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Bitterer Jasmin

Bitterer Jasmin

Titel: Bitterer Jasmin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyny Anthony
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er sie an. Während sie schrieb, ging er zum Fenster. Er war wütend auf Madeleine; sie erinnerte ihn an ein wildes Tier. Wie grausam und gehässig sie Eileen Field gegenüber auftrat. So etwas stieß ihn bei einer Frau ab. Die Gefangene war bei dem Disput besser weggekommen. Wenn Madeleine doch nur nicht das mit Resnais erwähnte hätte.
    Eileen gab ihm die Liste.
    Als er sich vom Fenster zu ihr umdrehte, berührte er sie wieder kurz. Sie trat schnell einen Schritt zurück.
    »Lassen Sie sie nicht mehr heraufkommen«, bat sie leise.
    »Bitte!«
    Er ging hinaus, ohne ihr zu antworten. Madeleine wartete auf der Terrasse. Sie hatte einen Drink in der Hand und hielt sich mit größter Mühe ruhig. Er gab ihr die Liste.
    »Kauf das morgen in Nizza«, sagte er nur.
    Sie nahm das Papier, sah es kurz an und warf es dann zerknüllt auf den Boden. »Kleider! Zahnbürste, Seife und lauter so Luxus! Bist du verrückt geworden? Ich bin doch nicht blöd, daß ich ihr so was kaufe!«
    »Ich bin verantwortlich für sie. Du kaufst es, und das ist ein Befehl!«
    »Tu ich nicht! Du mitleidiges Seelchen, du! Da wird Madame alles auf dem Tablett hinaufgetragen, du jammerst mir vor, daß sie nichts isst … Na und, soll sie doch verhungern! Sie muß Kleider zum Wechseln haben. Wo ist sie denn? In einem Luxushotel? Was meinst du, was unsere Frauen in israelischer Gefangenschaft haben? Was ist denn los mit dir? Läßt mich von einem Weib beleidigen, anstatt ihr ins Gesicht zu schlagen und ihr Manieren beizubringen. Willst du sie vielleicht für dich haben? Sag's doch.«
    Jetzt schlug er Madeleine ins Gesicht. Sie zuckte nicht zusammen, fing nicht an zu weinen, fauchte nur einen arabischen Schimpfnamen.
    »Und ich tu's nicht!« wiederholte sie. »Dazu kannst du mich nicht zwingen, Kaufs doch selber.«
    In dieser Nacht zog er aus ihrem Zimmer aus. Als sie hinaufkam, wollte sie es zuerst nicht glauben und war wild vor Eifersucht, denn ihr Instinkt hatte ihr schon vorher verraten, daß er das Interesse an ihr verlor. Die Macht, die sie über ihn hatte, wurde geringer – wie sehr sie sich auch im Bett um ihn bemühte. Nun war alles zu Ende. Sie betrachtete das leere Bett. Der Schlag ins Gesicht hatte sie nicht zum Weinen gebracht, aber jetzt schossen ihr die Tränen in die Augen. Sie war zu stolz, ihm nachzugehen, kontrollierte nur heimlich den Gang, ob Licht aus einem der unbenutzten Schlafräume drang. Er hatte sie verlassen, und sie wußte, daß ihr Streit daran schuld war und ihre Weigerung, für Eileen Field einzukaufen. Sie sah seine Haltung als Schwäche an, er sprach von Verantwortlichkeit. Madeleine hielt dies für einen Versuch, sich selbst und sie zu betrügen. Noch nie hatte er sich für einen Feind verantwortlich gefühlt. Hatte solche Schwäche nicht gegenüber der Stewardeß im Flugzeug gezeigt, die aus einer Rückenwunde blutend dalag, oder für die verschreckten Passagiere. Nur für diese Frau, diese Geisel, die sie als Unterpfand gegen den kapitalistischen Plan zur Unterminierung der arabischen Einheit genommen hatten. Als Repräsentantin der Klasse, die er hasste und zu vernichten geschworen hatte. Zarte Hände, glatte Haut, teure Kleider, ein Haus voller Luxus und Dienerschaft. Madeleine stammte zwar aus ähnlichen Verhältnissen, aber sie bemühte sich, durch harte Arbeit und einfaches Leben ihre Wandlung zu beweisen. War stolz, tüchtig wie ein Mann zu sein. Für eine Frau wie Eileen Field konnte sie nur Verachtung aufbringen. Peters hätte ebenso empfinden müssen. Sollte sich abgestoßen fühlen von einer nutzlosen Parasitin, deren einziger Wert in ihrer Beziehung zu einem der kapitalistischen Tyrannen bestand, die zu zerstören sie sich zum obersten Ziel genommen hatten. Madeleine konnte seine Toleranz gegenüber der Gefangenen wieder vergeben noch verstehen. Die einzige Erklärung dafür war ihr so schmerzlich, daß sie wie eine Wunde brannte. Er fühlte sich hingezogen zu ihr. Vielleicht war er sich dessen gar nicht bewußt oder würde es nicht zugeben, aber Madeleine wußte es. Etwas an dieser Frau sprach ihn an. Wenn es nur sexuell gewesen wäre, hätte sie es ertragen können. Vergewaltigung würde sie nicht weiter gestört haben. Sie hätte nichts dagegen gehabt, wenn ihr Geliebter dem Drang nachgegeben hätte, die Frau zu besitzen, um sie dann zu töten. Aber es steckte mehr dahinter: Sie war für ihn ein menschliches Wesen, hatte Gefühle und Bedürfnisse. Madeleine kehrte in ihr Zimmer zurück und

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