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Gaben, die ein Mensch so mitbekommt.
Der Spiegel Heute bestücken manche Sender ihr komplettes Abendprogramm mit einem Dauerfeuer an Comedy. Manche Spaßmacher scheinen im Dauereinsatz zu sein. Worüber können Sie selbst im Fernsehen noch lachen?
Loriot Bastian Pastewka zum Beispiel. Auch Piet Klocke, Helge Schneider, Harald Schmidt, Hape Kerkeling und natürlich Olli Dittrich als Dittsche.
Der Spiegel Die Humorbranche ist heute facettenreicher als zu Ihrer Zeit?
Loriot Ist sie das wirklich?
Der Spiegel Vor 30 Jahren hieß Humor allenfalls noch Didi Hallervorden oder Heinz Schenk. Heute tummeln sich Legionen von Comedians aller intellektuellen Preislagen in weit mehr Sendern. Man kann sich kaum noch die Namen merken.
Loriot Es gibt Comedians, denen es mühelos gelingt, ihr Publikum durch pure gute Laune zu Beifallsstürmen anzuregen. Das ist bemerkenswert, aber im Hinblick auf die Zukunft schwer zu konservieren.
Der Spiegel Viele scheinen sich für den schnellen Erfolg zu verkaufen ... womit wir wieder beim Geld wären.
Loriot Ein Begriff mit - Gott sei Dank - auch komischen Aspekten. In meiner Fernsehfrühzeit orientierten sich die Honorare dieses Mediums an der Entlohnung von Straßensängern. Das hat sich nach und nach geändert. Ein Wandel trat erst ein, als ich es durch anderweitige Tätigkeit zu gewissem Wohlstand brachte. Hinzu kam die Würde des Alters. Seither wagt niemand mehr, mich für eine Leistung zu entlohnen.
Der Spiegel Könnten Ihre Enkel mal von all Ihren Sketchlizenzen leben?
Loriot Ich weiß nicht. Meine Arbeit gehört mir ja nicht allein. Aber vielleicht wird auch hin und wieder mal ein Buch verkauft.
Der Spiegel Beneiden Sie tv-Millionäre wie Harald Schmidt oder Günther Jauch?
Loriot Aber nein, ich bewundere deren Perfektion und ihren gewaltigen Einsatz. Staunenswert ist auch ihr anhaltendes Arbeitstempo.
Der Spiegel Sie sind ein Fan von Wer wird Millionär? Werden Sie Jauch auch als Talkshow-Moderator und Nachfolger von Sabine Christiansen die Treue halten?
Loriot Die Causa Jauch finde ich hochinteressant. Zunehmend wünschen wir uns in der Politik doch Akteure, bei denen es einem wurst wäre, welcher Partei sie angehören. Menschen mit klaren Ansichten, die womöglich sogar mal dem politi-schen Gegner recht geben würden, wenn der die besseren Argumente hat. Günther Jauch könnte als vorwitzige Irritation überraschende Erfolge haben. Der mögliche Anstoß zu einem Spiel mit ganz neuen Regeln.
Der Spiegel Mit dem Ergebnis, dass er in Umfragen glatt die Kanzlermehrheit bekäme?
Loriot Das könnte passieren. Und ich würde es mit einer gewissen Ätsch-bätsch-Genugtuung zur Kenntnis nehmen. Ich bekam auch mal einen Brief von einem hohen Politiker, der mir bescheinigte, es zum Bundespräsidenten bringen zu können. Ein hohes Amt, dem ich wohl kaum gewachsen sein dürfte.
Der Spiegel Ihre Sketchakteure waren meist ältere Herrschaften, die umso komischer wirkten, je würdevoller sie durch den Wahnsinn des Alltags stolperten. Bei welchen Gelegenheiten könnten wir Loriot unfreiwillig komisch erleben?
Loriot Ich hatte - ein eher seltener Fall - den Einkauf übernommen, eilte in das Lebensmittelzentrum unserer Kleinstadt, kannte mich nicht mehr aus, verharrte ärgerlich und belehrte die Chefin, eine derart verwirrende Umgruppierung des Warenangebots behindere den Einkauf, verärgere die Kundschaft und senke den Umsatz. Ich deutete auf ein Arrangement preisgünstiger Herrenwäsche, dekoriert mit gestreiften Freizeithemden. »Hier«, sagte ich, »finde ich sonst mit einem Griff die Spreewalder Senfgurken.« Mit ernstem Gruß verließ ich die Einkaufsstätte. Seither hält man mich dort für geisteskrank. Ich hatte mich in der Tür geirrt.
Der Spiegel Man hat sofort das komplett verwirrte Gesicht von Evelyn Hamann vor Augen, die in so einer Szene die Super mar ktchef in spielen müsste. Wie verbringen Sie Ihren ganz realen Ruhestand hier am Starnberger See?
Loriot Vormittags erinnern mich mehrere Lendenwirbel an die Eigenheiten meiner Altersgruppe, aber der dringend empfohlene Spaziergang entfällt aus Zeitgründen. Seit etwa 20 Jahren erlebe ich den sogenannten Ruhestand als erbarmungslose Häufung diverser Berufszweige auf musischen Gefilden, in Verwaltungskram, Korrekturen, Gesprächsrunden, Reden, Eröffnungen, Gründungen, Belehrungen, Unterstützungen, Stiftungen, Beantwortungen, Versuchungen und dies und das ...
Der Spiegel Vor vier Jahren gaben Sie dem Süddeutsche
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