Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
Vom Netzwerk:
Porsche-Geländewagen, wohl der teuerste seiner Klasse, stand auf dem Wendeplatz ein Stück abseits, am Steuer ein jüngerer Mann, den Frank nie zuvor gesehen hatte, ein zweiter hatte neben dem Haus auf der Straße Posten bezogen.
    Mit der Zeit bekomme ich Übung im Anschleichen, dachte Frank, als er über den Boden kroch, nur knackten diesmal keine trockenen Äste, dafür raschelte das Laub der Eichen, was es ebenso schwierig machte, sich geräuschlos zu bewegen. Allerdings bot ihm das Gelände Schutz, und er schlich in einer Bodenwelle näher, schlug einen Bogen rechts ums Häuschen, als ein Fasan aufflog. Frank erschrak fürchterlich, eine Autotür klappte, er warf sich in eine Kuhle und hielt die Luft an. Stimmen wurden laut, jemand kam näher und drehte nur wenige Meter vor Frank um. Als wieder Ruhe eingekehrt war, kroch er unter dem rostigen Zaun hindurch in den verwilderten Garten und fand Deckung unter breiten Rosmarinsträuchern. Von hier aus ließ sich der Platz vor dem Haus einsehen. Das Licht der späten Sonne fiel durch eine Schneise und beleuchtete die beiden Männer am Tisch unter dem Vordach wie ein Bühnenscheinwerfer.
    Keine fünfzehn Meter vor ihm saß Strozzi, elegant wie immer. Nur – wer war sein Begleiter? Der Mann mochte Mitte vierzig oder älter sein, jedenfalls etwas jünger als Strozzi. Er sah besser aus als der Anwalt, hatte gebräunte Haut und tiefschwarzes lockiges Haar. Frank hätte ihn für einen Süditaliener gehalten mit seinen scharf geschnittenen und vornehmen Zügen, ein klassischer Frauentyp. Das klare, wenn auch zu magere Gesicht wirkte herrisch, was aber die überlegene Persönlichkeit unterstrich. Ein Genießer war das keinesfalls, eher einer von denen, die nie aufhören konnten, die nichts freute und die niemandem trauten. Unsympathisch wirkte er beileibe nicht, lediglich der leicht vorgeschobene Unterkiefer gab ihm das Aussehen eines Raubfisches.
    Wenn sich zwei elegant gekleidete Männer mitten im Wald trafen, noch dazu mit ihren Leibwächtern, konnte das nichts Gutes bedeuten. In einem Café oder einer Bar hätten sie es bequemer gehabt, aber man hätte sie zusammen gesehen ...
    «... investiert, als dass wir uns zurückziehen könnten.» Das waren die ersten Worte, die Frank verstand. Zum Glück sprach der Fremde klar und akzentuiert.
    «Bei veränderter Sachlage ändert sich auch das Risiko. Wir müssen es erneut abwägen», entgegnete Strozzi.
    Die Stimme des Fremden klang kalt: «Ich dachte, Sie hätten es getan.»
    «Manchmal entwickeln sich die Dinge anders. Besser einige Millionen verlieren als das gesamte Projekt.» Versuchte Strozzi, sich aus irgendetwas rauszureden?
    «Es geht hier nicht um das Geld Ihrer Wähler, Strozzi. In diesem Fall habe ich das Kapital organisiert, achtzehn Millionen sind es mittlerweile. Wir werden auch nicht eine Million verlieren! Wir werden alles wie vorgesehen realisieren», sagte der Fremde, lehnte sich zurück und betrachtete seine Hände, die flach auf der verwitterten Tischplatte lagen. «Ich muss mich anscheinend selbst um einiges kümmern.»
    «So, wie Sie sich das vorstellen, geht es nicht.» Strozzi griff nach der Flasche, Brandy oder Cognac, Frank konnte es nicht genau erkennen, und schenkte das Glas seines Gesprächspartners voll, dann sein eigenes, ließ die Flüssigkeit darin kreisen und nahm einen kräftigen Schluck, stellte das Glas zurück, setzte die Ellenbogen auf den Tisch und faltete die Hände.
    Frank war verblüfft. Er hatte einen Strozzi vor sich, den er bislang nicht kannte, klar, bedacht und konzentriert. Wer von beiden, Strozzi oder der Fremde, die Zügel in der Hand hielt, wurde bei seinen nächsten Sätzen klar:
    «Die Unruhe, Dottore, lag meines Erachtens am Zeitdruck und an den Methoden, die man nur im Notfall anwenden sollte, da stimme ich Ihnen zu. Wir haben unsere Verhandlungsmacht überbewertet, doch letztlich brachte die unglückliche Auswahl der Akteure den Stein ins Rollen.»
    «Sie behaupten, die Amerikaner hätten eigenmächtig gehandelt, die Situation eskalierte, als der Sohn dem Vater zu Hilfe kam? Avvocato», die Stimme des Fremden klang fast mitleidig, «habe ich mich jemals mit Halbheiten abgegeben? Palermo hat ihnen gedroht. Ich kenne Ihr Gutachten über die neue Kellerei, es wies handwerkliche Mängel auf, das ist die Wahrheit. Sie haben meine Leute benutzt, um Ihre Fehler zu – beseitigen. Sie sollten lediglich die Bereitschaft stimulieren, dass die Leute verkaufen. So war es vereinbart.

Weitere Kostenlose Bücher