gibt Länder, die eine größere Tradition auf diesem Gebiet haben: die angloamerikanischen Länder etwa. Die Deutschen gehen zwar genauso gern in komische Filme. Nur hatten wir mit der Herstellung und Darstellung des Komischen schon immer Probleme. Das hat aber nichts damit zu tun, dass wir weniger Humor hätten. Wir verhalten uns nur anders in der Wertung des Humors. Die Engländer würden nie auf den Gedanken kommen, eine Komödie sei weniger wert als eine Tragödie. Bei uns gibt es andere Stellenwerte. In Deutschland müssen Literaten eine Hemmschwelle überwinden, ehe sie etwas Komisches schreiben.
    Der einzige große deutsche Schriftsteller, der eindeutig auf Humor setzte, war Thomas Mann. Er hielt den Humor für eines der wichtigsten literarischen Stilmittel. Thomas Mann ging dabei sehr weit - so weit, dass sogar Lungenheilstätten komisch wirken können. Ein einsames, großes Beispiel. Bei Mann gibt es überhaupt keine Situation, die nicht auch irgendwo ihre komischen Seiten hätte. Dagegen bestehen große Bedenken beim deutschen Publikum - zu zynisch! Die Deutschen sind empfindlich gegen so etwas.
    Le Viseur Was ist es denn überhaupt, das bei Menschen zur Schlussexplosion Gelächter führt?
    Loriot In jedem Fall die unerwartete Wendung ins Negative. Das Fehlverhalten. Ein Gelingen ist nur dann komisch, wenn das Gelingen eigentlich ausgeschlossen wurde. Der eigentliche komische Vorgang ist ganz sicher dem Misslingen näher als dem Gelingen.
    Le Viseur

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