Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bittere Delikatessen

Bittere Delikatessen

Titel: Bittere Delikatessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
Vom Netzwerk:
orientierte sich. Karateklub, Fotostudio, darüber die erleuchteten Fenster des Lofts. Sie standen offen, und die Musik war laut.
    It's hard for me to say what's right if all I wanna do is wrong.
    Der Eingang zum Hinterhaus war unverschlossen. Er eilte die Treppe empor. Auf dem Absatz des zweiten Stocks stolperte er über eine Mülltüte und schlug hin. Fast wäre er mit dem Kopf gegen die Tür geknallt, aus der gerade der Refrain des Stückes drang.
    Twenty three positions in a one-night stand.
    Ruhig bleiben. Nicht nervös werden, nur weil für tausend Eier der Job auf dem Spiel steht. Er sah, dass er nicht allein vor der Tür stand. Zwei Katzenaugen glimmerten ihn an. Das Tier begann, um seine Beine zu streichen, doch er hatte keinen Schlüssel.
    In the pantry on the shelf I guarantee you won't be bored.
    Ein einfaches Sicherheitsschloss, für sein Werkzeug kein großes Hindernis. Als es aufschnappte, zog er die P6 und gab der Tür einen Tritt. Das Licht blendete ihn. In voller Lautstärke brandete der harte Rhythmus entgegen: GET OFF.
    Sie waren noch bei Position eins gewesen: Fummeln und Knutschen. Fassungslos starrten sie ihn an. Die Katze lief durch den großen Raum zum Fressnapf. Der Junge riss die Hände hoch. Strähniges Haar verdeckte seine Gesichtszüge zum Teil. Das Mädchen flennte. Ein Strohhalm lag auf dem Tisch, ein Spiegel mit Resten des weißen Pulvers. Daneben ein Tütchen, vielleicht zehn Gramm. Ein Blick genügte, um zu sehen, dass beide unbewaffnet waren. Sie trug nur einen Slip, er nur Socken, seine Erregung schrumpelte dahin. Sie waren beide kaum über zwanzig. Ben schaltete die Musik ab und warf dem Jungen Slip und T-Shirt zu.
    »Wo ist das Telefon?«
    Das Mädchen weinte lauter und zeigte nach hinten. Ben fesselte die beiden mit seinem Fangeisen aneinander und verständigte die Jungs vom nächsten Revier. Dann gab er der Katze Futter.
    Es dauerte keine drei Minuten. Die zwei Uniformierten pfiffen leise durch die Zähne, als sie das Mädchen sahen. Beim Hinunterführen begann sie, Widerstand zu leisten. Sie trat und spuckte. Ben hielt ihren Arm fest umschlossen.
    Als sie auf den Hinterhof traten, zerriss das Blitzlicht den Dämmer. Einmal. Zweimal. Dreimal.
    »Smile!«, rief Vogel und knipste weiter. »Smile!« Ben ließ ihm den Spaß. Vogel war in seinem Element, und das hieß Dreck.
    Das Mädchen begann sich erneut zu wehren. Ben warf ihr das Sommerkleidchen zu, das auf dem Telefon gelegen hatte.
     
     
    19.
     
    Das Notorious war jetzt voller geworden. Es war die Zeit, da die Biergärten wegen der Nachtruhe schließen mussten. Die meisten waren jünger als Ben, schwarz gekleidet und Raucher.
    Ben ging an den Tresen und bestellte sein Pellegrino. George spielte noch immer Pop, ein guter Rhythmus. Eine alte Nummer, die Ben ebenfalls erkannte: Why did you do it?
    Eine Leiche, eine Frau, ein Tausend-Mark-Job. Ben versuchte, Ordnung in seine Gedanken zu bringen – vergeblich. Er kippte das Wasser auf einen Zug. Als er sich dabei ertappte, wie er die Schnapsflaschen hinter dem Barmann musterte, legte er Kleingeld neben das Glas und ging nach draußen.
    Es war erst jetzt richtig dunkel geworden. Sein Auto hatte Ben zwei Blocks entfernt geparkt. Er war alles andere als müde und beschloss, einen Gang durch das Viertel zu machen. Die schlecht beleuchtete Straße war menschenleer. Bleierne Hitze lag über der nächtlichen Stadt und schien sie zu einer Brutstätte des Wahnsinns zu machen. Unruhig strich Ben umher.
    Der nahe Rhein ließ die Luft nach Algen und Moder riechen. Ben lauschte den Geräuschen. In den dünnen Alleebäumen zwitscherten ein paar Vögel, die auch keine Ruhe fanden. Aus dem Inneren des Hafengeländes drang das stete Brummen der Getreidemühlen.
    Nach und nach erloschen die Lichter in den grauen Häusern, und die Stimmen, die aus den Eckkneipen schallten, wurden weniger. Ben sah ein paar schwankende Gestalten auf ihrem Heimweg und das bläuliche Hackern der Fernsehgeräte in den Wohnzimmern. Aus einer Wohnung im Erdgeschoss drang Musik. Guns 'n' Roses.
    Er kannte das Viertel seit der Zeit, als er hier Streifendienst gemacht hatte. Damals war er Hauptwachtmeister gewesen und hatte auf das Ticket nach Münster gewartet, wie sie eine günstige Eignungsbeurteilung durch den Vorgesetzten nannten. In Münster fand der Auswahllehrgang statt, der an die Verwaltungshochschule führte. Und deren erfolgreicher Abschluss war Voraussetzung für die Beförderung zum Kommissar. Er hatte

Weitere Kostenlose Bücher