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Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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mittlerweile kannte, irgendwie missbilligte. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen den Tresen und betrachtete die Touristen. Diese Leute waren zu beneiden. Sie machten Ferien in der Toskana, hatten schönes Wetter, konnten in Ruhe Weingüter besichtigen, in den blauen Himmel gucken, abends friedlich essen gehen ...
    Er musste zurück nach Rondine, er brauchte frische Kleidung, und womöglich machte sich Benevole Sorgen, weil er letzte Nacht nicht aufgekreuzt war. Dabei hatte er bestimmt genug mit seiner Brücke und der Weinlese zu tun.
    Die grauenvolle Straße durch den Wald nach Vagliali wurde von Tag zu Tag schlimmer, doch je häufiger Frank sie benutzte, desto mehr verlor sie ihren Schrecken. Besonders lästig war der feine Staub, der durch sämtliche Ritzen drang, weshalb er alle Kameras in Plastiksäcke einpacken musste, besonders jetzt, wo die Heckklappe nicht mehr richtig schloss.
    Kurz vor der Behelfsbrücke blockierte ein silberner Geländewagen den Weg. Das Unterholz auf beiden Seiten war zu dicht, um daran vorbeizukommen, und Frank trat hart auf die Bremse. Hätten die Räder blockiert, wäre er dem anderen in die Flanke gerutscht, so aber blieb er kurz davor stehen. Ein neuer Überfall, kam es Frank in den Sinn, und er war fast erleichtert, als Stefano Scudiere ausstieg und um den Kühler herum auf ihn zukam. Aber das musste nicht bedeuten, dass ihm hier keine Gefahr drohte. Er konnte seine Hilfstruppen im Wald postiert haben. Frank ließ die Scheibe ein wenig herunter, verriegelte die Türen und legte den Rückwärtsgang ein.
    «Steig aus, Franco! Steig aus.» Scudiere griff nach der Fahrertür. «Komm raus. Ich will reden, nur mit dir reden! Wirklich.»
    Scudiere war groß, größer als er, mindestens eins neunzig, er war bestimmt zehn Jahre älter, dafür war er sportlich, richtig durchtrainiert vom ständigen Abrennen der Weinberge, camminare la terra oder fare il giro ? Wie hieß das nochmal? Frank vergewisserte sich, dass der Beilstiel rechts von ihm neben der Handbremse lag. Aber bevor er aus dem Wagen gekommen wäre, hätte Scudiere ihm längst die Tür vor den Kopf geknallt.
    «Steig endlich aus. Ich tue dir nichts, und hier ist auch sonst keiner.»
    «Was willst du?»
    «Reden, Franco. Wir müssen eine Lösung finden.»
    «Du, ihr, oder wer auch immer, ihr müsst eine Lösung finden!»
    «Nein, wir beide.»
    «Ich habe zu viel mitgekriegt, nicht wahr?»
    «Esattamente. Du sagst es.»
    Scudiere schien nicht aggressiv zu sein, Frank hatte vielmehr den Eindruck, dass er verzweifelt war. Demnach bestand wohl keine akute Gefahr, dass er ihn umbrachte. Aber Scudiere hatte sich als hervorragender Schauspieler erwiesen.
    Er schlug die Augen nieder. «Franco, ich kann dich gut leiden, und ich möchte nicht, dass dir was passiert, wenn es sich vermeiden lässt.»
    Frank stieg aus. «Ihr, wer immer das sein mag, ihr habt nicht mit mir gerechnet?» Er durfte ihn um Himmels willen nicht merken lassen, dass er bei der Polizei gewesen war. Aber jetzt, nach dem Diebstahl der Fotos, war es nur eine Frage der Zeit, bis ...
    «Dein Auftauchen im Chianti war nicht einkalkuliert, jemand, der sich wie du auf allen Gütern rumtreibt.»
    «Gestern – und heute auch, da wollte dieser Prediger mich umbringen. Ist es das, was du vermeiden möchtest?»
    «Welcher Prediger?»
    «Du kennst sie, die beiden Typen mit den Sonnenbrillen und den dunklen Anzügen.»
    «Es wurden zu viele Fehler gemacht...»
    «Fehler?», schrie Frank wütend, «Fehler nennst du das? Drei oder vier Tote? Fackelst Malatestas Kellerei ab, bringst seine Pferde um, hilfst auch noch beim Löschen und nennst das Fehler?»
    «Lass uns nicht über Moral streiten. Hau einfach ab. Das ist mein guter Rat. Verschwinde. Pack deine Sachen, heute noch, am besten sofort. Lass dich hier nie wieder blicken – länger kann ich dich nicht schützen.»
    «Du schützt mich?» Frank schüttelte den Kopf und lehnte sich an den Wagen. «Vor wem?»
    «Sei nicht so naiv. Wenn ich dir das sage, sind wir beide erledigt.»
    «Und wenn wir uns gemeinsam da rausziehen? Vielleicht kannst du ja noch abspringen?» Eine vage Hoffnung war noch da, dass Frank ihm eine Brücke bauen konnte, man sollte nichts unversucht lassen.
    Scudiere blieb äußerlich gelassen, viel zu gelassen für Franks Geschmack. «Ich sagte bereits, du bist naiv. Stell dich nicht so dämlich an. Sie schlagen dich tot, wenn sie dich kriegen ...»
    «Und wenn ich mitmachen will?»
    «Wobei? Bei dem

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