Bitterer Jasmin
großen Darius, wo er bei den Ausgrabungen mitgeholfen hatte. Dies war das Land, das Pilger aus der westlichen Welt anzog, die um der herrlichen Kunstwerke der ›Arier‹ willen herkamen, welche als Eroberer zivilisierend auf die östliche Welt eingewirkt hatten. Als Volk waren sie stolz, hinterhältig und zugleich sehr gastfreundlich. Die Ungleichheit zwischen reich und arm war so schlimm wie nur irgendwo in Mittelamerika. Er hatte sich, nach dem, was er bei den Indianern erlebte, dem Elend und Krankheiten gegenüber schon immun geglaubt, aber die krasse Selbstdarstellung des Reichtums Irans brachte ihn zur Weißglut. Er hasste die Reichen, wo immer sie wie Eiterbeulen auf dem Körper der werktätigen Massen saßen. Überfressen, in einer künstlichen Welt lebend, vor Profit schier berstend, genossen sie Luxus und Müßiggang, während andere sich abrackerten und hungerten. Die Jahre hatten Peters nicht milder gestimmt. Er war und blieb ein Fanatiker und tat sich nur mit solchen zusammen, lebte mit einer Frau, die zwei Jahre zuvor in der Passagierhalle eines israelischen Flugplatzes gekniet und Frauen und Kinder mit den Kugeln ihrer Maschinenpistole niedergemäht hatte. In seinem Entschluß, in seinen Meinungen gab es keine Änderung und Abschwächung. Aber diesmal wollte er nicht töten. Er mußte auf Madeleine aufpassen, denn in gewisser Weise war sie für die Sache die falsche Person. Allzu leicht krümmte sie den Finger am Abzug, wobei Alter und Geschlecht der Opfer keine Rolle für sie spielten. Aber er brauchte eine Frau für diesen Plan und hatte das Gefühl, sie lenken zu können. Jetzt, wo alles so nahe bevorstand, wollte er am liebsten bereits unterwegs sein, im Flugzeug sitzen, in Orly landen.
Er hörte Madeleine in der kleinen Küche singen. Nervosität kannte sie nicht. Gefahren erregten sie ebenso wie Sex. Sie war ein bemerkenswertes Beispiel für die moderne arabische Frau – trotz ihrer halbdeutschen Herkunft. Zäh, entschlossen, skrupellos und unbeugsam. Am nächsten kam ihr der Art nach ihre Erzfeindin, das typische Israeli-Mädchen. So wild Madeleine im Bett sein konnte, war es doch unmöglich für ihn, sie im konventionellen Sinne zu lieben. Allein schon aus diesem Grund bildete sie die vollkommene Ergänzung.
Sie tranken gemeinsam eine Flasche Wein, aßen ausgezeichnetes Kebab, das sie selbst zubereitet hatte, und vergnügten sich dann im Bett, bis sie vom Schlaf der Erschöpfung überfallen wurden. Am nächsten Morgen um neun verließ sie allein die Wohnung; er fuhr später mit dem Taxi zum Flugplatz.
»Du fliegst morgen zurück?«
Eileen saß lesend in James' schattigem Wohnzimmer. Die Fenster zum Garten waren offen, morgendliche Kühle drang ein.
»Ja«, sagte sie. »James hat mir für morgen früh einen Platz besorgt.«
Jetzt hätte Logan einlenken, irgendwie auf sie zukommen können. Obwohl es nach wie vor weh tat wie ein körperlicher Schmerz, hatte sie die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Ob aus immer noch vorhandener Liebe zu ihm oder aus Feigheit – sie wußte es nicht. Er wirkte kühl, sogar etwas ungeduldig, als irritiere es ihn, mit ihr reden zu müssen.
»Ich habe Janet hergebeten. Mit dem blöden Khorvan gibt es Schwierigkeiten. Ich werde noch einige Zeit lang hier alle Hände voll zu tun haben. Warum fährst du nicht nach Irland?«
Auf die Idee war sie nicht gekommen. Ihr Vater würde nicht allzu viel Mitgefühl zeigen. Er hat es sowieso für eine Narretei angesehen, daß sie Logan heiratete, und wenn sie jetzt ihn und sein Geld verließ, würde er sie noch mehr schelten.
»Ja, mit Lucie«, sagte sie.
Er runzelte die Stirn. »Nein, sie soll nicht so herumgezogen werden, sie ist am besten zu Hause aufgehoben.« Er zündete sich eine Zigarette an. »Wenn ich heimkomme, regeln wir dann alles. Tut mir leid, daß es so gekommen ist, das weißt du hoffentlich. Aber im Moment kann ich mich nicht einmal damit befassen; ich muß erst die Sache mit Imshan durchboxen.«
Eileen stand auf und ging zur Gartentür. »Du weißt immer genau, was dir wichtiger ist, nicht wahr? Und was mein Kind betrifft – wenn ich es zu meinem Vater mitnehmen will, so werde ich das eben tun.« Ohne seine Antwort abzuwarten, lief sie in den Garten hinaus.
James Kelly fuhr sie zum Flugplatz. Er hatte ihr die Adresse seiner Anwälte gegeben. »Die sind zwar ein bißchen altmodisch, nicht die Sorte, die mit einem Kerl wie Logan fertig wird, aber sie können bestimmt jemand empfehlen. Sie müssen mir
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