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Bitter Süsse Tode

Titel: Bitter Süsse Tode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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Nur euer freundlicher Animator aus der Nachbarschaft, Leute, nichts, worüber man sich aufzuregen braucht. Der Vampir starrte mich unentwegt an.
    Plötzlich stand Jean-Claude neben mir, und ich hatte ihn nicht kommen sehen. »Geht es Ihnen gut, Anita?«
    Seine Stimme sprach von Dingen, die seine Worte nicht einmal andeuteten. Flüsternde Verheißungen in verdunkelten Zimmern unter kühlen Laken. Er saugte mich ein, mein Verstand wälzte sich am Boden wie ein Wermutpenner, der Kleingeld aufklaubt, und es fühlte sich gut an. Dann krachte, kreischte, donnerte es durch meinen Kopf, ich trieb den Vampir hinaus, hielt ihn auf Abstand.
    Mein Piepser hatte eingesetzt. Ich blinzelte und wankte gegen unseren Tisch. Jean-Claude griff nach mir, um mich zu stützen. »Fassen Sie mich nicht an«, sagte ich.
    Er lächelte. »Natürlich.«
    Ich drückte den Knopf an meinem Piepser, um ihn zum Schweigen zu bringen. Gott sei Dank, dass ich das Gerät am Handgelenk hatte und nicht in der Handtasche. Sonst hätte ich es nie gehört. Von dem Apparat an der Bar rief ich an. Die Polizei brauchte mein Gutachten auf dem Hillcrest-Friedhof. Ich würde die ganze Nacht arbeiten. Hurra, und diesmal ernsthaft.
    Ich bot Catherine an, sie mitzunehmen, aber sie wollte bleiben. Man konnte über Vampire sagen, was man wollte, sie waren faszinierend. Das gehörte zur Stellenbeschreibung, etwa wie Blut trinken und nachts arbeiten. Es war ihre Entscheidung.
    Ich versprach, rechtzeitig zurückzukommen, um sie nach Hause zu fahren. Dann holte ich mir mein Kreuz bei der Garderobiere ab und ließ es in meine Bluse gleiten.
    Jean-Claude stand an der Tür. Er sagte: »Fast hätte ich Sie gehabt, meine kleine Lebensspenderin.«
    Ich schaute in sein Gesicht und schnell wieder weg. »Fast zählt nicht, Sie blutsaugender Bastard.«
    Jean-Claude warf den Kopf in den Nacken und lachte. Sein Lachen verfolgte mich in die Nacht hinaus, es war wie Samt, der mir den Rücken hinunterglitt.

5. Kapitel
    Der Sarg lag auf der Seite. Krallenspuren verliefen wie weiße Narben auf dem dunklen Lack. Die hellblaue Fütterung, Kunstseide, war zerrissen und zerstochen. Ein blutiger Handabdruck war deutlich zu sehen; er hätte fast von einem Menschen stammen können. Von der schon älteren Leiche war nichts weiter als ein zerrissener brauner Anzug, ein sauber abgenagter Fingerknochen und ein Stück von der Kopfhaut übrig. Der Mann war blond gewesen.
    Eine zweite Leiche lag etwa fünf Schritte entfernt. Seine Kleidung war zerfetzt. Die Brust aufgerissen, die Rippen zerbrochen wie Eierschalen. Die meisten inneren Organe waren verschwunden, hatten den Körper wie einen ausgehöhlten Baumstamm zurückgelassen. Nur das Gesicht war unversehrt. Helle Augen starrten weit aufgerissen in die Sternbilder des Sommers hinauf.
    Ich war froh, dass es dunkel war. Ich kann zwar nachts gut sehen, aber die Dunkelheit nimmt die Farben fort. Alles Blut war schwarz. Die Leiche verschwamm in der Dunkelheit unter den Bäumen. Ich brauchte sie nicht direkt anzusehen, außer ich ging eigens zu ihr hin. Das hatte ich getan. Ich hatte die Bissspuren mit meinem treuen Bandmaß gemessen. Mit meinen kleinen Plastikhandschuhen hatte ich die Leiche untersucht, nach Spuren. Es gab keine.
    Ich konnte mit dem Tatort anstellen, was ich wollte. Er war bereits gefilmt und aus allen Winkeln fotografiert worden. Ich war immer der letzte »Experte«, der gerufen wurde. Die Ambulanz wartete darauf, die Leiche mitzunehmen, sobald ich fertig war.
    Ich war fast fertig. Ich wusste, was den Mann umgebracht hatte. Ghule. Ich hatte die Suche auf eine bestimmte Art von Untoten eingeengt. Gratulation. Der Pathologe hätte ihnen das auch sagen können.
    Ich begann in dem Overall zu schwitzen, den ich über meiner Kleidung trug. Er war ursprünglich für das Pfählen von Vampiren gedacht, aber ich trug ihn mittlerweile an jedem Tatort. Da waren schwarze Flecke an den Knien und entlang den Beinen. Es war so viel Blut im Gras gewesen. Danke, lieber Gott, dass ich das nicht bei hellem Tageslicht sehen musste.
    Ich weiß nicht, warum es schlimmer ist, so etwas bei Tag zu sehen, aber ich träume eher schlecht von einem Tatort bei Tageslicht. Das Blut ist immer so rot und braun und dick.
    Die Nacht dämpft, macht es weniger wirklich. Schätze ich. Ich zog mir den Reißverschluss ein Stück auf und ließ den Overall offen stehen. Der Wind wehte erstaunlich kalt. Es roch nach Regen. Ein neuer Gewittersturm zog auf.
    Das gelbe Absperrband

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