Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bitter Lemon - Thriller

Titel: Bitter Lemon - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
Vom Netzwerk:
gegen die Kaffeetasse und räusperte sich. »Moment mal. Offenbar weiß ich nicht alles, was ihr wisst. Wer ist denn dieser Kecman überhaupt? Kann mich mal jemand aufklären?«
    »Der Teufel in Gestalt eines Chamäleons.« Bralic stieß einen tiefen Seufzer aus. »Im Bürgerkrieg war er Major der serbischen Armee. Der Schlächter von Vukovar. In Zorans Heimatstadt war er für den Mord an 200 Kroaten verantwortlich, wurde dafür aber nie zur Rechenschaft gezogen. Zoran wurde zufällig Zeuge dieses Massenmords, aber das weiß Milos Kecman vermutlich nicht. Nach dem Bürgerkrieg wurde Kecman ein erfolgreicher Geschäftsmann. Seine Ware: Menschen. Ein moderner Sklavenhändler. Osteuropäische Zwangsprostituierte für den westeuropäischen Markt. Inzwischen hat er sich die russische Staatsangehörigkeit zugelegt sowie einen russischen Diplomatenpass besorgt, der ihm strafrechtliche Immunität im Ausland verschafft. Und angeblich macht er jetzt andere Geschäfte. Geldwäsche für eine Firma in Sankt Petersburg. Aber ich vermute, im Hintergrund hat er immer noch die Finger im Menschenhandel. Denn das Geschäft ist einfach zu lukrativ.«
    David schob Kristina den Papierstapel zu.
    »Lies das. Dann verstehst du.«
    »Was ist das?«
    »Zorans Hinterlassenschaft aus dem Seesack. Was war eigentlich Ihre Rolle in den letzten zwölf Jahren, Herr Bralic?«
    »Wie meinen Sie das, Herr Manthey?«
    »Wenn man Zorans Bericht liest, hat man den Eindruck, Sie haben ihm während seiner Zeit in der Gefängniszelle die Arme und Beine ersetzt. Sie sind für ihn nach Moldawien gereist, sie haben in Osteuropa und auf dem Balkan recherchiert. Flugkosten, Übernachtungskosten, vermutlich auch Bestechungsgelder, nicht zu knapp … wer hat das alles bezahlt, Herr Bralic?«
    »Zum Teil ich selbst, zum Teil ein anonymer Finanzier.«
    »Aha. Ein anonymer Finanzier. Der hat sicher einen monatlichen Dauerauftrag auf ihr Girokonto eingerichtet.«
    »Nein, natürlich nicht, Herr Manthey. Manchmal lag ein Umschlag mit Bargeld in meinem Briefkasten. Ich habe keine Ahnung, von wem das Geld kam.«
    »Verstehe. Entschuldigen Sie mich einen Augenblick? Ich will mal kurz nach Artur sehen.«
    Die frische Abendluft tat gut. David sog sie tief in seine Lunge, während er den Himmel über dem Worringer Industrierevier betrachtete. Ein Dutzend Sterne waren zu sehen, vielleicht auch zwei Dutzend, bei gutem Willen und guten Augen. In Köln wurde es nie richtig dunkel, und außerdem war der Himmel über dem Rheinland selbst im Hochsommer nur selten klar.
    Auf Formentera waren jetzt sicher Abermillionen Sterne zu sehen. Ob Günther dort alleine zurechtkam? Seit dem Tod von Onkel Felix war er nicht mehr auf Formentera gewesen. Zu viele Erinnerungen. Außerdem war Günther eine echte Großstadtpflanze. David sehnte sich nach seiner kleinen, friedlichen Insel im Mittelmeer. Und nach Günther, der besten Ersatzmutter, die ein Kind finden konnte. Und nach Felix, dem toten Felix, dem besten Ersatzvater der Welt. Plötzlich sehnte er sich auch nach Zoran, nach dem sechzehnjährigen Zoran, sehnte sich nach den stundenlangen Gesprächen auf dem Dach der Fabrikruine im Stavenhof, auf dem Dach der Welt, Schulter an Schulter, unzertrennlich, die warme, von der Sonne aufgeladene Ziegelwand des abgebrochenen Schornsteins im Rücken, das Leben vor sich. Und er sehnte sich nach Maja, der wundervollen Maja, die ihn verlassen hatte, nur weil Zoran es so wollte.
    Alle hatten immer das getan, was Zoran wollte.
    David betrat die Werkstatt.
    Artur lackierte einen Kotflügel.
    David sah geistesabwesend zu, wie der Sprühnebel das Stück Blech in ein nachtblaues Prachtstück verwandelte.
    Als Artur zufrieden war, schaltete er den Generator aus und zog sich die Maske vom Gesicht.
    »Ein Austin?«
    »Nicht ganz, David. Aber nah dran. Der Kotflügel gehört zu einem MG. Da gibt es so einen Verrückten mit reichlich Kohle in Leverkusen, der überall in der Welt schrottreife britische Oldtimer einsammelt und dann zu mir bringt.«
    »Fährst du eigentlich noch Motorrad?«
    »Ja. Ab und zu.«
    »Welche Maschine?«
    »Eine Triumph Tiger 955i. Sie steht nebenan in der Halle. Die Maschine, mit der ich Zoran vom Knast abgeholt habe. Das wolltest du doch wissen, oder?«
    »Ja. Und das sichere Versteck, von dem Tomislav Bralic eben sprach, das war vermutlich …«
    »… hier, auf meinem Schrottplatz, ja.«
    »Und die gelegentlichen anonymen Zuwendungen für Bralics strapazierte Reisekasse …«
    »Zoran

Weitere Kostenlose Bücher