Bitterer Chianti
incominciare? Sind Sie so weit?»
Frank nickte seufzend, und die beiden Männer setzten sich, Pandolfini in einen Sessel, Frank ließ sich auf das mit Brokat bezogene Sofa fallen, sicher ein Erbstück der Familie.
«Hat jemand davon gewusst, dass Sie heute zu mir kommen?»
«Woher? Ich weiß nicht genau, ob ich es Renato Benevole erzählt habe, ich glaube aber nicht, denn auf dem Weg zum Apartment hat er die ganze Zeit vom Brückenbau gequasselt, und zurück bin ich allein gegangen ...»
«Wer ist Renato Benevole?»
«Der Winzer, bei dem ich wohne und dem man die Brücke zerstört hat, die einzige Zufahrt.»
«Was ist mit dem Mann?»
«Eine Firma hat ihm viel Geld für sein Weingut geboten. Er hat natürlich abgelehnt, wie alle, oder fast alle, und gestern brach dann die Brücke ein.»
«Was hat das mit der Sache auf der Superstrada zu tun?»
«Woher soll ich das wissen! Ich war heute unterwegs und habe versucht, diese Maklerbüros zu finden ...»
«Das bekomme ich jetzt nicht zusammen», sagte Pandolfini. «Wir müssen da systematisch rangehen. Zurück zu meiner ersten Frage. Wer wusste, dass Sie heute nach Florenz wollten?»
Frank stellte die Tasse ab, der Tee tat seine Wirkung, und er lehnte sich zurück. «Niemandem habe ich es gesagt, nicht einmal Wanda Livonardi oder Antonia.»
«Wanda Livonardi kenne ich, aber wer, al diavolo , ist Antonia? Wie viele Leute kennen Sie hier eigentlich?»
«Antonia Vanzetti, die Frau eines Winzers, nein, sie ist die Winzerin, Fattoria Vanzetti. Der Mann macht andere Geschäfte.»
«Der Baulöwe aus Mailand? Was haben Sie mit dem zu schaffen? Entschuldigen Sie, dass ich so direkt frage, aber sonst kommen wir nicht weiter. Wir müssen Licht in die Sache bringen, am besten, bevor es zu einem neuen Mordversuch kommt, denn etwas anderes war das eben auf der Superstrada wohl kaum.»
«Nein, nein», sagte Frank, «mit diesem Signor Vanzetti habe ich nichts zu tun. Bei seiner Frau habe ich das Weingut fotografiert – und mich in sie verliebt. Das kann ja passieren. Und sie sich wohl auch in mich.»
Der Anwalt schüttelte fassungslos den Kopf. «Lei ha perso la testa? Sind Sie von allen guten Geistern verlassen? Wissen Sie, wer der Mann ist?»
«Nein. Muss man ihn kennen?»
«Allerdings. Che pasticcio!» Pandolfini schüttelte fassungslos den Kopf. «Sie begeben sich in Teufels Küche. Der Mann kann Sie mit Geld erschlagen, der kauft sich zwanzig Geländewagen und dreißig Männer, die Sie umbringen, wenn Sie seine Frau anrühren. Und vierzig Anwälte dazu, die beweisen, dass Sie Selbstmord begangen haben.»
«Er hat sie seit zehn Jahren nicht mehr angerührt. Das sagt sie zumindest.»
«Frauen erzählen viel. Vielleicht sucht sie einen bequemen Geliebten. Außerdem ist das seine Sache, sie ist immer noch seine Frau, und die rührt kein anderer an, und wenn er sie ins Kloster steckt. Wir sind hier in Italien, Sie bewegen sich unter vornehmen Familien mit gewissen Umgangsformen ...»
«... das merke ich gerade ...»
«... die müssen Sie respektieren. Wir sind hier nicht in Deutschland.»
«Ach. Und Mord gehört auch zu diesen Umgangsformen?» Frank begann wütend zu werden. Er musste endlich das Heft in die Hand bekommen, sagen, wo es langzugehen hatte. Er musste handeln – und vielleicht sollte er auch Angst haben. Womöglich war das gar nicht so verkehrt.
«Besser, Sie brechen Ihre Arbeit hier ab und fahren nach Hause, es ist auf jeden Fall sicherer.»
«Den Teufel werde ich tun.» Frank fühlte seine Lebensgeister zurückkehren. Er würde sich nicht einschüchtern lassen, von wem auch immer. Wenn ihm jemand vorschrieb, was er zu tun hatte, konnte er unangenehm werden. Er saß hier bei seinem Anwalt, und der hatte verdammt nochmal zu tun, was er verlangte. Auf seinen gut gemeinten Rat sollte er allerdings hören, und er zügelte seine Wut. Sie hätte sich hier gegen den Falschen gerichtet.
«Hören Sie, Avvocato. Ich mache meine Arbeit zu Ende, ich kann es mir auch gar nicht leisten, sie abzubrechen. Ich brauche das Geld, nicht zuletzt, um Sie zu bezahlen. So, jetzt nehmen Sie sich am besten einen Block und schreiben Folgendes auf: Name, Weingut, Datum, Sabotage ja/nein, Offerte ja/nein, Verkauf ja/nein, Makler ...»
Der Anwalt sah ihn mit offenem Mund an.
«Machen Sie schon, Sie sollen ja nicht umsonst für mich arbeiten. Ich bezahle Sie gut...»
Nach einer halben Stunde standen alle Winzer auf der Liste, die in letzter Zeit Schwierigkeiten gehabt hatten,
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