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Bittere Mandeln

Bittere Mandeln

Titel: Bittere Mandeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata
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Menschen.«
    Ich hätte Tom sagen können, daß Takeos Bauch auch unter seinem abgetragenen Greenpeace-T-Shirt ziemlich muskulös wirkte, aber das hätte ihn sicher nur noch wütender gemacht. Also wandte ich mich anderen Themen zu, räusperte mich und sagte: »Ich habe gesehen, wie Takeo sich mit Che Fujisawa unterhalten hat, dem Anführer der Stop-Killing-Flowers-Gruppe. Möglicherweise planen sie gemeinsam etwas.«
    »Glaubst du, daß sie etwas mit Sakuras Tod zu tun haben?« fragte Tom.
    »Nur, wenn Sakura sich eines schlimmen Vergehens gegen die Umwelt schuldig gemacht hat«, meinte ich.
    »Rei, du spielst doch hoffentlich nicht mit dem Gedanken, dich in die Sache einzumischen, oder?« Als ich ihm keine Antwort gab, fuhr er in jenem mir verhaßten, stichelnden Tonfall fort: »Du hast der Polizei schon ein paarmal geholfen, aber das bedeutet nicht, daß du daraus eine unbezahlte Freizeitbeschäftigung machen solltest. Du bist Opfer eines Giftanschlags geworden. Du mußt dich erholen und in dein normales Leben zurückfinden.«
    »Danke, daß du dir solche Sorgen um mich machst, aber ich fühle mich schon viel besser.«
    Ich hatte ihm eine höfliche Antwort gegeben, doch das grimmige Gesicht meines Cousins sagte mir, daß er mein Ausweichmanöver bemerkt hatte. Sakura Sato und Takeo Kayama waren mein Problem. Nicht seins.

13
    Auf dem Nachhauseweg ging ich an ein paar Antiquitätenläden vorbei, um den Inhabern Polaroid-Fotos von Mrs. Moritas Tellern zu zeigen. Die negativen Reaktionen bekräftigten meine Befürchtung, daß ich mich da in ein Unternehmen gestürzt hatte, das zum Scheitern verurteilt war, aber ich wollte Mrs. Morita die Teller nicht unverrichteter Dinge wieder zurückgeben. In meinem Leben war in letzter Zeit schon genug schiefgegangen. Wenigstens dieser Plan sollte funktionieren.
    Nories Ikebana-Kurs war in vollem Gange, als ich nach Hause kam. Drei Frauen, die ich nicht kannte, beschäftigten sich mit Blumen auf meinem mit Zeitungspapier bedeckten Beistelltischchen, und Nories Freundin Eriko stand an der Arbeitsfläche der Küche.
    Noch nie hatte ich so viele Menschen gleichzeitig in meiner kleinen Wohnung gesehen. Alle verbeugten sich bei meinem Eintreten, doch ich hätte mich am liebsten gleich wieder verabschiedet. Norie stellte mich ihren Schülerinnen vor, aber ich war zu müde, um mir ihre Namen zu merken. Zumindest kannte ich Eriko, die auf ein Kissen klopfte, um mir zu verstehen zu geben, daß ich mich setzen sollte. Sie schien als einzige zu begreifen, daß ich erschöpft war.
    »Du kommst gerade rechtzeitig, Rei. Wir haben dir Blumen aufgehoben«, sagte Norie.
    Die dicken, mir unbekannten Einkaufstaschen verrieten mir, daß die Schülerinnen ihre eigenen Ikebana-Gefäße mitgebracht hatten. Doch die Chrysanthemen und Farne, die gerade darin arrangiert wurden, kamen mir seltsam vertraut vor.
    »Woher hast du denn die Blumen?« fragte ich.
    »Von dem Händler ein paar Häuser weiter. Weil der Friedhof in der Nähe ist, gibt es hier eine ganze Menge Blumenläden«, sagte Norie. »Natürlich ist die Ware nicht beste Qualität, aber ich brauchte schnell etwas.«
    Die Blumen waren also eigentlich für die Toten gedacht. Bei dem Gedanken bekam ich eine Gänsehaut. Vielleicht ahnte meine Tante, was ich empfand, denn sie sagte: »Wir bereiten uns auf die Zertifikatsprüfung nächsten Monat vor. Da müssen die Schüler oft Chrysanthemen arrangieren, also ist das heute eine gute Übung.«
    »Wieso Prüfung? Ich dachte, die Schüler erhalten nach dem Abschluß eines Buches automatisch ein Zertifikat.« Ich hatte im Handbuch für ausländische Studenten gelesen, daß ich zwanzig Lektionen bewältigen und der Schule zehntausend Yen zahlen müßte, um ein Zertifikat der vierten Stufe zu erhalten.
    »Ja, so ist das bei den ausländischen Schülern, aber Japaner müssen bei einer offiziellen Prüfung zwei Blumenarrangements machen«, erklärte Norie. »Sie haben keine freie Materialwahl; eins der Gestecke ist vorgegeben, das andere kann frei gestaltet werden. Der ranghöchste Lehrer beurteilt die Arrangements.«
    »Sieht der Lehrer den Schülern zu und gibt dann ein mündliches Urteil ab?« fragte ich, als ich mich daran erinnerte, wie zermürbend es gewesen war, auf die Bewertung von Sakura und Masanobu Kayama zu warten.
    »Nein, die Schüler gestalten ihre Arrangements in einem eigenen Raum. Dann stellen sie ein Schildchen mit einer Nummer neben ihr Werk und verlassen den Raum. Der Lehrer kommt und

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