Bitter Love
Opfer wären umsonst gewesen und ich bekäme am Ende nichts dafür.
Nach zwei Tagen »Darmgrippe« ging ich schließlich wieder zur Schule. Es war ein Freitag und ich hatte furchtbar viel Arbeit aufzuholen, außerdem musste ich dauernd mein Make-up prüfen und mein Gesicht neu pudern, darum hatte ich kaum Zeit für Cole, von Bethany und Zack ganz zu schweigen.
Aber als ich vor der letzten Stunde ins Lernlabor kam, saß Zack an dem Tisch, an dem er früher immer gesessen hatte, als ich noch seine Tutorin gewesen war.
»Hallo«, sagte ich, wobei meine Finger reflexhaft hoch zu meinem Wangenknochen wanderten. Als mir einfiel, dass ich nicht aus Versehen die Schminke abwischen durfte, berührte ich stattdessen meine Halskette. »Was machst du denn hier?«
»Hallo zurück!«, sagte er und ließ einen Zahnstocher von einem Mundwinkel zum anderen wandern, während ich meinen Rucksack auf den Tisch warf und mein Notizbuch herausholte. »Wie wir sehen, ist diese Frau derart beschäftigt, dass ihre Freunde einen Grund brauchen, wenn sie mit ihr reden wollen.« Er tat, als spräche er in ein Mikrofon. »Erzählen Sie mal, Miss Bradford, wie ist das, wenn man dauernd irgendwelchen Paparazzi ausweichen muss? Ich habe übrigens das Duschfoto in der neuesten Ausgabe von
Glamour
gesehen. Ihre, äh … Duschhaube sah wirklich umwerfend aus. Ich hab sie stundenlang angestarrt.« Jetzt hielt er mir das imaginäre Mikrofon hin. Ich lachte.
»Nein, ich freu mich doch, wenn ich dich sehe, Zack«, sagte ich. »Nur … solltest du nicht gerade bei Amanda sein?«
»Na ja«, sagte er, »wie sich rausgestellt hat, stehtAmanda in Englisch selbst ziemlich auf der Kippe. Große Aufregung! Also hat Mrs Moody alles umgebaut. Amanda muss jetzt Stillarbeit machen, du kriegst mich und der große Meister geht ab heute zu Jackie Rentz.«
»Nenn ihn nicht so«, murmelte ich, schlug mein Notizbuch auf und setzte mich.
»Stimmt was nicht mit deinem Auge?«, fragte er, anscheinend ohne Zusammenhang. »Sieht geschwollen aus. Die Krankheit muss dich ja ziemlich erwischt haben. Celia meinte, du wärst kaum aus dem Zimmer gekommen.«
Ich stützte meine Stirn in die Hand, blickte nach unten und bemühte mich, Zack möglichst wenig von meinen Augen und meinen Wangen zu zeigen. »Celia ist schlimmer als jeder Paparazzo«, sagte ich. »Also, um was geht’s gerade bei dir?«
Wieder hielt er mir das imaginäre Mikrofon vors Gesicht. »Darf ich Ihren letzten Satz zitieren?«, fragte er mit Fernsehmoderatorenstimme. Als ich keine Antwort gab, nestelte er an seinem Kragen herum. »Oje, ein schwieriges Publikum heute. Ich kann mich da an ein Mädchen erinnern, sie hieß Alex Bradford. Früher hat sie noch ab und zu über meine Witze gelacht, wirklich wahr.« Er zog ein zerknicktes Blatt aus seinem Rucksack. »Wortschatztest«, erklärte er. »Schon am Montag.«
Ich fand es furchtbar, wie ernst seine Stimme auf einmal klang, überhaupt nicht nach Zack, aber es ging einfach nicht anders. Dieses Pseudo-Geflirte musste ein Ende haben. Auch wenn mir selbst absolut klar war, dass dieser Ton nichts weiter zu bedeuten hatte, provozierte er immer wieder Streitereien zwischen mir und Cole. Ich musste alles tun, um zu verhindern, dass sich zwischenuns wieder irgendwas aufschaukelte und außer Kontrolle geriet. Coles Laune war schwer vorhersehbar und manche seiner Stimmungswechsel konnte ich überhaupt nicht nachvollziehen. Doch wegen seiner Eifersucht auf Zack konnte ich ihm kaum Vorwürfe machen. Zacks Späße hatten wirklich immer diesen zweideutigen Unterton und ich hatte ihn lange sogar noch angestachelt, wahrscheinlich weil mir die Aufmerksamkeit guttat. Aber jetzt wollte ich das nicht mehr. Ich konnte es nicht mehr wollen, denn wenn ich es wollte, sah es für Cole so aus, als würde ich
ihn nicht
wollen.
Also machten wir erst Wortschatzübungen und dann half ich Zack, einen Aufsatz zu überarbeiten, den er demnächst abgeben musste. Die ganze Zeit über blickte ich auf die Tischplatte, damit Zack mein Gesicht nicht sah.
Als wir gerade unsere Sachen packen wollten, öffnete sich auf einmal die Tür und Cole stürmte herein.
Automatisch verkrampfte sich mein Magen und mein Herz klopfte rasend schnell. Cole und Zack in einem Raum miteinander, das hatte noch immer Ärger gegeben. Und Ärger konnte ich überhaupt nicht brauchen an meinem ersten Tag zurück in der Schule – einem Tag, an dem ich die ganze Zeit mein blaues Auge hatte verstecken
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