Bitter Süsse Tode
Wagen, einen Arm auf dem Dach, einen auf der Tür. »Jetzt beantworten Sie mir meine Frage. Würden Sie Monica wirklich das Herz rausschneiden, damit sie nicht als Vampir wiederkehren kann?«
Ich blickte in die Finsternis der Brillengläser und sagte: »Ja.«
»Erinnern Sie mich daran, dass ich Sie niemals richtig wütend mache.« Er seufzte tief. »Sie werden heute Abend etwas tragen müssen, das Ihre Narben zur Geltung bringt. Kaufen Sie sich was, wenn Sie nichts haben.« Er zögerte, dann fragte er: »Sind Sie als Freund so gut wie als Feind?«
Ich atmete tief ein und langsam wieder aus. Was sollte ich sagen? »Sie wollen mich nicht zum Feind, Philip. Ich gebe einen viel besseren Freund ab.«
»Ja, darauf wette ich.« Er schlug die Tür zu und ging die Stufen zum Club hinauf. Er klopfte, und kurz darauf wurde ihm geöffnet. Ich erhielt einen kurzen Blick auf eine bleiche Gestalt. Das konnte kein Vampir sein, oder? Die Tür schloss sich, bevor ich noch mehr sehen konnte. Vampire konnten nicht ans Tageslicht gehen. Das war ein Gesetz. Aber bis zur vergangenen Nacht hatte ich auch geglaubt, dass Vampire nicht fliegen können. So viel zu meinen Kenntnissen.
Wer immer das gewesen war, er hatte mit Philip gerechnet. Ich zog vom Bordstein weg. Warum hatten sie ihn mit seiner koketten Veranlagung geschickt? Damit er mich einwickelte? Oder war er der einzige Mensch, den sie auf die Schnelle kriegen konnten? Das einzige tageslichttaugliche Mitglied ihres kleinen Clubs. Abgesehen von Monica. Und auf die war ich gerade nicht gut zu sprechen. Das passte mir prächtig.
Ich glaubte nicht, dass Philip hinsichtlich der Partys log, aber was wusste ich schon über ihn. Er strippte im Guilty Pleasures, nicht gerade ein Empfehlungsschreiben. Er war ein Vampirjunkie, noch besser. Waren die Schmerzen Schauspielerei? Lockte er mich irgendwohin wie Monica?
Ich wusste es nicht. Aber ich musste es herausfinden. Es gab einen Ort, der die Antworten vielleicht bereithielt. Der einzige Ort im Bezirk, wo ich wirklich willkommen war. Dead Dave's, eine nette Kneipe, wo man ekelhafte Hamburger servierte. Der Besitzer war ein Ex-Cop, den man aus der Truppe rausgeworfen hatte, weil er tot war. Ziemlich pingelig. Dave war gern behilflich, aber er nahm seinen früheren Kameraden die Voreingenommenheit übel. Darum redete er mit mir. Und ich redete mit der Polizei. Es war ein nettes Arrangement, mit dem Dave bei seinem Zorn bleiben und ihnen trotzdem behilflich sein konnte.
Das machte mich bei der Polizei nahezu unersetzlich.
Da ich auf Honorarbasis arbeitete, freute sich Bert kringelig.
Da es Tag war, war Dead Dave in seinem Sarg verstaut, aber Luther würde da sein. Luther war der Geschäftsführer und Barkellner für tagsüber. Er war einer der wenigen Leute im Bezirk, die nicht viel mit Vampiren zu tun hatten, außer dem Umstand, dass er für einen arbeitete. Das Leben ist nie vollkommen.
Ich fand tatsächlich einen Parkplatz in der Nähe. Am Tag ist das Parken im Bezirk viel einfacher. Als das Hafenviertel noch von den Menschen betrieben wurde, gab es am Wochenende nie Parkplätze, weder am Tag noch in der Nacht. Das war einer der Vorteile der neuen Vampirgesetze. Das und der Tourismus.
St. Louis war für Vampirbeobachter wirklich eine heiße Sache. Höchstens in New York bekamen sie mehr zu sehen, aber wir hatten die geringere Verbrechensrate. Da gab es eine Gang in New York, die komplett zu Vampiren geworden war. Sie hatten sich schon in Los Angeles breit gemacht und versucht, sich auch hier niederzulassen. Die Polizei fand dann die ersten neuen Mitglieder in mundgerechte Stücke zerteilt.
Unsere Vampirgemeinde ist stolz darauf, völlig gemäßigt zu erscheinen. Eine Vampirgang wäre schlechte Publicity, also passen sie auf. Ich bewunderte ihre Tüchtigkeit, wünschte aber, sie hätten es anders gemacht. Ich hatte wochenlang Albträume von blutenden Mauern und zerstückelten Armen, die über den Boden krochen. Die Köpfe haben wir nie gefunden.
22. Kapitel
Das Dead Dave's hat viel dunkles Glas und leuchtende Bierreklame. Bei Nacht sehen die Frontfenster aus wie moderne Kunst mit Markennamen. Bei Tageslicht ist alles gedämpft. Bars sind gewissermaßen wie Vampire sie kommen erst bei Dunkelheit auf Touren. Am Tage haben sie etwas Müdes, Versonnenes an sich.
Die Klimaanlage lief auf Hochtouren, man fühlte sich wie im Gefrierfach. Nach der sengenden Hitze draußen fast ein Schock. Ich stand in der Tür und gewöhnte mich langsam
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