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Bittere Delikatessen

Bittere Delikatessen

Titel: Bittere Delikatessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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hatte die junge Witwe keinen anderen Mann mehr angesehen. Unglaublich. Ihre ganze Wohnung hing voller Fotos des Toten. Tom ging nur hin, wenn er unbedingt musste.
    Der Alte kramte weiter in den Erinnerungen an seinen Lieblingssohn. Tom widmete sich den Steaks und Würsten. Er bekämpfte die aufkommende Übelkeit. Es würde vorbeigehen. Nur einmal hatte er sich mit seinem Vater angelegt. Es hatte damit begonnen, dass Tom sagte, Michael sei nur deshalb zur Polizei gegangen, um nicht zur Bundeswehr eingezogen zu werden. Es war zum Streit gekommen, und einen Monat lang hatten sie nicht miteinander gesprochen.
    Kindergeschrei. Gabi schritt ein und rettete Sohnemann vor Mariannes beiden schrecklichen Gören. Sie nahm Tobias auf den Arm und gab ihm den Schnuller. Rasch beruhigte er sich.
    Der Alte beugte sich über den Kleinen und strahlte: »Markantes Kinn, wache Augen. Ein echter Swoboda.« Gabi verdrehte die Augen. In diesem Punkt war sie mit Tom einer Meinung. Dann war das Fleisch endlich fertig.
    Nach dem Essen nahm der Alte Tom beiseite, eine Schnapsflasche mit zwei Gläsern in der Hand.
    »Du bist jetzt seit drei Wochen im K2, stimmt's?«
    »Ja, wieso?«
    »Wie kommst du zurecht?«
    »Ich kann mich nicht beklagen.«
    »Und Hauptkommissar Fröhlich?«
    »Mein Chef? Geht so. Im K2 nennt man ihn Weichei. Ich werde zusehen, dass ich so bald wie möglich ins K1 komme.«
    »Meine Güte, das K1! Du weißt, dass ich es lieber gesehen hätte, wenn du die Kommissarstelle im Schutzbereich zwei angenommen hättest. Oder noch besser, wenn du in die Verwaltung gegangen wärst. Du bist zu sensibel für die Kriminalpolizei.«
    »Bitte, lass das. Die Diskussion führt zu nichts.«
    Schon vor seiner Pensionierung hatte der Alte seine Energie in die Karriereplanung seiner Söhne gesetzt. Michael hatte er noch hochhieven können. Erst Kriminalkommissar beim K1/Tötungsdelikte, dann Kriminaloberkommissar beim K3/Betrug. Doch inzwischen war sein Einfluss geschwunden. Auf den Laden wie auf Tom.
    Trotzdem ließ der Alte nicht locker. »Über die Verwaltung kommst du viel schneller nach oben. Du kannst ins Ministerium gehen und schaffst es bis zum Ministerialrat. Oder du nimmst es als Sprungbrett und wirst Polizeipräsident. Warum nicht?«
    Alfred Swobodas Traum. Die Krönung von drei Generationen Polizeidienst. Die Wirklichkeit war alles andere als traumhaft. Der Vater hatte Studenten verprügelt, der Großvater Juden zum Abtransport eingesammelt. Der Alte füllte die Gläser. Tom versuchte, nicht laut zu werden.
    »Du selbst bist nicht in die Verwaltung gegangen, und Michael auch nicht. Zwing mich nicht, einen Traum zu verwirklichen! Ich gehe meinen Weg! Und das ist verdammt noch mal nicht ein Scheißsessel in der Scheißverwaltung!«
    Die Frauen unterbrachen ihre Unterhaltung und starrten Tom an.
    »Tommi, ich meine es doch nur gut. Ausgerechnet das K1! Ich glaube nicht, dass es dir dort gefallen würde. Wärst du denn bereit, einem Verdächtigen Belastungsmaterial unterzuschieben, wenn ein Chef wie Brauning es verlangt? Einen wehrlosen Festgenommenen zu verprügeln, bis er singt, weil ein scharfer Hund wie der Rottweiler es von dir will?«
    »Das sind doch Horrormärchen.«
    »Schön wär's. Ich sag nur: Michael war dort, und er hat es durchgestanden. Du bist nicht der Typ dafür.«
    Die Galle schoss in Tom hoch wie Öl aus einem geplatzten Rohr. »VATER! BITTE!«
    Die Frauen sahen zu Boden. Tobi begann zu weinen. Tom biss die Zähne zusammen.
    Der Alte lenkte ein. »Schon gut. Ich sehe, du hast deinen Willen. Ich will tun, was ich kann. Ich werde mit meinem alten Freund Clemens Sonntag sprechen, damit er ein Auge auf dich wirft.«
    Tom bemühte sich, leise zu bleiben. »Bitte, misch dich nicht ein. Bitte. Das schadet mir nur. Meine Kollegen glauben ohnehin schon, dass der Laden voller Freunde des alten Swoboda steckt, die mich protegieren. Lass den Kripochef aus dem Spiel. Bitte. Lass mich meinen Weg alleine gehen!«
    »Na, schön. Du hast zwar nicht den Mut und die Intelligenz deines Bruders, aber du machst es mit deiner Hartnäckigkeit wieder wett. Ich wünsche dir viel Glück.« Der Alte hob sein Glas. Tom spielte mit, und sie stießen an.
    Sein Bruder: Ein Drückeberger, faul, mit mehr Glück als Verstand. Bergwandern war sein ganzer Spaß gewesen, nicht die Familie, nicht der Polizeijob.
    Der Alte würde es nie begreifen.
     
     
    18.
     
    Plötzlich setzte die Musik ein.
    Ben stand im Dämmerlicht eines engen Hinterhofs und

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