Bittere Pille
der Kollege das meinte.
Unter den kleinen Radiostationen im Bergischen Land herrschte so
etwas wie ein Konkurrenzkampf, wenn es um die Gunst der Hörer
ging. Es war aber eher ein sportlicher Wettbewerb.
»Na«,
brummte Stefan und grinste zu Heike hinüber. »Unter
diesen Umständen kann ich ihr noch einmal verzeihen. Und jetzt
schieß los, ich bin neugierig!«
»Ich habe Frau
Born an euch verwiesen.«
»Warum geht sie
nicht zur Polizei?«
»Das möchte
sie nicht. Zum einen hat sie wahnsinnige Angst vor dem Mörder,
zum anderen würde sie es in ihrer derzeitigen Verfassung nicht
schaffen, den Leichnam ihres Mannes zu identifizieren — wenn
sie denn recht hat und es sich bei der Leiche um ihren Mann
handelt.«
»Sie müsste
nach Düsseldorf, zur Gerichtsmedizin fahren.«
»Das kommt noch
hinzu.« Kurze Pause, Stefan hörte, wie Zachi trank.
Schluckgeräusche, dann weiter. »Hör zu, sie will
sich mit euch treffen. Gegen sechs Uhr auf Schloss Burg, am
Schlossplatz. Schafft ihr das, hinzufahren?«
»Na klar. Was
ist das für eine Geschichte, Zachi?«
»Nicht am
Telefon. Außerdem soll sie euch das alles selbst
erzählen. Habt ihr ein Bild von dem Toten?«
»Kann ich
besorgen. Ich glaube, eines auf der Homepage des
Polizeipräsidiums gesehen zu haben, die hatten da was unter
dem Motto wer kennt diesen Mann drauf.«
»Gut, dann bring
es mit zu dem Treffen. Vielleicht irrt sie ja trotzdem, und alles
löst sich in Luft auf - zu gönnen wäre es ihr
wirklich. Okay, dann macht das Beste daraus, hört
ihr?«
»Versprochen,
Herr Kollege.« Stefan drückte den roten Knopf und
ließ das Handy verschwinden. Er benötigte einen
Augenblick, um das Gehörte zu verdauen, dann berichtete er
Heike von dem bevorstehenden Treffen auf Schloss Burg. »Wir
müssen auf jeden Fall Ulbricht einschalten, das scheint echt
ein heißes Eisen zu sein, Heike.«
»Nein, das
werden wir nicht tun.« Trotz schwang in ihrer Stimme mit.
»Wenn Monika Born vorerst Wert darauf legt, dass die Polizei
außen vor bleibt, dann sollten wir das respektieren.
Den Kommissar
können wir immer noch mit ins Boot holen.«
Stefan nickte stumm.
In Gedanken war er bereits bei dem Treffen mit Frau Born. Er war
gespannt, was die Frau ihm zu erzählen hatte, und konnte es
kaum erwarten, Licht ins Dunkel der beiden Mordfälle zu
bringen.
21
Polizeipräsidium, 16:00
Uhr
Ulbricht sah seinem
Assistenten an, dass er keine Lust hatte, den Sonntag mit Arbeit zu
verbringen. Doch darauf konnte er keine Rücksicht nehmen, denn
die beiden Toten ließen nicht zu, dass er den Sonntag auf der
Couch in seiner Junggesellenbude verschlief. Sie hatten sich im
Büro verabredet, um die Ergebnisse des Tages zu besprechen.
Ulbricht rauchte und betrachtete seinen Partner, der sich auf einem
der beiden klapprigen Besucherstühle vor seinem Schreibtisch
lümmelte und einen Pappbecher mit Kaffee in den Händen
drehte.
Am Sonntagnachmittag
herrschte im Präsidium kein Betrieb, und entsprechend ruhig
war es in dem altehrwürdigen Gebäude an der
Friedrich-Engels-Allee 228. Durch das auf Kipp stehende Fenster
drang der Straßenlärm der B 7 in das Büro im ersten
Stock. Eine dicke Fliege zog brummend ihre Kreise durch den
Raum.
Nach seinem Einsatz in
Remscheid hatte er »Brille« Heinrichs angerufen und ihn
ins Präsidium zitiert. Nach einem kleinen Briefing hatten sie
sich aufgemacht und, wohl gemerkt getrennt voneinander, ermittelt.
Arbeit gab es genug, und Ulbricht wagte nicht, an den morgigen
Montag zu denken. Alles roch nach Ärger, wenn er keine
Ergebnisse in der Hand hatte. Die Staatsanwaltschaft würde ihm
die Hölle heiß machen, und möglicherweise
würde sich das LKA in den Fall einmischen - spätestens
dann würde man ihm vorwerfen, nichts erreicht zu haben.
Entsprechend mies war die Laune des Kriminalhauptkommissars. Er
legte den Kopf in den Nacken und betrachtete die dicke Fliege. Das
hektische Brummen nervte ihn. Immer wieder versuchte das
Insekt, durch
das Fenster zu entkommen, und knallte gegen das Glas, wobei ein
hässliches Klatschen ertönte und das Brummen für den
Bruchteil einer Sekunde dumpfer und lauter klang.
»Blödes
Vieh.« Ulbricht blätterte in seinen Unterlagen.
»Ich habe die Aussage der Exfrau von Baumgart. Auch seiner
ehemaligen Freundin habe ich einen Besuch abgestattet. Baumgart hat
getrunken, aber das wussten wir auch vorher schon - seine Nachbarn
haben sich diesbezüglich bereits heute Vormittag
geäußert.« Ulbricht zuckte die
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