Bitterer Chianti
Projekt...?»
«Geld kann man immer brauchen», bluffte Frank und hoffte inständig, dass Scudiere nichts von seinem Treffen mit Rionero wusste.
«Was hast du der Polizei erzählt?»
Jetzt wurde es kritisch. Frank bemühte sich um einen distanzierten, überlegenen Ausdruck. «Nichts habe ich erzählt. Auf mich eingeschlagen hat dieser dämliche Commissario. Du warst dabei. Sie halten mich für den Mörder der Palermos.»
«Das glaube ich nicht, aber sei’s drum. Wir werden es herausfinden. Gib mir das Handy wieder.» Scudiere streckte die Hand aus.
«Nein, ich brauche ein Telefon. Wenn du es haben willst, dann hole es dir -» So wie Frank den bisherigen Verlauf des Gespräches einschätzte, würde Stefano ihn nicht angreifen. «Weshalb hast du es mir gegeben? Damit ihr immer wusstet, mit wem ich Kontakt aufnehme?»
«Ich sagte es bereits, du weißt Dinge, die nicht für dich bestimmt sind und die du nicht ermessen kannst...»
«... wie Signora Tuccanese?»
«Was ist mit der?»
«Tot, Kopfschuss ...»
Es gelang dem Consultore nur schlecht, seinen Schrecken zu verbergen. Das war nicht gespielt, das war echt. Wieso wusste er nichts von dem Mord?
«Sieht aus, als hättest auch du nicht alles in der Hand.» Frank sagte es so dahin, dabei mochte diese Erkenntnis für Stefano Scudiere lebenswichtig sein.
«Hau ab, Franco. Noch einmal sag ich es nicht! Pack deine Kameras zusammen, mach deine Fotos sonstwo, im Piemont oder in Tirol, aber nicht hier. Ich bitte dich sogar darum. Der Rest liegt bei dir, ich habe dich gewarnt. Mehr kann ich nicht für dich tun.»
«Ich will wirklich mitmachen.»
«Das ist nicht dein Ernst?»
«Sprich mit deinen Leuten, gib mir Bescheid, dann kann ich immer noch entscheiden, ob ich verschwinde. Okay?»
Scudiere gab Frank zögernd die Hand: «Mach keinen Fehler, ragazzo mio.»
«Das gilt für dich ganz genauso.» Frank drehte sich abrupt um und setzte sich in den Wagen, setzte ein Stück zurück, sodass Scudiere an ihm vorbeikam. Auf gleicher Höhe ließ er das Fenster herunter. «Noch was. Man will die Fotos, alle, selbstverständlich auch die Negative.»
«Wenn ich mitmachen kann, kriegt ihr sie!»
«Bist du wahnsinnig? Du kannst doch nicht einfach hier auftauchen. Wenn mein Mann ...»
Frank legte Antonia den Zeigefinger auf den Mund und zog sie in den Schatten der Rebzeilen. Am Boden waren beide von der Pflückerkolonne nicht zu sehen, die etwa zwanzig Meter entfernt arbeitete, und er konnte Antonia küssen. «Wie ich mich danach gesehnt habe ...»
«Du bist total verrückt», flüsterte Antonia und strahlte. «Wieso rufst du nicht vorher an? Ich hätte ganz woanders sein können.»
«Warst du aber nicht, und ich hätte dich auch dort gefunden. Ich kann mein Telefon nicht mehr benutzen. Scudiere hat es mir gegeben, damit er mich überwachen kann.»
«Stefano? Was hat der damit zu tun?»
«Ja, Stefano, man glaubt es nicht, immer nett und charmant. Er weiß, worum es geht, angeblich um ein größeres Projekt, hat etwas mit San Francisco zu tun, er war gerade dort. Er hat mich gewarnt, sie würden mich gehen lassen, wenn ich noch heute verschwinde ...»
«Sie? Wer sind sie?»
«Keine Ahnung.»
«Und – tust du es?», fragte Antonia erschrocken.
«Ich habe vorhin mit dem Chef der Mordkommission gesprochen und ihm gesagt, was ich weiß, fast alles. Nichts von dir und mir, natürlich nicht. Er will es nachprüfen, und dann wird man sehen. Davon habe ich Scudiere natürlich nichts erzählt. Wenn sie das wüssten, dann ginge es mir so wie der Maklerin.»
Antonia verstand nicht, was Frank meinte. «Wanda hat sie angerufen, aber sie war nicht da ...»
«... die kommt auch nie wieder.»
«Was ist...?»
«Man hat sie umgebracht, vor ihrem Büro, erschossen, heute Morgen.»
Antonia kauerte sich auf den Boden, schlang die Arme um die Knie und machte sich ganz klein.
«Ist das eine Mafia-Geschichte?», fragte Frank. «Weißt du wirklich nichts darüber?»
«Auf Sizilien ist sie bestimmt im Weinbau engagiert, um Geld zu waschen. Das kann ich mir gut vorstellen, aber nicht hier, zumal Scudiere drinhängt...»
«... und Strozzi.»
«Bist du sicher?»
«Absolut. Er wusste, dass ich zu Malatesta fuhr, demnach hat er dem Prediger Bescheid gesagt, und er wusste auch von dem Treffen mit Solcari. Da hat er rumgelabert und mich keine Sekunde mit dem Grafen allein gelassen. Meine Termine sind bekannt, weil alles vom Consorzio koordiniert wird. Er brauchte dort nur nach mir zu
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