Bitter Love
geben.
Aber nach einer Weile schien es, als hätten Shanninund Celia diesen brennenden Schmerz einfach vergessen. Und weil ich nicht in ihre Welt passte, die perfekt sein sollte, obwohl ihr so viel fehlte, begannen sie, auf mir herumzuhacken.
Mir war klar, dass Celia mich nicht hasste. Aber meistens fühlte es sich trotzdem so an.
Nach ein paar Minuten hörte ich Dad in seinen schweren Stiefeln den Gang entlangkommen. Schnell prüfte ich, ob meine Haare und das Kissen mein blaues Auge wirklich ganz und gar verdeckten. Ich zog die Decke bis hoch zum heilen Teil meines Gesichts und rollte mich zusammen, schlang die Arme um die Knie und bemühte mich, so zu zittern, dass es nicht gleich auf den ersten Blick gespielt wirkte.
»Celia sagt, du bist krank.« Dad blieb mit hängenden Armen an der Tür stehen.
Ich nickte und hustete ein bisschen.
»Ich hab angerufen, in der Schule und bei der Arbeit.«
»Danke«, krächzte ich.
»Aber bei dir bleiben kann ich nicht«, meinte er unsicher. Das hätte ich auch nie erwartet, denn seit Shannin alt genug zum Babysitten gewesen war, hatte er das sowieso nicht mehr getan.
»Schon okay«, sagte ich, bemüht, meine Stimme schwach klingen zu lassen.
»Na dann«, sagte er und beäugte mich. Ich drückte meine wehe Wange noch fester ins Kissen, nur für den Fall, dass vor lauter Krankheitsgetue doch etwas sichtbar geworden war. »Also, wenn du irgendwas brauchst …« Doch seine Stimme verklang und ich wusste nicht, ob das eine Frage oder eine Feststellung gewesen sein sollte.Er klopfte zweimal gegen den Türrahmen und war schon so gut wie weg, dann überlegte er es sich anders und drehte sich noch mal zu mir um. »Als ich dort angerufen hab … die Frau, mit der du da arbeitest – sie hat gesagt, ich müsste im Moment besonders gut auf dich aufpassen. Sie meint, du wärst vielleicht in Schwierigkeiten oder so.«
Beinahe hätte ich vergessen, mein Gesicht ins Kissen zu drücken, und mich aufrecht hingesetzt. Georgia! Sie hatte hinter meinem Rücken mit meinem Vater geredet. Wie konnte sie das nur tun?
Ich schüttelte vorsichtig den Kopf. »Sie wird gemeint haben, dass es gerade Stress mit dem Besitzer gibt, weiter nichts. Und das betrifft alle, die da arbeiten. Ich steck jedenfalls nicht in Schwierigkeiten.«
»Sicher?«, fragte er.
»Ich bin nicht schwanger, Dad. Ich hab nur einen Virus erwischt.«
Er scharrte mit dem Stiefel auf dem Parkett hin und her und blickte zum Glück nach unten statt in mein zerschundenes Gesicht. Jetzt zitterte ich wirklich. Und zwar vor Wut auf Georgia, die sich so dreist in meine Angelegenheiten mischte. Wenn mich mein Aussehen nicht daran gehindert hätte, wäre ich auf der Stelle zu ihr gegangen und hätte sie zur Rede gestellt. Dazu hatte sie kein Recht.
»Du weißt ja, was deine Mutter von so was gehalten hätte«, sagte er und ich nickte, obwohl mir die Meinung meiner Mutter zu egal welchem Thema auf der Welt absolut unklar war. Falls sie überhaupt je irgendwas zu mir gesagt hatte, konnte ich mich nicht daran erinnern. Ichwünschte mir inständig, Dad würde wenigstens dieses eine Mal darauf verzichten, so zu tun, als wüsste ich, was meine Mutter gedacht hätte, und endlich begreifen, dass ich nicht die geringste Vorstellung davon hatte.
Er stapfte jetzt durch den Gang davon. Ein paar Minuten später hörte ich ihn unten mit Celia reden, während die beiden das Haus verließen, und konnte mich endlich entspannen.
Ich ging duschen. Das heiße Wasser, das über mein Auge lief, fühlte sich himmlisch an. Danach zog ich mich an und schnappte mir eine Tüte mit gefrorenen Erbsen. Den restlichen Tag hockte ich gegen das Kopfteil gelehnt im Bett und hielt mir die Erbsen ans Gesicht, während im Fernsehen irgendwelche dämlichen Soaps und Talkshows vor sich hin flimmerten. In meinem Hirn rasten die Gedanken. Ich versuchte zu begreifen, was am Vorabend passiert war, und nachzuvollziehen, was Cole dieses Mal in Rage versetzt hatte.
Aber das schaffte ich nicht. Ich verstand nicht, warum Basketball so megawichtig für ihn war. Ich verstand nicht, warum ihn seine Eltern dermaßen stressten, ich verstand nicht, warum er sich so in seine Eifersucht auf Zack hineinsteigerte, ich verstand seine plötzlichen Stimmungswechsel nicht und noch viel weniger verstand ich, warum er mich so wüst beschimpfen und kleinmachen musste. Ich verstand nicht, warum er ausrastete.
Ich verstand nicht, wie er mich hatte schlagen können, nicht nur
Weitere Kostenlose Bücher