Bitterer Jasmin
wir bis Mittwoch früh fertig sein«, sagte Logan. »Mr. Kelly wird den genauen Termin mit Ihrer Sekretärin vereinbaren.« Er streckte Khorvan die Hand hin und drückte so stark zu, daß es dem anderen weh tun mußte. »Guten Tag, Herr Minister.«
Kaum waren die drei gegangen, ließ Khorvan sich mit dem Hofminister verbinden. Er hatte gar keine Absicht zu verreisen, wollte Field damit nur bluffen. Ein Audienzdatum war noch nicht festgesetzt worden. Logan hatte ihm also einen Punkt voraus, aber das wog wenig, neben der unmöglichen Forderung, die Khorvan heute aufgestellt hatte. Sie konnten sie nicht erfüllen und er war sicher, daß er ihre Weigerung dem Schah als Zeichen unersättlicher Gier darstellen konnte. Da es sich um eine Regierungsangelegenheit handelte, mußte man der ausländischen Gesellschaft die Bedingungen diktieren oder einen Gesichtsverlust in Kauf nehmen. Auf jeden Fall sollte Imshan nicht in die Hände der Imperial Oil und damit von Logan Field fallen. Die Russen konnten sich dann in aller Bescheidenheit wieder in Erinnerung bringen.
***
Peters hatte fertig gepackt, nur noch die Zahnbürste, das Rasierzeug und sein Pyjama lagen draußen; mehr brauchte er nicht für die eine Nacht. Er war als Kind unter lauter ›Dingen‹ aufgewachsen, wie er das bezeichnete. Seine Mutter sammelte hübschen Schnickschnack, das Haus in Cleveland war die reinste Hindernisstrecke: überall standen ihre unsinnigen teuren Sachen herum. Sein Vater hatte Autos und eine Werkstätte voller praktischer Geräte. Zum achtzehnten Geburtstag hatten sie dem Sohn ein kompliziertes HiFi-Gerät geschenkt, das er nie benutzte. Sie waren besessen von den Dingen, die sie besaßen oder besitzen wollten. Seine Verachtung für materiellen Besitz konnten sie nicht begreifen. Eine ältere Schwester hatte er noch und einen jüngeren Bruder, den die Mutter immer als ihren ›Nachtrag‹ bezeichnete. Peters fand dies ungemein bedrückend – die Tatsache, daß es immer lächelnd und mit einem Streicheln über den Kopf des Jungen hervorgebracht wurde, machte es nur noch schlimmer. Ihn brachte dieser Ausdruck hoch, seinem Bruder schien es gar nichts auszumachen.
Er war ein Einzelgänger. Das stille, introvertierte Kind, der in sich gezogene feindselige Jüngling. Ein spitzer Stein im Sandkasten der Familie.
Seine Schwester hatte das College und eine Handelsschule absolviert, einen ehrgeizigen jungen Werbefachmann geheiratet und war mit ihm nach San Francisco gezogen. Seit Peters Amerika verlassen hatte, waren ihre Verbindungen total abgebrochen. Der Jüngere ging noch zur Schule, als er die Familie verließ. Er wuchs in die gleiche Schablone hinein, nach der Eltern und Schwester geformt waren.
Peters versuchte nie zu erklären, warum er anders war. Er konnte überhaupt nicht mit ihnen reden, da die Worte für sie andere Bedeutung hatten als für ihn. Wenn sie von Freiheit redeten, sah er das als konservative Repression an. Seine Freiheit war ihnen die reinste Anarchie. Moral bedeutete für sie Sexualverhalten, für ihn war es eine Ethik der Menschheit gegenüber, die mit Kopulation nichts zu tun hatte. Das Wort Erfolg verwendeten sie wie eine Waffe. Man mußte Erfolg haben, in der Schule, im College, bei Mädchen. Mußte konkurrieren und der Bessere sein. Nicht nur die Anstrengung widerte ihn an, sondern vor allem der in Aussicht gestellte Preis. Er wollte nicht besser sein als seine Freunde, um das Wohlwollen einer Generation zu gewinnen, die er verachtete und deren Regeln er nicht zu akzeptieren gewillt war. Er hatte in der Schule hart gearbeitet und das College mit Diplom absolviert, aber nicht nur aus Gründen, die seinen Eltern wichtig waren. Er wollte das Leben und die Geschichte studieren, das Rätsel der Welt verstehen, ohne vorgefertigte Antworten zu akzeptieren. Er besprach nie etwas mit ihnen und vertraute ihnen auch nichts an. Sie beklagten sich, manchmal auch ihm gegenüber, daß er wie ein Fremder sei. Peters hatte das längst erkannt und sich darauf eingestellt. Die Geburt war reiner Zufall. Er war an der falschen Tür abgegeben worden. Erst als er auf die Universität kam, merkte er, wie einsam er war. Mit anderen Studenten traf er sich kaum, obwohl die Atmosphäre so angenehm war, wie er es noch nie erlebt hatte. Es herrschte eine Art revolutionärer Geist an dieser Universität, eine Freiheit an Gedanken und ein Mangel an Konventionen, die ihn ungemein stimulierten. Ein paar Freunde gewann er, unzufriedene
Weitere Kostenlose Bücher