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Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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Frau. «Hier muss ihr Waffenlager gewesen sein. Wahrscheinlich haben sie es zugemauert, als die Deutschen auf dem Rückzug durchmarschierten und plünderten. Seit damals hat meinen Großvater niemand wiedergesehen.»
    Der Anblick der eingesponnenen Flaschen, die schwarzen Schatten, verrosteten Karabiner vor den groben Mauern und der Hall seiner eigenen Stimme ließen Frank eine Gänsehaut über den Rücken laufen.
    Malatesta wandte sich zum Gehen. «Mach deine Bilder, Franco, von mir aus den ganzen Vormittag, aber rühr nichts an. In Florenz gibt es das Istituto storico della Resistenza in Toscana, die erforschen den Widerstand gegen die deutsche Besatzung. Wir sollten einen Historiker holen, damit der sich alles ansieht, die Polizei will ich hier nicht haben, das gibt nur Ärger. Übrigens, habe ich es dir gesagt? Das Feuer neulich, das hat jemand gelegt...»
    «Hab ich mir gedacht», sagte Frank, als hätte er mit nichts anderem gerechnet, und legte einen 400-ASA-Film in die Kamera, den er wie einen 1600er belichtete. Er müsste viermal entwickelt werden, damit bei dem wenigen Licht etwas sichtbar wurde. «Sind die Weine überhaupt noch trinkbar?»
    «Wir machen keinen Bordeaux. Alles, was bei uns älter ist als 1983, kannst du vergessen. Länger als zwanzig Jahre hält sich Sangiovese kaum. Die neuen Supertoscana, die aus Merlot und Cabernet, mit denen man Ende der achtziger Jahre begonnen hat, die halten. Das sind ja auch die Rebsorten des Bordelais. Weine von Chateau Latour zum Beispiel, die brauchen fünfzig Jahre, bis sie trinkreif sind.»
    Malatesta schüttelte energisch den Kopf. «Die Weine damals sind auch nicht im Barrique auf lange Haltbarkeit vorbereitet worden, dazu bringen sie nicht genügend Tannin mit. Wir werden irgendwann einige Flaschen öffnen und probieren, ich sage dir Bescheid.»
    Frank wunderte sich über den Winzer. Obwohl er sehr ergriffen war, zeigte er über den Waffenfund mehr Befriedigung als über den Wein. Er weiß mehr, als er sagt, dachte Frank, aber er wollte nicht in die Vergangenheit dieser Familie dringen, besonders nicht als Deutscher. Entweder Malatesta erzählte von sich aus, oder er ließ es bleiben. Die Bilder jedoch hatten Seltenheitswert. Malatesta schien viel von ihm zu halten, und doch wurde ihm klamm, als er die Uniformteile und Waffen betrachtete. Wo immer er in Europa fotografiert hatte, überall hatten Hitlers Mitmarschierer grausige Spuren hinterlassen. Ob dieser Großvater Malatesta ähnlich gesehen hatte?
    «Er will verkaufen! Er hat es gesagt.» Antonias Stimme überschlug sich fast am Telefon. «Einen Käufer hätte er, sagt er, sogar einen von hier!»
    Das wundert mich gar nicht, dachte Frank, der auf dem Wege zum Grafen Solcari war. Er musste sich Klarheit über den Grafen verschaffen und brauchte ihn als eine Art Lebensversicherung. Wenn Solcari aber dazugehörte und ihn nur aushorchen wollte?
    Glücklicherweise war Stefano Scudiere aus Apulien zurück und wollte ihn am besten noch heute treffen, leider war das wegen des Termins bei Solcari nicht möglich. Sie hatten sich für morgen in Florenz verabredet, zum Gespräch wollte Frank auch Pandolfini hinzuziehen, der Anwalt konnte etwas über die Immobilienfirmen in Erfahrung gebracht haben. Außerdem mussten die neuesten Filme dringend ins Labor.
    «Könnte der Verkauf des Weingutes nicht eine Finte von deinem Mann sein?», versuchte Frank Antonia zu beruhigen. Es war für ihn schwierig, sich diesen Ehemann, der seit Jahren keiner mehr war, bildlich vorzustellen. Ein Foto von ihm oder ein Gemälde, wie in solchen Kreisen oft üblich, hatte Frank nicht gesehen, und Antonia hatte ihm auch keins gezeigt. «Ist es ein Trick, um dich unter Druck zu setzen?»
    «Probabilmente no. Nein, das glaube ich nicht. Außerdem weiß er von dir, ich habe es dir neulich bereits gesagt, als wir über die ... Models ... gesprochen haben. Er ist hier rumgeschlichen, als hätte er jemanden erwartet – oder zumindest deine Zahnbürste. La strega hat ihm das gesteckt, diese Hexe musste ja genau im passenden Moment erscheinen, als du zum Essen bei mir warst. Ich hasse diese Frau!»
    «Wirf sie raus!»
    «Das geht nicht...»
    «Warum nicht?»
    Antonia fühlte sich zu einer Erklärung gedrängt: «Er lässt es nicht zu. Sie ist seine Kinderfrau, sie hat ihn großgezogen, sie behandelt ihn wie ihren Sohn. Die würde sich für ihn umbringen.»
    Vielleicht war sie am Ende seine Mutter, der Seitensprung des Vaters, der sein schlechtes

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