Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
Vom Netzwerk:
...
    Es war ein Wildwechsel, eine kaum sichtbare Spur zwischen Büschen und Bäumen, der Frank folgte und die ihn rettete. Der Verfolger sah sie nicht, stolperte, verlor Zeit, weil er sich unter Ästen bücken musste, vielleicht war er noch vom Unfall angeschlagen. Grazie a Dio , denn es hätte Frank die Lunge zerrissen, wenn er noch zehn Schritte hätte machen müssen. Geduckt erreichte er die ersten Rebzeilen von Malatestas Weinberg und ließ sich fallen. Nach einer kurzen Verschnaufpause lief er im Schutz des Blattwerks weiter. Niemand folgte ihm.
    Hatte der Prediger ihn erkannt? Klar, sonst hätte er nicht geschossen. Würden er und seine Kumpane verschwinden oder die Gegend nach ihm absuchen? Der Volvo war gut verborgen, wegen der silbernen Metalliclackierung brauchte er sich keine Sorgen zu machen, der feine Staub machte alles stumpf. Wenn sie ihn fänden, der Prediger würde ihn an der verbeulten Heckklappe wiedererkennen – im Wagen waren die Kameras ... ein Streichholz reichte ... das gäbe einen Waldbrand. Doch Menschen von seinem Schlag interessierte das bestimmt einen Scheißdreck. Ein Killer war das, jemand, der den Auftrag hatte, ihn umzubringen – für Geld. Wofür sonst? Und um den einzigen Zeugen zu beseitigen.
    Während Frank über die Koppel zum Gut ging, wartete er auf die Rauchsäule in seinem Rücken. Doch das befürchtete Inferno blieb aus, dafür ragte jetzt die schwarze Ruine von Malatestas Kellerei vor ihm auf.
    «Länger hätten wir nicht gewartet», sagte der Winzer brummig und betrachtete stirnrunzelnd die Kamera, die an Franks Handgelenk baumelte. Ihm schien, als wäre Frank nicht einmal mit dem Notwendigsten hier aufgetaucht, und das war gar nicht so falsch. «Wir warten deinetwegen. Ich muss die Arbeiter bezahlen, jede Stunde kostet Geld.»
    «Welche Arbeiter?», fragte Frank und sah sich auf dem Hof um.
    Schutt und Trümmer waren beiseite geräumt worden, und man hatte das Fundament freigelegt, auf dem die Kellerei gestanden hatte. Dort saßen drei Männer, rauchten und warteten auf irgendein Zeichen.
    Malatesta hob den Arm. « Avanti , all‘opera!»
    Frank begriff nichts, bis ihn der Winzer zu der Stelle zog, wo die Männer mit Spitzhacken den Boden aufrissen.
    «Verstehst du jetzt, worum es geht?»
    Frank sah auf ein mit groben Steinen ausgefülltes Rechteck. «Du meinst... darunter ist eine Art Kammer?»
    Malatesta nickte eifrig. Seine Frau kam aus dem Wohnhaus und brachte den Kellermeister mit, und man begrüßte sich.
    «Ich weiß nicht, was da unten ist und ob es wichtig ist, aber du solltest der Erste sein, der hier fotografiert», sagte Malatesta. «Meine Frau hat mich darauf gebracht. Du bringst die Fotos in die Zeitung, exklusiv, vorausgesetzt, wir finden was. Ihr seid doch immer auf der Jagd nach Bildern, oder?»
    Frank nickte, obwohl er das anders sah, doch jetzt war nicht der Moment für Debatten über Moral. «Wieso habt ihr das erst jetzt entdeckt?»
    «Weil ein Gärbottich darüber stand, solange ich denken kann, und die Zementschicht über den Steinen ist in der Hitze geplatzt.»
    Die Arbeiter legten die erste Lage von Bruchsteinen frei und entfernten den Mörtel dazwischen. Als sie die Steine aus dem Rechteck hoben, wurde eine ausgetretene Treppenstufe sichtbar, demnach führte ein Treppenschacht nach unten. Bei den Schlägen der Spitzhacken war deutlich zu hören, dass ein Hohlraum darunter lag. Die Kamera in Franks Händen war denkbar ungeeignet für Aufnahmen in engen, dunklen Räumen, die er unten vermutete. Er brauchte das 28er Weitwinkelobjektiv und den Blitz, und er fragte Malatesta, ob ihn jemand zu seinem Auto bringen könne.
    «Ich habe mich sowieso gewundert, wo du hergekommen bist», sagte der Winzer, mehr verstimmt als erstaunt. Er gab dem Kellermeister seinen Autoschlüssel. «Beeilt euch, wir machen inzwischen weiter.»
    Frank wandte sich im Gehen um. «Wem hast du erzählt, dass ich komme?»
    «Niemandem. Nur meiner Frau, die war dabei, als ich dich anrief. Warum?»
    «Nur so», sagte Frank und folgte dem Kellermeister.
    Der Anhänger mit den Baumstämmen war zurückgelassen worden, lediglich das Drahtseil, mit dem man die Baumstämme hätte herunterrollen lassen, war verschwunden. Den Weg ringsum hatte eine Zugmaschine aufgewühlt, und der Kellermeister war außer sich.
    «Haben Sie was gesehen? Stand der Hänger auch so, vorhin? Wer war hier? Waldarbeiter vielleicht?»
    «Mh.» Mehr kam von Frank nicht, und er tat, als ginge ihn das nichts

Weitere Kostenlose Bücher