Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bittere Mandeln

Bittere Mandeln

Titel: Bittere Mandeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata
Vom Netzwerk:
angewachsen war. Ein junger Lieferant mit blond gefärbten Haaren und Ohrring lud gerade Kisten mit Sake und Bier aus.
    »Wollen Sie nicht hierbleiben und servieren helfen?« fragte ihn Natsumi mit traurigem Gesicht und gewährte ihm einen Blick in ihren Ausschnitt, als sie sich bückte, um ihm zu helfen.
    »T-tut mir leid, aber das ist nicht möglich. Ich bin im Dienst«, stammelte der Lieferant.
    »Sie werden auch gut bezahlt«, schnurrte Natsumi. »Wenn’s nur darum geht, Ihren Chef anzurufen – das mache ich gern.«
    »Na ja … vielleicht, jedenfalls eine Weile.« Der Mann trat hinter den Tisch und öffnete eine Flasche.
    Gut gemacht, Natsumi. Ich bedachte sie mit einem anerkennenden Blick, den sie nicht wahrzunehmen schien. Vermutlich war sie mir immer noch gram wegen ihres Besuches bei mir. Also beschloß ich, mich auf ihren Bruder zu konzentrieren. »Es klappt schon alles«, sagte ich. »Begrüß einfach deine Gäste und versuch, dich zu entspannen, damit du im Lauf der nächsten Stunde eine gute Rede halten kannst.«
    »Bitte geh nicht!« sagte Takeo und packte mich am Arm, als ich mich entfernen wollte.
    »Ich suche nur ein Telefon. Gibt’s hier irgendwo noch einen Apparat, wo ich ungestörter telefonieren kann als hier?«
    »Ja, oben. Wir haben in jedem Schlafzimmer einen Apparat.«
    Als Takeo und ich nach oben gingen, mußten wir an Tante Norie vorbei, die zusammen mit ihrer Freundin Eriko im Flur stand. Eriko lächelte mich an, doch meine Tante wäre mir wohl am liebsten an die Gurgel gesprungen.
    »Rei -chan, hast du vergessen, was ich dir gesagt habe?« Norie tat gerade so, als habe ich vor, mit Takeo auf einen Quickie nach oben zu verschwinden.
    »Ich will nur jemanden anrufen«, sagte ich und ging weiter, bevor ihr ein Grund einfiel, mich aufzuhalten.
    Takeo führte mich in ein hübsches kleines Zimmer mit zwei freigelegten Steinwänden und einem Kamin, was in Japan sehr selten war. Ich wußte, daß es sich um sein Zimmer handelte, weil auf dem Boden überall Zeitschriften herumlagen, die mit Umweltschutz zu tun hatten. Eine Schriftrolle, die aussah, als stamme sie von seiner Mutter, hing in einer Nische über einer Vase mit Bittersüßen Nachtschatten.
    »Um der Schicklichkeit willen sollte ich vielleicht lieber von einem anderen Zimmer aus telefonieren«, schlug ich vor.
    »Ach, darüber macht deine Tante sich also Gedanken«, sagte Takeo. »Sie glaubt, ich bin wie mein Vater.«
    Ich nickte ein wenig verlegen, weil ich ja inzwischen wußte, wie Takeos Vater tatsächlich war.
    »Du glaubst das also auch.« Takeo klang bitter. »Deshalb bist du neulich abend weggelaufen. Du hältst mich für einen Schürzenjäger.«
    »Laß mich jetzt bitte anrufen.« Ich wußte, daß das ziemlich rüde klang, aber im Augenblick hatte ich einfach keine Zeit, mich mit meinen verworrenen Gefühlen für Takeo auseinanderzusetzen. Also wandte ich ihm den Rücken zu und nahm den Hörer ab. Als ich die Privatnummer von Lieutenant Hata gewählt hatte, war Takeo schon aus dem Zimmer.

    »Sie rufen mich am Sonntag an, am einzigen Tag der Woche, an dem ich nicht arbeiten muß?« brummte Lieutenant Hata.
    »Nun, Notfälle ereignen sich nicht nur unter der Woche«, flüsterte ich. »Glauben Sie, Sie könnten zum Kirschblütenfest der Kayamas kommen? Es ist auf Izu, und ich kann Ihnen leider keine genaue Wegbeschreibung geben, aber vielleicht kann Ihnen ein Kollege behilflich sein, das Anwesen der Kayamas zu finden.«
    »Das ist das zweite Problem, Miss Shimura. Mein Revier ist Roppongi, nicht die Wildnis der Halbinsel Izu.«
    »Bitte! Es ist wichtig.«
    Lieutenant Hata hörte mir zu, als ich ihm die Sache mit der Überraschungsparty erklärte, die meiner Meinung nach von der Stop-Killing-Flowers-Gruppe organisiert worden war. Schließlich sagte er mit einem Seufzen: »Mir klingt das eher wie ein Verwirrspiel. Außerdem kennen wir den großen Plan der Stop-Killing-Flowers-Gruppe bereits.«
    »Was? Was hat sie vor?«
    »Sie veranstaltet ein großes Fest im Yanaka-Friedhof, mit Mariachi-Bands, Pantomimen und allen möglichen anderen Sachen. Che Fujisawa verteilt gratis organisch gezüchtete Kirschbaumsämlinge und bittet die Leute, sich in eine Unterschriftenliste einzutragen. Ich habe von dem Fest in den Fernsehnachrichten erfahren und halte das Ganze für eine gute Idee. Die Gruppe sammelt eine Menge Unterschriften, und drei wichtige Politiker haben bei einem vorher nicht angekündigten Auftritt versprochen, sich für eine

Weitere Kostenlose Bücher