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Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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Chance.»
    Strozzi rieb sich die Augen, wohl um seine andere Auffassung nicht direkt durchblicken zu lassen. «Könnte es sein, lieber Dottore, dass Sie Ihre Frau unterschätzen? Sie hat Erfolg, sie hat Freunde, sie führt den Betrieb hervorragend, wenn ich mir ein unparteiisches Urteil...»
    Der Avvocato wurde mitten im Satz unterbrochen, als Massimo Vanzetti unvermittelt aufbrauste. «Ihr Urteil, Avvocato, interessiert mich kein Stück», zischte er. «Meine Frau hat nicht annähernd genug Grips für ein Kreuzworträtsel. Sie hat bis heute ihre Ohnmacht nicht begriffen. Und – hinter ihren Erfolgen steckt allein diese Livonardi, von ihr stammen die Ideen, die hetzt die Frauen auf. Aber auch ihre Kellerei und ihre Weine werden wir bekommen! Accidenti! Diavolo!» Massimo Vanzetti fletschte in verhaltener Wut die Zähne. Der Raubfisch hatte seine Beute im Blick ...
    Strozzi rührte das nicht. «Sie sind zu emotional, Dottore, das kenne ich gar nicht von Ihnen. Die erste Runde ging immerhin an Signora Livonardi...»
    «Colpa di Lei , Strozzi, Ihre Schuld! Sie haben vor Ort das Netzwerk geschaffen, wenn es denn eines ist und diese Belastung aushält. Sie haben die Kontakte zur Steuerbehörde ... zur Polizei...»
    «... es war Ihr Vorschlag, Dottore! Die Winzer wirtschaftlich schwächen und sie übernehmen.»
    «Wer wird Ihnen das glauben?» Jetzt war es Vanzetti, der sich das Glas randvoll schenkte und es in einem Zug leerte. Er schien unsicher.
    Strozzi bedeutete dem Leibwächter, sich weiter zu entfernen, dann sprach er leise weiter. Frank schloss die Augen, um sich besser konzentrieren zu können. «Was Sie, Dottore, anscheinend nicht verstehen, ist, dass hier niemand verkaufen will – weder für Geld noch für gute Worte, und Drohungen sind diese Leute überhaupt nicht zugänglich. Sie kämpfen um jeden Weinstock, sie sind stolz auf ihre Weine, sie lieben ihr Land, sie kleben regelrecht daran. Zur Not schleppen sie die Trauben auf dem Rücken in die Kellerei, wie dieser Benevole.»
    «Der mit der Brücke?»
    Strozzi nickte.
    «Auch ein Fehlschlag», beklagte sich Vanzetti, «wie bei dem Feuer. Stümperhaft. Nicht das Feuer hat die Leute aufgebracht, sondern der Tod der Pferde. Was hat Scudiere sich eigentlich dabei gedacht, beim Löschen zu helfen? Ich habe sein Foto in der Zeitung gesehen. Will er seine Haut retten? Er wird zum Risiko. Wir haben den Investoren bislang nur fünf Güter gesichert, mit unseren sind es sieben, Kinkerlitzchen, Avvocato, bazzecole. Ich reise nächste Woche in die Vereinigten Staaten, San Francisco steigt nur in die Verträge ein, wenn alles bis Ende nächsten Jahres geregelt ist, das ist die Deadline. Fünf Jahre kalkulieren sie für die Durchsetzung der weltweiten Chianti-Marke ...»
    «Unsinn», unterbrach Strozzi, «man kann verschiedene Weine unter demselben Namen vertreiben, in verschiedenen Ländern wohlgemerkt. Niemand vergleicht den in Deutschland angebotenen Chianti mit der Version für Nordamerika.»
    «Wenn Sie im Marketing so gut sind, weshalb sagen Sie ihnen das nicht», bemerkte Vanzetti ärgerlich.
    Strozzi hielt weiter dagegen: «Sie leben in Zahlen, Dottore, ohne Kontakt zur Basis. Wir Politiker wissen, was die Winzer denken und fühlen. Wir müssen zuhören, damit wir unsere Ziele so darstellen, dass sie glaubhaft wirken.»
    «Dann sorgen Sie auch dafür, mein lieber Avvocato! Noch ein Fehler, und Sie schnorren sich das Geld für Ihren nächsten Wahlkampf bei den Tagelöhnern in Montalcino zusammen.»
    Massimo Vanzetti stand auf und sah sich um. Er ging zum Busch, unter dem Frank versteckt lag, und zog im Gehen den Reißverschluss seiner Hose auf.
    Während Frank sich hastig wie eine Eidechse rückwärts über den Boden schlängelte, hörte er Avvocato Strozzi fragen: «Und was machen wir mit diesem Fotografen?»
    Scheiße, verdammte Scheiße!, fluchte Frank im Stillen. Jetzt, wo es um ihn ging, musste Massimo Vanzetti genau an der Stelle urinieren, wo er bis vor fünf Sekunden gelegen hatte.
    Frank versuchte, auf der anderen Seite des Hauses näher an die beiden Männer heranzukommen, aber dort hätte der Fahrer ihn gesehen. Also musste er zurück zum Busch, auch wenn es entsetzlich nach Urin stank.
    «Ein Erpresser?», hörte er Vanzetti gerade sagen.
    «Nein, er blufft. Er kommt viel näher an die Winzer heran als die Behörden, er hat Fotos, die uns kompromittieren. Mein Verbindungsmann in Castellina hat sie sichergestellt, aber es gibt sicher Negative.»
    Dann

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