Bitter Love
beantwortete der mit fünf Hieben, und irgendwann gab Cole auf und hielt sich nur noch die Hände über den Kopf, statt zurückzuschlagen. Zack rollte Cole auf den Rücken, packte ihn am Hemd und zerrte ihn hoch, dann ließ er ihn wieder zu Boden fallen.
»Fass sie noch ein einziges Mal an«, brüllte Zack Cole ins Gesicht, »und ich brech dir jeden verfluchten Knochen im Leib.«
Er richtete sich auf und ging zurück zum Haus, wobei er kurz hochblickte zu meinem Fenster und mich dort stehen sah, mit den Händen an der Scheibe und offenem Mund. Seine Lippe blutete und er war außer Atem, aber sonst schien er okay zu sein.
Cole sah viel schlimmer aus. Er hatte eine blutige Nase, blutige Lippen und auch von seinem Kinn strömte Blut.
Er sah fast aus wie ich.
Nachdem Zack die Haustür hinter sich zugeworfen hatte, blieb Cole noch kurz liegen, dann rappelte er sich hoch und spuckte auf den Boden.
Inzwischen waren einige von den Nachbarn nach draußen gekommen. Einer hatte ein Telefon am Ohr.
Fluchend stolperte Cole zurück zu seinem Auto. Alle paar Schritte blieb er stehen und spuckte wieder aus. Unmittelbar bevor ein Polizeiwagen in die Straße einbog, stieg er ein und fuhr weg. Vor Zacks Haus blieben die Polizisten stehen, doch sie fanden offenbar, dass es hier nichts mehr zu tun gab, und fuhren einfach weiter.
Ich krabbelte zurück in mein Bett, fummelte mit der Zunge an meinem kaputten Zahn herum und dachte immer wieder an den Ausdruck in Zacks Gesicht, als er vorhin kurz zu mir hochgeschaut hatte.
Nie im Leben würde ich diesen Abend begreifen, der damit angefangen hatte, dass mich ausgerechnet derjenige verletzt hatte, den ich liebte. Und an dem sich später meine besten Freunde für mich starkgemacht hatten,obwohl ich sie nach dem Basketballspiel so verletzend behandelt hatte.
Zack hatte zu meinem Fenster hochgeguckt, als hätte er erwartet, mich dort zu sehen. Als wäre ihm vollkommen klar, dass ich ihm zusah, während er Cole verprügelte. Als hätte er nicht nur Cole warnen wollen, sondern auch mich. Wenn es sein musste, hatte er keine Angst davor, sich mit Cole anzulegen – ob mir das nun passte oder nicht.
Aber noch etwas anderes hatte in seinem Blick gelegen. Dieser Blick hatte mich spüren lassen, dass Zack niemals untätig zusehen würde, wie Cole mich fertigmachte. Dass er immer auf mich aufgepasst hatte und jetzt nicht damit aufhören würde.
Vielleicht war ich doch nicht so allein, wie ich gedacht hatte. Vielleicht wurde es Zeit, endlich die Wahrheit zu sagen.
Kapitel 34
»Zeig mal«, sagte Bethany, als ich mich neben sie setzte. Heute war die Premiere von Zacks Musical
,
und weil ich kurz vorher noch einen Zahnarzttermin gehabt hatte, konnte ich Bethany erst drinnen treffen. Das Gemeindezentrum war brechend voll. Ich war aufgeregt wegen Zacks Auftritt, obwohl mir klar war, dass er selbst in diesem Augenblick garantiert hinter der Bühne herumhampelte und Blödsinn machte, als wäre gar nichts dabei.
Ich lächelte breit, um Bethany meinen frisch überkronten Zahn vorzuführen.
»Sehr hübsch«, sagte sie. »Hat’s wehgetan?«
»Nur auf dem Hinweg«, sagte ich, schloss die Lippen und fuhr mit der Zunge über die Schneidezähne, damit kein Lippenstift kleben blieb. Dann durchwühlte ich meine Tasche nach einem Spiegel.
»Große Strafpredigt, was?«
Ich nickte. »Genau.« Ich fand meinen Spiegel, hielt ihn ins Licht und betrachtete mich prüfend. Meine Nase, meine Lippen und das Kinn waren längst geheilt. Nur ein paar blasse Narben waren zurückgeblieben, die ich größtenteils mit Make-up verdecken konnte. »Ich kann’s mir nicht leisten, dir jedes Mal neue Zähne zu kaufen, wenn’s dich juckt, irgendwelchen Blödsinn zu treiben«,imitierte ich die ruppige Stimme meines Vater. »Ich war echt kurz davor, ihm zu sagen, das bräuchte er auch nicht, ich könnte ja das Provisorium behalten. Ich hab mich sowieso dran gewöhnt. Dieser neue Zahn fühlt sich zu groß für meinen Mund an.«
In Gedanken hörte ich die Unterhaltung zwischen Dad und mir auf dem Weg zum Zahnarzt noch mal. Es war nicht nur eine Strafpredigt gewesen.
»Dieser Typ hat dir schon wieder Rosen aufs Auto gelegt«, hatte Dad gesagt. Die Frage, die darin lag, blieb unausgesprochen zwischen uns stehen.
»Ja«, antwortete ich vage. Ich wusste nicht, was ich sonst hätte sagen können.
»Ist es ernst?«, fragte er.
Ich zuckte mit den Schultern. Diese Frage konnte ich unmöglich beantworten. Ich wusste nicht, wie es
Weitere Kostenlose Bücher