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Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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Am Steuer des Wagens hinter ihm musste ein Irrer sitzen, so dicht war noch nie jemand auf ihn aufgefahren, der Bullfänger an der Stoßstange berührte fast Franks Wagen. Bullfänger? Ein Geländewagen? Der Wagen unten bei Niccolò Palermo ...
    Als er sich dessen gewahr wurde, erfolgte schon der erste Stoß. Frank brach der kalte Schweiß aus. Der zweite Stoß war kräftiger, die Heckklappe knackte, das Fahrzeug hinter ihm war PS-stark und schwer, und der Volvo wurde für den Bruchteil einer Sekunde instabil wie bei Aquaplaning. Vor Schreck tat Frank genau das Falsche und trat auf die Bremse. Sofort knallte der Bullfänger des Wagens hinter ihm wieder gegen die Hecktür und gab Frank das Gefühl, sich auf Glatteis zu bewegen. Die Tür blieb heil, ein Volvo war robust, aber er wurde nach vorn gestoßen, und die Lenkung reagierte kaum, obwohl der Volvo eine phantastische Straßenlage hatte. Der Verfolger fiel leicht zurück, nur um schnell wieder aufzuholen und ihn mit Wucht zu rammen. Frank gerann fast das Blut in den Adern. Jemand wollte ihn von der Straße schieben ... wollte ihn umbringen. Flucht war sein einziger Gedanke.
    Diesmal tat er unbewusst das Richtige, schaltete runter und gab Gas, trat das Pedal bis zum Anschlag durch. Der Motor jaulte auf, die Nadel des Drehzahlmessers erreichte den roten Bereich, Frank riss den Schaltknüppel in den nächsten Gang, sein Auto machte einen Satz vorwärts. Er hatte sich immer darüber lustig gemacht, dass sein Vater schnelle Autos liebte, aber jetzt, in diesem Moment, war er ihm von ganzem Herzen dankbar.
    Verflucht ... vor ihm war eine dieser Baustellen, rasend kam sie näher, der Wagen taumelte, als Frank ihn auf die linke Fahrspur riss, der Verfolger holte auf. Frank steuerte wieder nach rechts, der Wagen hinter ihm kam gefährlich nahe, die nächste Baustelle flog heran – da schaltete Frank die Scheinwerfer aus. Vorn waren jetzt nur noch winzige Funzeln und der kaum reflektierende Streifen an der Leitplanke, die die beiden Fahrtrichtungen trennte. Der Fahrer des Geländewagens hatte Frank fast wieder erreicht, die Tachonadel stand bei hundertsechzig – jetzt blendete Frank wieder auf, riss damit die Warnschilder aus der Dunkelheit, die Petroleumlampen der Baustelle waren direkt vor ihm, er riss das Steuer mit einem Ruck nach links und sofort wieder nach rechts. Der Wagen taumelte, die Reifen quietschten, Frank verlor beinahe die Kontrolle über das schleudernde Fahrzeug und krachte fast gegen die Leitplanke, er flog an der Baustelle vorbei und blickte in den Rückspiegel – hinter ihm schossen nur noch Lichter in alle Himmelsrichtungen.
    Das Feuerwerk verlosch schlagartig, eine weite Rechtskurve nahm ihm die Sicht. Sein Verfolger musste in die Baustelle gerast sein. Frank trat auf die Bremse, um nicht aus der nächsten Kurve zu fliegen ...
    Ob ihm eines dieser modernen Sicherheitssysteme das Leben gerettet hatte, ABS oder ESP oder wie sie heißen mochten? Sein Glück jedenfalls, dass der Wagen die Spur gehalten und so gut beschleunigt hatte. Doch jetzt begann der Wagen unruhig zu werden, und Frank bemerkte, dass es seine Hände waren, die unkontrolliert zitterten. Er fuhr langsamer, kam noch bis Florenz, das Zittern wurde immer schlimmer, und kurz hinter der Piazza di Porta Romana musste er den Wagen stehen lassen, denn auch über die Füße verlor er langsam die Kontrolle.
    «Ist Ihnen nicht gut?», fragte der Taxifahrer mit echter Besorgnis, als Frank die Adresse des Anwalts auf der anderen Seite der Stadt nannte. «Soll ich Sie besser zu einem Arzt bringen?»
    Frank winkte ab, aber auch seine Stimme zitterte. «Nein, nein. Fahren Sie ruhig, ich bin nur eben knapp einem Verkehrsunfall entgangen.» Frank wusste nicht, ob das den Fahrer beruhigen würde, zumindest fuhr er nicht zur Polizei, um dort einen Heroinsüchtigen auf Entzug abzuliefern. So zumindest stellte er sich den vor. Mit der Zeit würde er sich aber bestimmt wieder fangen.
    Die Wohnung von Bartolomeo Pandolfini lag in einem Patrizierhaus an der Piazza della Constitutione, eine Etage über der Kanzlei seines Vaters. Frank stand an einem der bis auf den Boden reichenden Fenster und betrachtete die bei Nacht angestrahlten Mauern des Fortezza da Basso gegenüber. Ab und zu klirrte der Löffel, wenn er ihn mit immer noch zittrigen Fingern auf die Untertasse legte. Der zweite Beruhigungstee, den der Anwalt für nervöse Klienten im Hause hatte, tat langsam seine Wirkung
    «Können wir beginnen? Possiamo

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