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Bittere Mandeln

Bittere Mandeln

Titel: Bittere Mandeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata
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Garten unterhielt sich Nories Freundin Eriko, die einen dunkelblauen Kimono trug, mit Lila Braithwaite. Norie machte sofort Anstalten, mit ihnen zu sprechen. Ich hielt es für besser, Lila vorerst aus dem Weg zu gehen, also entschuldigte ich mich und sagte, ich wolle mir das Haus genauer ansehen. Dann holte ich mir einen Drink und ging ins Eßzimmer, wo ich Takeo entdeckt hatte.
    Er war gerade am Telefon und marschierte um einen eindrucksvollen Eßtisch herum, der aus einem einzigen riesigen Eichenstamm geschreinert war. Takeo trug Jeans, genau wie seine Schwester, und dazu sein geliebtes Greenpeace-T-Shirt.
    »Ich kann verstehen, daß Sie zwanzig Kilometer entfernt sind, aber Sie müssen trotzdem kommen.« Er klang verzweifelt. Offenbar hatte ich ein Geräusch gemacht, denn er blickte auf. Zu meiner Überraschung gab er mir ein Zeichen hereinzukommen und die Tür hinter mir zu schließen. Ich setzte mich auf die Kante einer schwarzen Leder-Chaiselongue und hörte zu.
    »Ich brauche jede Menge sashimi – zwanzig Tabletts mit den besten, die Sie haben. Ich weiß, daß das nicht so leicht ist, aber ich zahle gut.« Schweigen. »Haben Sie chirashizushi? Nein? Was können Sie sonst noch so kurzfristig zubereiten?«
    Jetzt begriff ich, warum er und Natsumi Jeans trugen und überhaupt nichts vorbereitet war. Sie hatten nichts von unserem Kommen gewußt. Wir waren eine große Überraschung.
    Tante Norie hatte die ungewohnte Um-Antwort-wird-gebeten-Prozedur dem gegenwärtigen Chaos in der Kayama-Schule zugeschrieben. Aber es lag auf der Hand, daß jemand, der die Kayamas nicht leiden konnte, die Einladungen verschickt und den Antwortdienst beauftragt hatte. Außerdem waren die Einladungen am Wochenende herausgegangen, so daß man sich in der Schule nicht darüber unterhalten konnte. Alles war so geplant, daß die Kayama-Familie unvorbereitet sein würde.
    Nun beendete Takeo das Gespräch und legte den Hörer auf. »Vielleicht sollte ich bei McDonald’s anrufen. Liefern die auch ins Haus?«
    »Keine Ahnung«, sagte ich.
    Takeo lehnte sich gegen die Wand und schloß die Augen. Dann sagte er ganz langsam, wie in Trance: »Es ist die absolute Katastrophe. Ich will gar nicht dran denken, wieviele Leute noch kommen werden. Ich könnte meinen Vater umbringen für das, was er mir angetan hat!«
    »Spar dir die Kraft«, sagte ich, erhob mich und ging zu ihm hinüber. »Es ist nicht seine Schuld. Ich weiß zwar noch nicht, wer für die Sache verantwortlich ist, aber ich habe das Gefühl, das werden wir bald herausfinden.«

27
    Vor meinem B.A. von Johns Hopkins und meinem M.A. von Berkeley war meine höchste Auszeichnung das Pfadfinderabzeichen für Notbereitschaften gewesen. Ich rief mir die Beruhigungsstrategien und Atemtechniken von damals in Erinnerung, bevor ich mich Takeo widmete. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, ihm mit der unangenehmen Nachricht zu verstören, daß sein Vater eine Affäre mit Lila Braithwaite hatte. Statt dessen ließ ich ihn darüber jammern, wie schrecklich es gewesen war, als sich eine Stunde zuvor die ersten Gäste eingefunden hatten, während er gerade den Kompost umsetzte und Natsumi sich im Wohnzimmer die Zehennägel lackierte.
    »Als zukünftiger Leiter der Schule kannst du so exzentrisch sein, wie du willst«, sagte ich. »Erklär ihnen doch einfach, daß du absichtlich im Freien gearbeitet hast und das Greenpeace-T-Shirt trägst, um die neue umweltfreundliche Ausrichtung der Schule zu demonstrieren.«
    »Es gibt keine umweltfreundliche Ausrichtung«, sagte Takeo und nahm gehorsam einen Schluck aus dem Doraemon-Becher, den ich mit einem stärkenden Wodka-Tonic gefüllt hatte.
    »Du bist der nächste Schulleiter«, wiederholte ich. »Es ist deine Pflicht, uns darüber zu informieren, in welche Richtung die Schulpolitik sich bewegen wird. Und wenn du etwas über das zukünftige Engagement der Schule in Sachen Umweltschutz sagst, könnte das den Abend retten.«
    »Du bist verrückt!«
    »Nicht so verrückt wie deine Freunde. Die Stop-Killing-Flowers-Gruppe hat uns alle hierher eingeladen, um eine Aktion zu starten.«
    »Aber denen habe ich doch Geld gegeben, damit sie wegbleiben.«
    »Bestechung funktioniert nie. Wenn Geschäftsleute Gangstern Schutzgelder zahlen, erhöhen sich die Gebühren unweigerlich. Aber in deinem Fall geht’s doch um etwas, das dir am Herzen liegt, oder?«
    Takeo sagte nichts. Er schien wie hypnotisiert von der Menge, die inzwischen auf ungefähr hundert Menschen

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