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Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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– das war es. Frank starrte den Avvocato durchdringend an. Nur Strozzi hat es gewusst, dachte Frank, er hat gehört, wie ich mich mit Malatesta verabredet habe, um sieben Uhr. Dann hat er ...?
    Strozzi bemerkte die Veränderung sofort. Sein Redefluss stockte, ihm wurde unbehaglich unter Franks bohrendem Blick. «Was – was haben Sie? Ist etwas nicht in Ordnung?»

14
    Mittwoch/Donnerstag, 6./7. Oktober
    Das war die Stelle, wo er die Prediger ausgebremst hatte: Ihr Geländewagen hatte die Absperrungen der Baustelle durchbrochen, die Warnlampen zertrümmert und rechts neben der Fahrbahn eine Schneise ins Gebüsch gepflügt. Frank gab wieder Gas, er hatte alles gesehen, ein Wunder, dass sie überlebt hatten. Einer von ihnen war so verdammt lebendig, dass er ihn heute bereits wieder hatte umbringen wollen. Aus Schaden wird man angeblich klug, hieß es. Wäre es besser gewesen, wenn ...?
    Frank gab wieder Gas und dachte den Gedanken nicht zu Ende. Er wüsste nicht, wie er damit weiterleben könnte, einen oder zwei Menschen getötet zu haben. Wie andere damit umgingen, Soldaten oder Polizisten, war ihm völlig egal, es war ihre Sache. Er verurteilte alle, die sich auf Befehle beriefen und nicht selbst die Verantwortung übernahmen. Den so genannten Befehlsnotstand hatten die Machthaber erfunden, damit ihnen die Gefolgsleute treu blieben. Aber hatten die nicht alle ja gesagt, ja, ich werde gehorchen? Das war freiwillig geschehen. Wer gab den Predigern die Anweisungen? Er bekam seine von Frau Oberländer. Nein, er würde die Bilder machen, die er für angemessen hielt. Antonia gab ihm ein gutes Beispiel.
    Während er weiter in Richtung Florenz fuhr, versuchte Frank so etwas wie eine Bestandsaufnahme zu machen. Für ihn hatten sich die Umstände verändert; es war möglich, dass er bei diesem Job draufging oder ein anderer. Konnte er das verantworten? War es das wert? Bei keinem Auftrag war das Risiko bisher derart hoch gewesen. Er konnte aussteigen, jederzeit, er müsste allerdings bezahlen ... wer in den Regen kam, wurde nass. Wenn er die Fotos, die er jetzt ins Labor brachte, anschließend der Polizei übergab, ließ sich das Schlimmste für ihn und andere verhindern, und er konnte in Ruhe weiterar-beiten. Wenn die Prediger den Spieß umdrehten, den Unfall so hindrehten, dass er der Schuldige war? Nein, sie wollten ihn nicht auf der Anklagebank, sie wollten ihn ...
    Vor Beginn der Rushhour erreichte Frank das Labor, gab die Filme zum Entwickeln ab und wartete gegenüber in einer Bar. Die Stunde, die es dauern würde, konnte er gut zum Nachdenken gebrauchen.
    Wer stand auf der gegnerischen Seite? Zuallererst die Prediger, natürlich. Der Commissario aus Castellina, obwohl er sich nicht sicher war, ob der nur borniert war, ein Deutschenhasser, oder ob er doch einem Plan folgte. Dann wahrscheinlich Strozzi und die Maklerin, Signora Tuccanese. Hielt sie die Verbindung zu den Immobilienfirmen? Arbeiteten die für sie? Er müsste Pandolfini kontaktieren. Frank bat die Bedienung um einen Zettel und schrieb die Namen aller Beteiligten auf.
    Mit Wanda, diesem menschlichen Tornado, konnte er rechnen, die Frau war eine phantastische Verbündete. Auch Malatesta war geradeheraus und konnte zupacken. Der Graf stand eher auf der eigenen Seite – als Präsident des Consorzio oder weshalb? Scudiere würde ihm helfen. Mit den Weicheiern Josti di Chiarli und Amarone war wenig anzufangen. Na ja, so übel sah es für ihn doch nicht aus.
    Und Antonia? Obwohl es ihm wehtat, er musste der Wirklichkeit ins Auge sehen. Ein Sack ungelöster Probleme auf dem Rücken und diesen «Furcht einflößenden» Ehemann gegen sich, den würde er gern kennen lernen. Möglich, dass es nur ein Papiertiger war. Rionero von der Mordkommission machte einen sehr passablen Eindruck, aber wo ermittelte der Mann eigentlich?
    Das Handy klingelte, wie immer im unpassendsten Augenblick. «Pronto?»
    «Franco? Hier ist Stefano, ciao , come va? Geht‘s gut?»
    «Wurde Zeit, dass du wiederkommst. Du wirst gebraucht. Wie war’s im Süden?»
    Scudiere ignorierte die Frage. «Wir sollten uns mal unterhalten. Ich würde gern wissen, ob deine Arbeit gut vorangeht und ob ich dir irgendwie helfen kann. Macht der Anwalt seine Sache gut?»
    «Vielen Dank für dein Interesse, ich glaube ja, aber ich habe noch keine Ergebnisse.»
    «Was für Ergebnisse», fragte Scudiere und klang sehr aufmerksam. «Wo steckst du?»
    Frank sah sich um. «In einer kleinen Straße im Norden von

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