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Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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säße hier längst eine Sonderkommission von zwanzig Mann, Fahrzeuge hätte ich, Hubschrauber ...»
    «Es geht wahrscheinlich um einen Politiker», sagte Frank zaghaft.
    «Porca miseria, nein, bitte tun Sie mir das nicht an ...» Rionero raufte sich die Haare. «Ich hasse solche Fälle. Nur Scherereien.» Er verzog das Gesicht, er sah aus, als würde er jeden Moment zu weinen anfangen, und bot dabei einen so jammervollen Anblick, dass es schon wieder komisch wirkte, und Frank verbiss sich mühsam das Lachen. Dann begann er seinen Bericht.
    «Wir machen uns selbständig, Signor Gatow. Wir machen eine Detektei auf, Sie und ich, da verdienen wir bestimmt besser», sagte Rionero, nachdem Frank ihm wohl dosiert erzählt hatte, was seit jenem Nachmittag oberhalb des Weingutes von Niccolò Palermo geschehen war. Sein Manöver auf der Superstrada erwähnte er nicht, vorsichtshalber, genau wie die Affäre mit Antonia. Das ging nur ihn etwas an.
    «Ich muss Ihre Aussagen überprüfen. Allein auf Ihr Wort hin kann ich nichts veranlassen. Das dauert. Sie müssen morgen wiederkommen und alles zu Protokoll geben. Und ... fühlen Sie sich bedroht?»
    «Fühlen ist gut, und ob. Sehen Sie diese Konstruktion auf dem Anhänger, diese Baumstämme?» Frank zog das Bild unter den anderen hervor. «Die waren für mich bestimmt und nicht fürs Sägewerk.»
    «Damit wären Sie dann das fünfte Opfer in dieser Angelegenheit.» Rionero breitete die Arme aus wie ein Priester beim Segen. «Ich kann Ihnen beim besten Willen keinen Polizeischutz besorgen.»
    «Den will ich auch nicht, ich könnte mich nicht bewegen, außerdem lässt sich niemand fotografieren, wenn die Polizei daneben steht.»
    «Wenn ich Sie nicht brauchte, dann müsste ich Ihnen raten, fahren Sie so schnell wie möglich nach Hause. Die Sache kann sogar für mich heikel werden ... dieser Strozzi ...» Rionero knabberte nervös an einem Fingernagel. «Als Erstes muss ich nach Florenz, ins Präsidium. Bei Politikern muss man vorsichtig sein ...»
    Frank nickte. «Sie kennen Strozzi?»
    Rionero lachte auf. «Wer kennt den nicht? Canaglia. Stockreaktionär, aber der wäre auch links, wenn sich damit was verdienen ließe.» Er seufzte, rieb sich die Augen und stand auf. «Tut mir Leid, dass ich Ihnen nicht einmal einen Espresso anbieten kann. Der Automat ist kaputt. Geben Sie mir Ihre Handynummer. So. Ich bringe Sie wenigstens zur Tür, sonst schnappt dieser Terrier wieder nach Ihrer Hose. Mal sehen ...»
    Rionero riss die Tür mit einem Ruck auf, aber der Carabiniere war fort. Frank verließ das Gebäude, ließ sich auf den Sitz des Wagens fallen, startete den Motor und stellte die Klimaanlage auf volle Touren. Als es kühl wurde, fühlte er sich endlich erleichtert. Die Sache war nicht ausgestanden, aber durch seine Aussagen hielt er sich den Rücken frei.
    Vom Namen her wäre Scudiere der richtige Mann, das zu tun, denn auf Deutsch hieß scudiero Schildknappe. Frank schüttelte den Kopf. Es war ihm ewig nicht passiert, dass er sich in einem Menschen so getäuscht hatte. Stefano hatte Stil, war gewandt, schien hilfsbereit, offen und freundlich, beruflich eine Koryphäe, einer der besten Berater überhaupt, kein schlechtes Wort hatte er über ihn gehört – und dann so etwas. Nur er konnte den Prediger ins Gilli bestellt haben. Ein Trauerspiel. Doch statt auf Stefano wütend zu sein, ärgerte Frank sich über sich selbst. Wie blauäugig ging er durch die Welt? Wie leicht war er ihm auf den Leim gegangen ... Was hatte Stefano in San Francisco gewollt?
    Es war zu spät zum Mittagessen, deshalb fuhr Frank zur Bar in der Via Roma. Als er den Fuß auf die erste Stufe zur Terrasse setzte, schnarrte das Handy: «Pronto?»
    «Franco Gatow?»
    «Sì, sind Sie es, Rionero?»
    «Ja! Eine kurze Frage: Haben Sie die Fotos wieder mitgenommen?»
    «Nein, die waren für Sie bestimmt.»
    «Sind Sie ganz sicher, assolutamente?.»
    «Ja! Die liegen auf dem Schreibtisch, ein hellbrauner Umschlag ...»
    «Hier ist kein Umschlag. Dann hat ihn jemand ... verflucht, accidenti al diavolo!»
    «Gestohlen? Ich bringe Ihnen neue, aber das dauert. Ich komme heute nicht nach Florenz ...» Aber Rionero hatte das Gespräch längst beendet.
    Wieder einen Tag verloren. Wer hatte die Bilder geklaut? Der Commissario war wieder im Dienst, oder war es sein Terrier gewesen? Frank war der Appetit vergangen, und die bekannte Übelkeit stellte sich ein. Er ging zur Bar und bestellte eine Tasse Tee, was der Barmann, der ihn

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