Bittere Mandeln
allmählich wieder regten, »würde ich mich gern gleich mit Takeo unterhalten. Lieutenant Hata, könnten Sie noch ein paar Minuten auf Ihr Gespräch warten? Gehen Sie doch mit Tante Norie in die Küche. Sie macht Ihnen sicher noch eine Tasse von diesem köstlichen Tee.«
Als die beiden in der kleinen Küche verschwunden waren, die sich kaum einen Meter von meinem Stuhl entfernt befand, deutete Takeo mit dem Kopf in Richtung Tür.
»Hier rüber«, formte er mit den Lippen.
Soll der Kronprinz doch zu mir kommen. Ich bedachte ihn mit einem matten Lächeln und sagte: »Ich bin zu schwach zum Stehen.«
Takeo durchquerte den Raum mit fünf Schritten. Dann ging er vor mir auf die Knie und flüsterte mir ins Ohr: »Sie hätten anrufen und mir absagen sollen. Ich hatte nicht damit gerechnet, sie hier zu sehen. Und ihn auch nicht.«
»Ich habe Ihnen nie versprochen, mit Ihnen nach Izu zu fahren! Wie können Sie es wagen, ungebeten hier aufzutauchen?« flüsterte ich zurück.
»Hey, ich kann ja verstehen, daß Sie wegen der Schmerzen noch unhöflicher sind als sonst. Aber keine Sorge. Ich hab’ auch mal verdorbenes Hühnchen gegessen, und die Geschichte war nach ein paar Tagen wieder vorbei. Mich mußte damals niemand ins Krankenhaus bringen!«
»Ich habe eine Arsen-, keine Salmonellenvergiftung!«
Takeo wich ein wenig zurück und starrte mich entsetzt an.
Da bedauerte ich es auch schon, etwas gesagt zu haben. Vielleicht wollte Lieutenant Hata nicht, daß andere davon erfuhren.
»Aber warum … warum sollte jemand Interesse daran haben, Sie umzubringen?« hauchte Takeo.
»Das haben wir gerade herauszufinden versucht, als Sie hier hereinplatzten.« Ich beschloß, ihm nichts von Lieutenant Hatas Hypothese zu erzählen, daß eigentlich eine größere Gruppe von Kauflustigen und Ikebana-Künstlern das Ziel des Giftanschlags hätte werden sollen. Das konnte Hata ihm selbst erklären, wenn er wollte. Fürs erste stand Takeo auf meiner Liste der Verdächtigen, und ich würde aufpassen, was ich sagte.
»Zur Zeit passieren merkwürdige Dinge. Ich wollte Ihnen während der Fahrt davon berichten. Aber so, wie’s jetzt aussieht, ist unsere kleine Spritztour unmöglich.«
»Was für merkwürdige Dinge?«
»Nicht so schnell. Das erzähle ich Ihnen, wenn Sie mir auch etwas verraten. Über das, worüber wir kürzlich gesprochen haben.« Er deutete mit dem Kopf in Richtung Küche. »Wann gehen die beiden wieder?«
»Überhaupt nicht. Ich meine, Lieutenant Hata wird wieder ins Büro zurück müssen, aber meine Tante bleibt. Ich komme noch nicht allein zurecht. Schließlich wäre ich fast gestorben.«
Takeo senkte den Blick. Also hatte meine scharfe Bemerkung doch etwas bewirkt. Nein – er bückte sich nur, um eine weiße Rose aufzuheben, die aus einer der vielen Vasen gefallen war.
»Ich hasse diese dummen importierten Blumen«, sagte er leise. »Vergleichen Sie doch nur ihre üppige Überfülle mit der schlichten Schönheit dieses Bittersüßen Nachtschatten, den ich Ihnen mitgebracht habe.«
Ich schaute zu den in Papier eingeschlagenen Stielen mit den winzigen lila Blüten hinüber. Das also war Bittersüßer Nachtschatten oder kurz Bittersüß. Mir sah er eher wie Unkraut aus, nicht wie eine richtige Blume.
Takeo steckte die heruntergefallene Rose vorsichtig wieder zu den anderen in die Vase auf dem Beistelltischchen zurück. Dabei fiel mir der Schmutz unter seinen Fingernägeln auf. Das wirkte merkwürdig bei jemandem, der einen so hohen gesellschaftlichen Status genoß wie er. Ich bezweifelte, daß sein Vater und Natsumi jemals Unkraut gejätet hatten.
»Rei-chan, einigen wir uns darauf, daß du Takeo Kayama von jetzt an nicht mehr sehen wirst.«
Ich konnte kaum glauben, was ich da aus dem Mund der Tante hörte, die mich unbedingt verheiraten wollte. Seit Takeo aus meiner Wohnung verschwunden war, erklärte sie mir immer wieder, daß ich mich nicht mit den Kayamas einlassen solle, daß Natsumi ein unhöfliches Mädchen sei und ihr Bruder sogar noch schlimmer als sie.
»Du verstehst nicht«, sagte ich und schloß die Augen, um ihr wütendes Gesicht nicht sehen zu müssen. »Ich hab’ kein Interesse an Takeo.«
»Aber er interessiert sich für dich!« rief Norie. »Er hat dir Blumen gebracht!«
»Ich glaube, das hat er getan, um mir seinen politischen Standpunkt klarzumachen«, sagte ich. »Er möchte mir die Unkrautpflanzen zeigen, von denen er so überzeugt ist.«
»Schade, daß ich ihm keinen Strafzettel
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