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Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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Gewissen mit einer Anstellung auf Lebenszeit beruhigt hatte, um seinen Ruf nicht zu gefährden? Feine Leute regelten das schon mal so. Möglich, dass der Sohn, Antonias Ehemann, es gar nicht wusste. Aber Frank behielt das für sich, es hätte Antonia noch mehr verwirrt. «Wo bist du jetzt?», fragte er.
    «In der Kellerei, da habe ich Ruhe, er hasst den Geruch des Chianti...»
    «Wann sehen wir uns?»
    «Momentan sieht es schlecht aus ...»
    «Ich muss dich aber sehen, es ist wieder was passiert, der Prediger, der unverletzte ... außerdem muss ich mit dir und Wanda sprechen, ich habe eine Idee, wie wir ...»
    «Franco, bitte nicht, gerade jetzt, wo er hier ist.»
    «Gut, dann fahre ich allein zu Wanda. Sie wird mir bestimmt helfen. Ciao.» Beleidigt schaltete er das Handy ab.
    Hatte er sich in Antonia getäuscht? Es sah aus, als ob sie ihre Angelegenheiten nicht auf die Reihe bekäme. Frank konnte sich zwar vorstellen, dass ihr Mann sie schikanierte, aber es gab Gesetze, und auch in Italien war die Scheidung nicht nur «auf italienisch», möglich, das heißt durch Mord. Er selbst steckte bis über beide Ohren in Schwierigkeiten, hatte gerade einen Mordanschlag überstanden, und andere Leute lösten nicht einmal ihre Eheprobleme – oder war er da ungerecht? Stand ihr das Wasser genauso bis zum Hals wie ihm?
    Missmutig steuerte er den Wagen bergab durch die Kurven hinter Castellina und erinnerte sich an die Etruskergräber oben links im Wald an der Straße nach Vagliagli. Er hatte sie noch immer nicht aufgesucht.
    Kurz darauf erreichte er Fonterùtoli, dem Weingut musste er auch noch einen Besuch abstatten. Es war eine Ansammlung uralter Häuser rechts der Chiantigiana, und das Restaurant direkt an der Straße gehörte dazu, er könnte etwas essen. Lieber noch hätte er sich irgendwo in den Schatten gelegt, nichts getan, nichts gedacht und in den Himmel gestarrt. Das Gespräch mit Antonia hatte ihm die Laune verdorben. Ihm war danach, alles hinzuschmeißen. Irgendwie würde er zurechtkommen, finanziell, er hatte immer einen Ausweg gefunden. Wie konnte er glauben, dass es für Antonia mehr war als eine Affäre? Der Seitensprung erhielt die Ehe.
    Als Frank die Tür zur Osteria öffnete, merkte er, dass er den Ort zwar richtig, doch die Zeit falsch gewählt hatte. Das Lokal war brechend voll. Er wandte sich, noch missmutiger als vorher, zum Gehen.
    « Franco! Eh, gatto , così non va! Du kannst doch nicht einfach gehen!» Die Stimme gehörte Giacomo Paese. Er war aufgestanden und winkte.
    Frank zögerte, dann gab er sich seufzend einen Ruck. Zum einen wollte er niemanden verärgern, zum anderen war es schöner, in Gesellschaft Mittag zu essen. Es würde ihn aufmuntern, es gab ihm das Gefühl, nicht gänzlich allein dazustehen, und wer wusste, ob er nicht noch einmal seine Hilfe benötigen würde?
    Die Männer an seinem Tisch waren Einkäufer aus Turin und Verona. Man trank Giacomos Wein, der neben dem von Fonterùtoli und etlichen anderen Winzern in den meisten Restaurants im Chianti angeboten wurde. Als Frank anderthalb Stunden später die Osteria verließ, hatte er hervorragend gegessen und vom Wein einen heftigen Schwips. Beim Reden trank man den Wein einfach weg, und Paese hatte zum Espresso noch Grappa bestellt. Der war gut gegen die Angst vor Predigern, aber zum Fahren eigentlich zu viel. Wer die Masten abgesägt hatte, wusste Paese immer noch nicht, die Carabinieri hatte nichts in Erfahrung gebracht. «Zeitmangel», hatte Paese gesagt, «sie unterstützen die Mordkommission und müssen die Sache mit dem Baggerführer aufklären.»
    Mit seinem beduselten Kopf hätte Frank am Tisch beinahe gesagt, dass er die Mörder von Niccolò Palermo kenne, hatte es sich aber noch im letzten Moment verkniffen. Er sollte wirklich nur noch mit dem Anwalt und Stefano darüber reden. Antonia hatte er bereits zu viel erzählt. Wenn das, was sie wusste, an den Falschen geriet ... Aber – wer war der Falsche, wer der Richtige? Scheißegal, er saß sowieso in der Tinte, und das ausgerechnet mitten im schönsten Weinbaugebiet der Welt.
    Zumindest war Wanda bereit, sich mit ihm zu treffen und ihn bei seinem Vorhaben zu unterstützen, das er grob angedeutet hatte. Ob er Artischocken möge und Fasan, und dann könne er auch ihren Mann kennen lernen. Frank stimmte erfreut zu, die Laune besserte sich, doch das viele Essen und der gute Wein würden sich kaum positiv auf seine Beweglichkeit auswirken.
    Bis zum Castello des Grafen war es

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