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Bittere Delikatessen

Bittere Delikatessen

Titel: Bittere Delikatessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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alle Männer auf Fotos von nackten Mädchen ab?«
    »Spinnst du, Ria?«
    »Stimmt. Nicht alle. Du stehst mehr auf reifere Frauen.«
    »Schluss jetzt! Lass uns gehen.«
    Im Treppenhaus fiel Bens Blick auf das Türschild gegenüber. Geschwungene, lateinische Buchstaben auf Messing: J. Schmitz. Er drückte auf den Klingelknopf – keine Reaktion.
    »Der ist nicht da«, erklärte eine junge Frauenstimme. Ein Pärchen, bepackt mit Einkaufstüten, kam die Treppe emporgestiegen. »Wie sind Sie überhaupt ins Haus gekommen?«
    Ben antwortete: »Kriminalpolizei. Sie wohnen hier?«
    » Ich wohne hier, wieso?«, sagte das Mädchen. Ihr Misstrauen hatte nicht nachgelassen.
    »Valetta? Einen Stock höher?«, fragte Ben. Ria grinste.
    »Valetta Brunner, ja, wieso?«
    »Herr Fabian, Ihr Nachbar, wurde gestern Abend ermordet. Ich weiß, dass Sie zu Hause waren. Haben Sie irgendwas gehört oder gesehen?«
    »Ermordet? Der Fabian?«
    »Besucher? Streit?«
    »Nein«, sagte Valetta.
    »Doch«, mischte sich ihr Freund ein. »Kein Streit, aber ein Besucher. Als ich gestern Abend die Treppe hochging, kam mir ein Mann entgegen, dem ich hier noch nie begegnet bin. Das war so um sieben – oder, Valetta?«
    »Später, glaube ich«, sagte die Studentin zögernd.
    »Oder acht«, fuhr der Junge fort. Und dann beschrieb er ihn.
     
     
    9.
     
    »Wir arbeiten hier jeden Tag und rund um die Uhr. Unser Studio ist eines der drei größten in Deutschland. Und mit Abstand das produktivste«, sagte der Mann, der sich als Produktionsassistent vorgestellt hatte.
    Ben war froh, dass die lange Fahrt an den Stadtrand zu Ende war. Ihm war unbehaglich, wenn er mit Ria allein im Auto saß, und er hasste dieses Gefühl.
    »MMD arbeitet nicht nur für Pro-Sat. Aber das Watzmannhaus ist derzeit unser größter Auftrag. An jedem Drehtag produzieren wir eine Folge von knapp dreißig Minuten. Fünfundzwanzig Folgen hat die erste Staffel, und für die zweite haben wir mit Pro-Sat bereits eine Option unterzeichnet.«
    Sein Leinenjackett hatte Ben im Kadett zurückgelassen. Mit wehenden Locken schritt Ria über den Asphalt. Zwischen ihnen ging der Produktionsassistent. Er redete wie ein Wasserfall und lobte seine Firma, als habe er es mit Kunden aus der Fernsehbranche und nicht mit Polizisten zu tun.
    »So eine Daily Soap ist wie ein Kreuzfahrtschiff, das man auf Kurs halten muss. Man weiß, wo es an Land gehen soll, und diese Punkte muss man präzise und pünktlich ansteuern. Tag für Tag.«
    Sie hatten das Studiogelände nicht gleich gefunden. Für eine Traumfabrik lag es recht unidyllisch in einem Gewerbegebiet zwischen Möbelmarkt und Schlachthof. Irgendwo dahinter vermutete Ben den Rhein. Das Schild hätten sie beinahe übersehen. MMD. Weiß der Himmel, wofür das stand.
    Erst vor wenigen Monaten hatte sich die Produktionsgesellschaft hier niedergelassen. Presse und Lokalpolitik hatten die Entscheidung als erfolgreiche Standortpolitik gefeiert und als Imagegewinn im Vergleich zur ewig rivalisierenden Nachbarstadt stromaufwärts. Auch der Sender Pro-Sat hatte hier einige Büros angemietet. Weiß der Teufel, wie viel an Subventionen das den Stadtkämmerer gekostet hatte.
    »Letzte Woche haben wir in den österreichischen Alpen mit den Außenaufnahmen begonnen. Seit Samstag drehen wir parallel hier. In dieser Halle entsteht die Indoor-Location für das Watzmannhaus. Zwanzig Sets auf insgesamt 1700 Quadratmetern Studiofläche. Es wird die größte Daily, die es jemals im deutschen Fernsehen gab. Ein Riesenaufgebot an richtig großen Stars. Das Starprinzip ist unser selling point. Nora Fabian wird nur einer von vielen klangvollen Namen sein, wenn auch der wichtigste. Und dabei sind die Kosten revolutionär niedrig. Ein Controller-Team überwacht die Produktion. Alles nur eine Frage des Managements.«
    Der Assistent sagte »Lokäschen« und »Prodakschen«. Er trug Zweireiher, bunte Fliege und einen Brilli im Ohr. Sie näherten sich einem Gebäude, dessen Tore weit aufstanden. Menschen gingen geschäftig ein und aus, ein Gabelstapler brachte Kisten, Ben hörte Baulärm.
    Drinnen war es noch heißer als vor dem Tor. Es roch nach Lack, Staub und Ozon. Brilli-Boy stolperte über ein Kabelgewirr und warnte: »Vorsicht.« Dann zückte er ein Mobiltelefon und wählte. »Einen Moment, bitte.«
    Die Halle war so groß, dass man glauben konnte, im Freien zu stehen, solange man nicht nach oben sah. Hoch unter dem Dach überspannte ein Stahlgerüst fast die gesamte Konstruktion,

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