Bitter Lemon - Thriller
die starke Unterströmung in der Bucht würde ihn forttragen, unauffindbar, hinaus in die Unendlichkeit, für immer und ewig.
So könnte es sein.
So oder auch ganz anders.
Vielleicht hatte sich Artur gründlich verrechnet.
Er war kein Taucher.
Er war kein Mediziner und auch kein Biochemiker. Und er wäre nicht der Erste, der Kecman unterschätzte und diesen Feh ler mit dem Leben bezahlte. Vor seinem geistigen Auge sah er Kecman plötzlich auftauchen, die Harpune im Anschlag, sah den Speer mit den messerscharfen Widerhaken auf sich zurasen.
Artur sprang mit einem Satz auf, griff nach dem hölzernen Paddel, umfasste mit beiden Händen den Schaft, ganz fest, so fest, dass seine Fingerknöchel weiß wurden, drehte sich langsam im Kreis und hielt die Augen offen. Während er die glitzernde Wasseroberfläche absuchte, dachte er mit aller Macht an die leeren Augen der Frauen in der Dellbrücker Fabrik und verweigerte seinem Herrgott standhaft den Zugangscode zu seiner Seele.
Das Meer machte ihm Angst.
So friedlich und so bedrohlich.
Jedes Plätschern, jedes Glucksen an der Gummihaut des Bootes jagte einen neuen Adrenalinstoß durch seinen Körper.
Artur sah auf die Uhr an seinem Handgelenk, wieder und wieder.
Nach 24 Minuten ließ er das Paddel sinken.
Er setzte sich auf die Mittelbank, hielt gleich viel Abstand nach links und nach rechts, lehnte das Paddel gegen seinen Oberschenkel und steckte sich eine Zigarette an.
Nach 27 Minuten tauchte Jens auf.
»Wo ist Milos?«
»Keine Ahnung«, sagte Artur und wusste, es war vorbei.
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