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Bittere Pille

Bittere Pille

Titel: Bittere Pille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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Leder,
sicheres Indiz für das Monatsticket im
Sonnenstudio.
    Behandelten die hier
auch Hautkrebs?
    Birgitt mit zwei T
schenkte ihm einen Augenaufschlag und flötete etwas von
»Man sagt ihr gleich Bescheid. Frau George kommt
runter.«
    »Vielen
Dank.« Stefan schüttelte den Kopf. Er blickte sich im
Empfang der kleinen Privatklinik um. Neben dem Eingangsbereich gab
es eine Sitzgruppe. »Da drüben werde ich warten, wenn
ich schon nicht zu ihr auf die Station darf - warum auch
immer.« Betroffenes Schweigen. Dann ein pikiertes »Wie
Sie meinen. Aber es kann dauern.« 
    Birgitt mit zwei T
machte einen auf zickig. Das sollte ihm auch recht sein, denn er
hatte Feierabend. Eigentlich hätte er sich nach seinem Bett
gesehnt, denn wenn er Frühdienst im Sender hatte, stand er um
drei Uhr morgens auf, um die Themen der Sendung vorzubereiten. Die
Sendung selbst begann um fünf Uhr, direkt nach den
Nachrichten, und ging bis zehn. Danach folgte
die Nachbereitung der Sendung, und er recherchierte schon mal
die Themen, die für den nächsten Tag in Frage kamen. Und
dann zog es ihn in der Regel in sein gemütliches Bett. Kurz
dachte er an Heike. Vielleicht sollte er sie anrufen? Gleich.
Stefan durchkreuzte den klimatisierten Eingangsbereich und sank auf
das Sofa neben der Tür. Das Polster knirschte vornehm unter
seinem Hintern. Er schnappte sich eines der ausliegenden
Hochglanzmagazine und heuchelte
Interesse.       
    So unauffällig
wie möglich linste er über den Rand des Magazins und
blickte sich im Eingangsbereich der Klinik um. Diskret schielte er
zum Empfangstresen hinüber.
    Um diese Zeit
herrschte reges Treiben. Eine Putzfrau schob einen Wagen mit
Reinigungsmitteln durch den Raum, wischte feucht durch und
verschwand so unauffällig von der Bildfläche, wie sie
gekommen war. Eine Schwester, die sich anscheinend gut mit Birgitt
Mergelsmann verstand, trat an die Rezeption, tuschelte mit ihr. Die
beiden kicherten leise, dann verschwand die Schwester. Es war ein
ständiges Kommen und Gehen.
    Hektisch wirkende
Weißkittel, immer wieder Patienten, teils mit fahrbaren
Infusionsständern, die sich im Bademantel zum Eingang
schleppten, um an der frischen Luft ihrer Nikotinsucht zu
frönen. Telefongeklingel im Hintergrund, immer wieder die
säuselnde Stimme von Birgitt mit zwei T. Geschäftige,
distanzierte Freundlichkeit einer Telefonistin. Hätte sie die
Hände beim Telefonieren frei, hätte sie sich
wahrscheinlich noch die Nägel lackiert. Diese Frau war die
personalisierte Fehlbesetzung.
    Stefan ließ das
Magazin sinken und blickte hinaus. Vor dem Eingangsportal gab es
einen kleinen Teich mit einem Springbrunnen. Eine hölzerne
Brücke führte über das Wasser und bot den Patienten
die Möglichkeit, sich ein wenig vom tristen Klinikalltag zu
erholen. Weiter hinten grenzte die Anlage an den Wald. Dr.
Brechtmanns Privatklinik war eingekesselt von bergischer Natur,
eingefasst von einem ausgedehnten Waldgebiet, das bis rüber
zur Ronsdorfer
Talsperre reichte. Kaum jemand ahnte, dass es nur wenige Kilometer
bis zum hektischen Wuppertaler Stadtzentrum waren. Alleine die
Anfahrt war eher beschaulich verlaufen. Vorbei an einzelnen
Fachwerkhäusern und weitläufigen Wiesen, auf denen
Kühe weideten, einem Reiterhof und mehreren Baumschulen, war
Stefan in diese Ruheoase gelangt. Jetzt blickte er sich neugierig
um. Bienen summten zwischen den Blüten der liebevoll
angelegten Blumenbeete umher. Alte Pappeln spendeten Schatten,
darunter Bänke und Grünstreifen, fast wie in einem Park.
Man tat offenbar alles dafür, dass sich die Patienten in
dieser Klinik wohlfühlten. 
    »Stefan -
schön, dass du kommen konntest!«, riss ihn
plötzlich eine Stimme aus den trüben Gedanken, die so gar
nicht zum sonnigen Frühsommertag passen wollte. Er blickte
sich um. Eine untersetzte Frau in seinem Alter kam auf ihn zu.
Trotz ihrer etwas pummeligen Figur hatte sie weibliche Formen und
ein sehr apartes Gesicht. Sie hatte sich kaum verändert seit
damals, war nur erwachsen geworden. Und ziemlich hübsch, wie
er sich eingestehen musste. Ein knallgrünes Haargummi hatte
Schwierigkeiten, die schulterlangen dunklen Haare zu einem Zopf zu
bändigen, der im Gehen lustig wippte. Als sie jetzt lachte,
sah er wieder diese kleinen Grübchen links und rechts vom
Mund, die er schon als Pubertierender äußerst
süß gefunden hatte. Und die kleinen Lachfältchen in
den Augenwinkeln - diese Frau strahlte vom ersten Augenblick eine
Wärme aus, die er selten

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