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Bittere Mandeln

Bittere Mandeln

Titel: Bittere Mandeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata
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Demonstranten mit einer Schere bedroht. Che erklärte weiter, Tante Norie sei eine typische Vertreterin des japanischen Bürgertums, das sich nicht darum kümmere, wieviele Menschen aufgrund der selbstsüchtigen Verwendung von Pestiziden Schaden nähmen. Nories Aggressivität habe ihn nicht erschreckt, sagte er. Er würde gern sein Leben geben, wenn er so den Einsatz von Pestiziden verhindern könne.
    »Er übertreibt schamlos! Und er stellt meine Tante als Wahnsinnige hin. Aber das ist sie nicht. Sie haben sie doch selbst kennengelernt«, erinnerte ich Mr. Waka. »Wir waren zusammen bei Ihnen, um Sachen für meine neue Wohnung zu kaufen.«
    »Stimmt. Sie hat gesagt, daß meine Fertiggerichte nicht frisch und meine Haushaltswaren zu teuer sind!«
    »Das war sicher ein Mißverständnis …«
    »Nun, das glaube ich nicht. Soll ich weiterlesen? Wollen Sie hören, was Mr. Kayama im Namen der Schule zu sagen hat?«
    »Meinen Sie Takeo?«
    »Nein, Takeo ist der Erbe, nicht der Leiter der Schule. Kennen Sie das kanji für seinen Namen?« Ganz Lehrer, hielt Mr. Waka mir die Zeitung hin.
    »Ist es das Schriftzeichen für ›Bambus‹?« fragte ich nach einem Blick auf das Zeichen, das Schüler meist gleich am Anfang lernten.
    »Genau. Offenbar tragen die Kinder der Kayamas alle Namen, die mit Blumen zu tun haben. Natsumi, der Name der Schwester, bedeutet ›Blumen sammeln‹. Und dem Foto nach zu urteilen, ist sie tatsächlich die Blüte junger Weiblichkeit.«
    »Mmm«, sagte ich. »Was steht in dem restlichen Artikel?«
    »Da heißt es, daß Masanobu Kayama, der fünfundsechzigjährige Leiter der Schule, gerade dabei war, eine große Ausstellung im Mitsutan-Kaufhaus vorzubereiten, als die Sache passierte. In einem spätabendlichen Interview in seinem Penthouse im Kayama-Gebäude hat er seinem Kummer über den Verlust einer der hervorragendsten Lehrerinnen der Schule Ausdruck verliehen. Er sagte: ›Sakura Sato hat fünfundzwanzig Jahre ihres Lebens dem Ikebana geopfert und vor zwei Monaten den riji -Grad, den höchsten Lehrergrad, erhalten. Ihre Blumengestecke waren kreativ, eine Inspiration für alle, und ihre tiefgründigen Artikel über das Arrangieren von Blumen erschienen sowohl in der Zeitschrift Ikebana International als auch in der halbjährlichen Publikation Aufrechter Bambus der Kayama-Schule. Miss Sato hat ihre Kunst nicht nur in Japan, sondern auch in England, Australien und den Vereinigten Staaten demonstriert und so das Motto der Schule – › Wahrheit in der Natur‹ – einem weltweiten Publikum nahegebracht. Angehörige der Kayama-Schule planen zu Ehren von Sato eine besondere Gedenkaktion im Rahmen der Mitsutan-Ausstellung, die von Freitag bis Sonntag, jeweils zwischen zehn und zwanzig Uhr, stattfinden wird.«
    Das war also die Antwort auf meine Frage, ob die Kayama-Schule die Ausstellung doch noch machen würde. Ich war verblüfft. Trotzdem entging mir nicht, daß Masanobu Kayama die Leistungen von Sakura aufgezählt hatte, ohne irgendetwas Positives über ihre Persönlichkeit zu erwähnen. Vielleicht hatte er sie nicht leiden können. Und möglicherweise war er da nicht der einzige gewesen.
    »Und was wollen Sie jetzt tun?« fragte Mr. Waka.
    »Ich kann bloß beten, daß die Polizei meine Tante nicht festnimmt.« Ich ging auf der Suche nach etwas, das ich kaufen konnte, im Laden herum.
    »Sie haben schon ein paar Kriminalfälle gelöst. Da können Sie ihr doch sicher helfen«, sagte Mr. Waka.
    »Ich bin Antiquitätenhändlerin, keine Privatdetektivin. Ach, Sie haben sakura mochi. « Ich nahm eine Packung klebriger Reiskuchen in frischen grünen Kirschblättern. Die konnte ich gut für einen Geschäftstermin am Wochenende gebrauchen.
    »Sie müssen Ihrer Tante helfen. Das ist Ihre Pflicht als Nichte«, belehrte mich Mr. Waka, während er den Preis für die Reiskuchen in die Kasse eingab.
    Ich hatte gedacht, daß Mr. Waka meine Tante nicht leiden konnte. Entweder er war weniger nachtragend als vermutet, oder er wollte auch in Zukunft nicht den neuesten Klatsch verpassen. Letzteres traf wohl eher zu.

    Zu Hause hörte ich meinen Anrufbeantworter ab. Richard hatte mir eine Nachricht hinterlassen, wo wir uns am Freitagabend auf einen Drink treffen sollten. Meine Mutter wollte wissen, warum ich sie seit einem Monat nicht mehr angerufen hatte, und gab mir die Nummer des Anwesens in Südkalifornien, das sie gerade einrichtete.
    Ich notierte mir pflichtschuldig die Nummer, wußte aber bereits, daß ich

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